Freistellungsauftrag immer ausnutzen?
Hallo, ich habe eine Frage zum Freistellungsauftrag. Angenommen ich habe ein Trade Republic Konto und habe 5000€ in verschiedene ETF investiert, die im Jahr 2023 bis jetzt 700€ Gewinn gemacht haben. Dann habe ich ja jetzt auf meinem Konto 5700€. Wenn ich nun die ETF verkaufe müsste ich ja 700€ zu 25% versteuern. Wenn ich aber einen Freistellungsauftrag über 1000€ habe, kann ich das steuerfrei auszahlen. Das gilt ja aber immer nur für das Kalenderjahr.
Wäre es also nicht schlau, Ende Dezember alle ETF zu verkaufen und quasi 700€ Gewinn steuerfrei zu realisieren mit dem Freistellungsauftrag? Anschließen würde ich dann die gesamten 5700€ direkt wieder in dieselben ETF investieren. So habe ich fürs Kalenderjahr wieder 1000€ Freistellungsauftrag offen, aber gehe quasi mit 0€ Gewinn in das Kalenderjahr 2024 aber mit 5700€ auf dem Konto. Mache ich da einen Denkfehler? Oder wird automatisch irgendwie der Freistellungsauftrag addiert, wenn ich ihn in einem Jahr nicht ausnutze?
Entschuldigung für die schlechte fachliche Formulierung, bin ganz neu auf dem Gebiet und würde mich sehr über verständliche Antworten freuen :)
3 Antworten
Wenn man über 10 Jahre einen Freistellungsauftrag von 1.000 EUR pro Jahr nicht ausschöpft, dann wäre das für einen Aktien-ETF ein deutlicher Nachteil.
Beispiel: man investiert einen festen Betrag von 47.600 EUR in einen Aktien-ETF. Dieser schüttet jedes Jahr seine Gewinne in Höhe von 3% (1.428 EUR) vollständig aus. Dann wären dies nach Teilfreistellung (70%) also 999,60 EUR zu versteuern. Diese fallen unter den Freistellungsauftrag. Wird der ETF nach 10 Jahren verkauft, so entstand kein numerischer Gewinn, d.h. der vollständige Betrag von 47.600 EUR wird ausgezahlt. Aus den 10 Jahren zuvor gibt es Ausschüttungen in Höhe von 9.996 EUR (steuerfrei).
Ein thesaurierender ETF würde den gleichen Betrag erwirtschaften, aber nach jedem Jahreswechsel mit der Vorabpauschale belastet, die gegen den Freistellungsauftrag gerechnet wird. Sie ist jedoch deutlich niedriger als die Ausschüttung im anderen Beispiel, z.B. nur bei 0,1%. Es würden also pro Jahr nur ca. 33 EUR gegen den Freistellungsauftrag gerechnet. Nach 10 Jahren wäre bei einem Verkauf der Wertzuwachs in Höhe von 3% p.a. Gewinne von ca. 16.370 EUR aufgelaufen. Davon sind 70% zu versteuern, d.h. 11.459 EUR. Dies erfolgt abzüglich der bereits versteuerten Beträge per Vorabpauschale in Höhe von 330 EUR und abzüglich 1.000 EUR Sparerpauschbetrag im Jahr des Verkaufs, d.h. es mit Ablegtungssteuer und SolZ (und ggf. Kirchensteuer) effektiv ca. 10.129 EUR zu versteuern. Ohne Berücksichtigung von Kirchensteuer bleiben dann ca. 7.179 EUR übrig.
Das ist ein deutlicher Unterschied. Es werden 2.817 EUR weniger als Gewinn übrigbleiben (wenn ich richtig gerechnet habe).
Gewinne und Verluste im richtigen Moment zu realisieren ist also durchaus lohnend. Man sollte sich dafür eine Fondsbank suchen, die ETF-Transaktionen ohne Zuschläge und Transaktionskosten ermöglicht.
Ja, prinzipiell macht es schon Sinn seinen Freistellungsauftrag jedes Jahr maximal auszuschöpfen.
Hast du keine weiteren Anlagen? Zb einen Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto? Also falls du wirklich noch 700€ des Freistellungsauftrages frei hast, wäre es wirklich sinnvoll zu verkaufen und neu zu kaufen.
Du kannst dir jedes Jahr dann ausrechnen wieviel du verkaufen musst um die 1000€ auszuschöpfen. Beachte dabei jedoch die Teilfreistellung, das heißt du musst nur auf 70% der Gewinne Steuern zahlen.
Hier ist das sehr gut erklärt: https://www.finanztip.de/abgeltungsteuer/#:~:text=Durch%20die%20sogenannte%20Teilfreistellung%20werden,Deinem%20Broker%20einen%20Freistellungsauftrag%20stellt.
Ich habe was im Kopf dass irgendein neobroker da eine Automatik dafür anbietet.
Bei vielen dürfte, zumindest mit den aktuellen Zinsen, das aber kein Thema sein. Da die 1000€ schon durch Zinsen auf den Notgroschen und den sicheren Teil der Anlage ausgeschöpft werden.
Und ich vermute Mal es gibt dazu noch einige, die das nicht auf dem Schirm haben.
Eine andere Lösung, die auch oft vorgeschlagen wird, ist Ausschütter zu kaufen, bis der Freibetrag ausgeschöpft ist, und dann umzustellen.
Und um das Thema jetzt noch komplett, aber auch komplexer zu machen: auf deine thesaurierenden ETFs kann einen Vorabpauschale anfallen, die auch einen Teil des Freibetrages nutzt.
Das ist zwar kein Denkfehler, aber ob sich der Aufwand für €175 abzgl. Vorabpauschale, für die Du ohnehin einen Teil des Freibetrages ausnutzen musst, sowie An- und Verkaufskosten und der möglichen Kursveränderung zwischen Verkauf "Ende Dezember" und Neukauf "Anfang Januar" lohnt, musst Du für Dich selbst entscheiden.
Der nicht ausgeschöpfte Freistellungsbetrag wird nicht in das Folgejahr übertragen. Wird er nicht ausgeschöpft, verfällt er.
Zur Info:
https://www.finanztip.de/indexfonds-etf/etf-steuern/vorabpauschale/
Wie genau meinst du das mit der Teilfreistellung? Das habe ich nicht verstanden mit den 70%.
Und nein, ansonsten habe ich keine anderen Geldanlagen :) Danke also schonmal für die Antwort