Kann man bei der EÜR eine Webcam im Werte von 80 Euro direkt ganz absetzen?
3 Antworten
Die Rechtslage (setze Webcam für Drucker):
Nach dem BFH-Urteil (BFH, Urteil v. 15.7.2010, III R 70/08) handelt es sich bei einem Drucker um ein eigenständiges aber nicht um ein selbstständiges Wirtschaftsgut. Konsequenz ist, dass der Austausch des Druckers nicht zu sofort abziehbarem Erhaltungsaufwand führen kann. Eine Behandlung als nachträgliche Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut "Computeranlage" scheidet ebenfalls aus. Das bedeutet, dass PC-Monitor, Drucker und Scanner eigenständig bewertbare Wirtschaftsgüter sind, die einzeln abgeschrieben werden. Da die Peripheriegeräte nicht eigenständig nutzbar sind, handelt es aber sich weder um geringwertige Wirtschaftsgüter noch um Wirtschaftsgüter, die in einen Sammelposten eingestellt werden können. Diese Geräte müssen demnach regelmäßig über Ihre Nutzungsdauer abgeschrieben werden.
(Quelle: Haufe)
Nach dem BMF, Schreiben v. 26.2.2021, IV C 3 - S 2190/21/10002 :013 wurde die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer für Computertechnik auf 1 Jahr reduziert. Korrekterweise müssten die Kosten für die Webcam allenfalls zeitanteilig auf 2 Jahre verteilt werden, wenn sie nicht Anfang Januar angeschafft wurde.
Praktische Überlegung: wenn Du die AK für die Webcam unter sonstigen BA erfasst, fällt es in der EÜR überhaupt nicht auf. Selbst eine gedachte Betriebsprüfung würde kein anderes Ergebnis bringen, weil das nicht wirtschaftlich wäre.
Korrektur nach Einwand TomRichter:Korrekterweise müssten die Kosten für die Webcam allenfalls zeitanteilig auf 2 Jahre verteilt werden, wenn sie nicht Anfang Januar angeschafft wurde.
Dies ist unzutreffend. Da die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nunmehr nur 1 Jahr beträgt, kommt § 7 EStG nicht mehr zum tragen. Vielmehr können die Anschaffungskosten im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgesetzt werden.
inwiefern strittig? prt ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG
Aber vor dem Satz 4 kommt der Satz 1, und der schränkt die Abschreiberei ein auf "Bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung [...] sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt".
Man liest häufig Meinungen wie "im Jahr der Anschaffung in vollem Umfang"
https://www.steuergo.de/blog/unbegrenzte-sofortabschreibung-fuer-computer-und-software/
oder "Keine zeitanteilige Aufteilung"
https://ivd.net/2021/03/abschreibung-fuer-computer-und-software/
oder "Für die Sofortabschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung spricht auch, dass § 7 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine zeitanteilige Abschreibung nur für solche Wirtschaftsgüter vorsieht, deren Nutzungsdauer mehr als ein Jahr beträgt."
Ah, ja ok. Da hast Du natürlich recht. Um diese Ecke hatte ich noch nicht gedacht. Und ja, der Kommentar dazu ist eindeutig. Die Formulierung in Absatz 1 Satz 1 bezieht sich auf die betriebsgewöhnliche Nutzungdauer. (Anzinger in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 308. Lieferung 12.2021, § 7 EStG, Rz. 126)
In vorliegendem Fall ist also eine Abschreibung im Jahr der Anschaffung in voller Höhe möglich und zutreffend.
Danke für den gedanklichen Anstoß. Immer wieder spannend, sich um derlei Details zu bemühen. Geht ja im allgemeinen Betrieb doch oft unter.
Ja, ist unter der Grenze. Frag mich nicht genau, aber die Grenze, ab der du abschreiben musst, ist auf jeden Fall dreistellig.
Auch wenn es sich um ein nicht selbständig nutzbares Wirtschaftsgut handelt ?
Wieso? Selbstständig nutzbar ist das doch. Die Frage ist, wie du die Cam tatsächlich nutzt.
Wie kann man denn eine Webcam selbständig nutzen, ohne Computer ?
Ich dachte du meinst selbstständig im Sinne eines selbstständigen Unternehmers .
Nee, ich glaube , man kann nur direkt anschreiben, wenn es sich um ein selbständig nutzbares Wirtschaftsgut handelt.
Nein. Ich wüsste nicht, warum man ein plumpes 80€ Gerät über mehrere Jahre abschreiben sollte. Das wäre doch bürokratische Hölle hoch zehn.
In § 6 Abs. 2 EStG steht, was von einer Sofortabschreibung bei selbstständiger Nutzung. Dann gehe ich mal davon aus, dass Wirtschaftsgüter ,die nicht selbständig nutzbar sind, nicht sofort abgeschrieben werden können. Aber, das kommt mir auch ein bisschen seltsam bürokratisch vor, deshalb frage ich.
2) 1Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die einer selbständigen Nutzung fähig sind, können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Wirtschaftsguts oder der Eröffnung des Betriebs in voller Höhe als Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag (§ 9b Absatz 1), oder der nach Absatz 1 Nummer 5 bis 6 an deren Stelle tretende Wert für das einzelne Wirtschaftsgut 800 Euro nicht übersteigen.
bürokratisch mag es sein, es würde im Fall des Falles auch kaum jemand so dogmatisch sein, aber es ist die geltende Rechtslage
Die Webcam zählt genau genommen nicht als GWG, da sie nicht selbstständig nutzbar ist. Da hat @berndauskleve recht.
> zeitanteilig auf 2 Jahre
Ist das geklärt, oder immer noch strittig?