Können Erzieher/innen verpflichtet werden, in ihrer Kita zahlungspflichtig zu essen?
In unserer Kita sind die Mitarbeiter verpflichtet (nicht vertraglich, eher informell), am Mittagessen teilzunehmen und für das Essen zu bezahlen (pauschal € 1,00 pro Mahlzeit, allerdings bei Vollzeitmitarbeitern IMMER für 20 Tage im Monat, egal, ob man krank ist, Urlaub hat oder ein Feiertag ist). Begründet wird das mit dem pädagogischen Gedanken, dass die Erzieher beim Essen Vorbild seien und daher mitessen müssten. Wir als Mitarbeiter können diesen Gedanken zwar mittragen, sind aber der Meinung, dass der Träger der Einrichtung, wenn es einen pädagogischen Hintergrund hat, das Essen als Arbeitsmittel stellen muss und nicht darauf bestehen darf, dass es bezahlt wird. Sollen wir aber bezahlen, muss es uns freigestellt werden, ob und wann wir mitessen - finden wir jedenfalls. Da eigentlich alle Mitarbeiter nicht mehr mitessen möchten (einerseits wegen der Verpflichtung zu zahlen, andererseits wegen der Qualität des Essens), wäre es uns wichtig, eine andere Regelung zu finden und im Idealfall aus der Zwangseinziehung des Essensgeldes aussteigen zu können. Gibt es dazu eine Rechtsprechung? Vielen Dank für Eure Hilfe/Antworten!
6 Antworten
Du hast doch im ersten Satz deiner Frage schon gesagt, dass das "eher informell" als vertraglich ist. Von daher kann auch keiner von dir bzw. von euch verlangen, dass ihr euch daran haltet. Ihr müsst euch natürlich nicht an diese Regelung halten. Niemand kann dir vorschreiben, dass du kostenpflichtig essen musst.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen (Direktionsrecht), soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Diese Mahlzeiten dienen überwiegend einer betriebsfunktionalen Zielsetzung (hier zusätzlich pädagogische Zielsetzungen). Demgegenüber tritt das private Interesse der Arbeitnehmer an der Einnahme von Mahlzeiten in den Hintergrund. Sie können nicht frei wählen, ob sie an dem gemeinsamen Mittagessen teilnehmen.
Das ist aus meiner Sicht genauso zu bewerten, als wenn Arbeitnehmer an einer geschäftlich veranlassten Bewirtung teilnehmen, zu Fortbildungen geschickt werden, an Dienstbesprechungen teilnehmen müssen oder andere dienstliche oder sonstige Veranstaltungen auf Veranlaßung des Arbeitgebers besuchen müssen.
Wird die Teilnahme am Mittagessen angeordnet, so muss das Essen auch vom Arbeitgeber bezahlt werden.
Solten keine vertraglichen Vereinbarungen über einen Eigenanteil am Mittagessen vorliegen, sollte die Bezahlung verweigert werden; man sollte es ggf. auf eine arbeitsgerichtliche Klärung ankommen lassen.
Eine Verweigerung am Essen teilzunehmen ist nicht ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen möglich, da die Teilnahme angeordnet werden kann - diese Anordnung ist auch zulässig.
Ja, das ist eigentlich selbstverständlich, dass man am Essen teilnimmt, wenn die Kinder zusammen essen. Bei uns ist das Essen für Erzieherinnen kostenlos, weil es nur ein päd. Happen ist, es ist durchaus üblich, dass man anderswo 1 € oder mehr bezahlen muss.
Was sagt denn eure Gewerkschaft dazu ? Wie läuft es in anderen Kitas ab ? Wer hat es euch informell gesagt ? Die Kita-Leitung oder die vorgesetzte Behörde ?
Regelungen sind in den Einrichtungen unterschiedlich, das macht jeder Träger anders. Ich bin mir allerdings relativ sicher, dass es nicht rechtens sein kann, dass der Arbeitgeber einen dazu verpflichtet, das eigene Essensangebot zwangshalber zahlungspflichtig wahrzunehmen. Unsere MA-Vertretung ist leider schlecht erreichbar, so dass ich jetzt andere Möglichkeiten suche, einen Überblick über die Rechtslage zu bekommen.
Es muss allerdings beim kirchl. Träger eine Mitarbeitervertretung (in etwa ein Betriebsrat) geben, der euch vor dem Arbeitgeber vertritt und auch verpflichtet ist, die rechtliche Seite eures Problems zu klären!
Dadurch, dass Euch der Arbeitgeber den Euro abknöpft tut er Euch sogar etwas Gutes.
Wenn er Euch das Essen umsonst gibt, müsstet ihr alle einen geldwerten Vorteil versteuern und der liegt für ein deutsche Mittagessen bei 3 Euro. Das heißt, für jedes "freie Essen" müsstet ihr Steuer in Höhe von 0,45-1,50 Euro zahlen.
Wenn ihr also jetzt Euren Arbeitgeber dazu überredet Euch das Essen umsonst zu geben, dann zahlt ihr unter Umständen das gleiche an Vater Staat.
Das ist nicht (mehr) ganz richtig:
Die bisherige Rechtssprechung 2010 und 2011: Erzieherinnen müssen kostenlose Mahlzeiten im Kindergarten nicht versteuern. Das Finanzgericht Niedersachsen in Hannover hat geurteilt, dass die Mahlzeiten keinen geldwerten Vorteil darstellen, der lohnsteuerpflichtig ist (Az.: 11 K 384/07). Die Richter entschieden zu seinen Gunsten der KITAs: "Das gemeinsame Essen mit den Kindern gehöre zum pädagogischen Konzept – die Mitarbeiter könnten nicht frei wählen, ob sie daran teilnehmen. Deshalb handle es sich bei den Mahlzeiten nicht um einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil."
Wieder was gelernt.
Wir sind eine kirchliche Einrichtung, daher nicht gewerkschaftlich unterstützt. Die Regelung/Anweisung kommt von der Leitung bzw. der Gemeinde als Träger.