Teilzeitstelle, soll aber Vollzeit arbeiten?
Hallo,
ein Freund von mir hat an einer Uni angefangen zu arbeiten. Vereinbart ist eine Teilzeitstelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Naturwissenschaften.
Jetzt kommt sein Vorgesetzter bereits in der ersten Woche und überlädt ihn mit Tonnen von Arbeit und erwartet nach den ersten drei Tagen produktive Ergebnisse. Dem Vorgesetzten ist im Vorfeld bekannt gewesen, dass das Themengebiet für ihn völlig neu ist und er keine Erfahrung darin hat.
Zudem kommt der Vorgesetzte zu ihm und sagt er habe zwar einen Teilzeitvertrag, er erwarte aber das er Vollzeit arbeite (also 40 Std.) und sich voll für den Job hingebe. Das wäre hier so und er erwarte im Prinzip mehr als 40 Std. Einsatz. Das will er sehen.
Da sagt er ihm noch, wenn er als Vorgesetzter um 16 Uhr zu ihm ins Büro kommt und er nicht da ist, kann das so nicht funktionieren. Wie soll es da Vorwärts gehen? Die Arbeit muss fertig werden.
Ich habe meinem Freund erklärt, dass der Vorgestzte damit eine Ansage machen wollte wie der Hase läuft. Es müsse sich das aber nicht bieten lassen und am Besten den Job aufgeben. Es kann auch nicht angehen, dass aus einem im Vertrag festgehaltener Teilzeitstelle in einem Vieraugengespräch plötzlich 40+ Stunden erwartet werden.
Ich würde dazu raten den Job so schnell wie möglich aufzugeben. Aus meiner bisher gemachten Erfahrung, macht es keinen Sinn sich mit solchen Vorgesetzten auseinanderzusetzen. Die haben immer Recht, egal was man macht oder sagt.
Was meint ihr?
5 Antworten
Unstreitig, dass dies alles übel ist und der junge Mann extremst ausgenutzt wird. Aber unstreitig ist leider auch, dass er an keiner Uni in Deutschland einen Arbeitsplatz als WMA finden wird, wo er tatsächlich nur 20 Stunden mit einer halben Stelle arbeiten muss. Wenn er es dennoch durchsetzt, geht auf 20 Stunden, so wie es der Vertrag hergibt, und will seine Doktorarbeit schreiben und hat vielleicht darum auch genau diese Stelle gesucht und gefunden. Doch dann kann er aber sicher sein, dass seine Doktorarbeit kein summa cum laude bekommen wird und er zudem nicht in der vereinbarten Zeit fertig werden kann. Bei den Naturwissenschaftlern ist die Ausbeutung der WMA am heftigsten, doch ich gehe davon aus, dass dein Freund dies wissen müsste. Er soll sich mal mit anderen WMAs unterhalten oder mit Postdocs, die es schon hinter sich haben. Sicher ist es verkehrt, wenn er diesen Zustand auch aushält, doch allein wird er nichts daran ändern.
Im Vorfeld war es wohl so, dass die 20 Std. so besprochen wurden. Kaum war der Arbeitsvertrag unterschrieben und die Tinte trocken, kam die beschriebene Ansage vom Vorgesetzten. So bald man sieht, dass man ausgenutzt wird, am besten weg. Einen anderen Job findet man immer.
Mit zum Übelsten, was einem Arbeitnehmer widerfahren kann, kann der Leiter eines wissenschaftlichen Instituts (Professor) als Vorgesetzter/Arbeitgeber sein!
Die arbeitsrechtlichen Einwände, die Du selbst schon in Deiner Frage vorbringst, sind alle gerechtfertigt.
Allerdings sind die Erfahrungen, die ich im Umfeld von Bekannten gemacht habe, die ähnliche Probleme an wissenschaftlichen Einrichtungen haben/hatten, die, dass die eigentlich selbstverständliche Einhaltung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nur über eine rechtliche Auseinandersetzung zu erreichen war - mit den entsprechend negativen Folgen für das Arbeitsklima zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem.
Die bisherigen Antworten sind zwar prinzipiell richtig, gehen aber - leider!!! - an der viel zu häufig geübten Praxis der Arbeitssituation an solchen Instituten vorbei!
Wenn Dein Freund Nerven, die stark genug sind, und das "Standing" für eine direkte Konfrontation mit seinem Chef hat, unter Umständen auch eine rechtliche Auseinandersetzung nicht scheut, eventuell sogar konkrete und effektive Unterstützung vom Personalrat erhält (was leider auch sehr fraglich ist), dann soll er ihm "Paroli" bieten - ansonsten sich nach Möglichkeit eine andere Arbeit suchen!
Das von Dir geschilderte Verhalten des Vorgesetzten ist gängige und weitest verbreitete Praxis im Verhalten gegenüber wissenschaftlichen Mitarbeitern, Doktoranden usw. an Universitäten, wissenschaftlichen Instituten; Büroangestellte, Sekretärinnen usw. sind davon nicht oder kaum betroffen - zumindest nicht in dieser ausgeprägten Form.
Ein Arbeitsvertrag bildet praktisch nur den formalen Rahmen, innerhalb dessen die einzelnen Vereinbarungen tatsächlichen dann kaum mehr eine Rolle spielen (bis auf die Entlohnung, die sich dann nur an der vereinbarten Teilzeit in Deinem Beispiel orientiert, auch wenn 40, 50, 60 Stunden und mehr verlangt werden und Arbeitszeitgesetze keine Rolle spielen.
Hier gibt es dann tatsächlich nur zwei realistische Möglichkeiten: entweder man findet sich damit ab - oder man sucht etwas Neues. Sein "Recht" einzufordern macht ein mental erträgliches Arbeiten unmöglich.
Mich wundert nur, dass diese eigentlich unglaubliche Praxis bisher noch nicht in einer breiten öffentlichen Diskussion thematisiert worden ist.
Hier gibt es dann tatsächlich nur zwei realistische Möglichkeiten: entweder man findet sich damit ab - oder man sucht etwas Neues. Sein "Recht" einzufordern macht ein mental erträgliches Arbeiten unmöglich.>
Das musste ich in meinem Fall auch erst lernen. Täglich auf einen Kriegsschauplatz zu gehen macht einfach keinen Spaß, auch wenn man die Kraft dafür hätte. Es gibt sicher ein paar da draußen, denen die Konfrontation Spaß macht. Mir nicht mehr.
Wo Du gerade darüber schreibst, wg. der unglaublichen Praxis. Als Studi habe ich auch an einer sehr bekannten Forschungseinrichtung gearbeitet. Diese hatte Forschungsgelder im zweistelligen Milliardenbereich zur Verfügung. Herumgetrampelt, auf den Cent geschaut und Verträge missachtet bzw. ignoriert haben die nur bei den Studis.
ganz einfach.auf den arbeitsvertrag pochen wo nur gewisse stunden stehen und diese nicht überschreiten, oder mit dem chef klären wie es nach leistung dieser arbeitszeit mit der vergühtung weiter geht.und alles bitte nur schriftlich.
auch ein mündlicher arbeitsverrtag ist ein vertrag der anerkannt wird.leider muss dieser bei klage vor gericht bewiesen werden was sehr schwer sein dürfte.
da gibt es kein gerede oder so.das ist vertrag und damit schluss.
hoffe konnt helfen
ps vor gericht freut man sich auch oft über solche fälle
Das ist wie beim Autokauf. Es gibt einen Vertrag, in dem geregelt ist was A und B zu leisten haben. Fertig. Der Autohändler legt ja auch nicht aus lauter Freundlichkeit einen Satz Winterreifen ins Auto, wenn es nicht im Vertrag steht.
Soll heißen: Dein Freund bietet seine Arbeitskraft für X Stunden an, dafür zahlt man ihm Y Euro. Das wars. Wenn er mehr machen soll, dann gibts entweder mehr Geld oder eine weiteren Vertrag, in dem klar geregelt ist, wie er die Mehrstunden abgelten kann.
So sehe ich das.
einfach teilzeit arbeiten was sonst
zur gewerkschaft gehen und sich den rücken stärken lassen
einfach nicht zuhören chefs labern oft zeugs das nicht rechtens ist
einfach teilzeit arbeiten oder bessere arbeit suchen bzw. wo der chef besser ist auch wenn es schwer ist es gibt auch noch menschliche darunter
(mir aber leider auch noch nicht begegnet in den letzten jahren)
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dieses Paroli bieten eben nur negative Effekte hat. Von daher kann ich ihm nur raten eine anderen Job zu suchen und nicht die notwendige Energie fürs Paroli zu verschwenden. Ich war in ähnlicher Situation und die von meinem Freund geschilderte Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten ist ja im Gegensatz zu meiner gemachten Erfahrung noch nett. Was mir allerdings noch nie passiert ist, war so in der ersten Woche von einem Vorgesetzten angefahren zu werden. Das mein Vorgesetzter sich als Prototyp von Ober-A. gezeigt hatte, kam erst später.