Kann die Polizei selber Anzeige erstatten hä?
Hallo, gehen wir von einem einfachen Fall aus. Person A schlägt Person B bei einem Streit leicht gegen den Kopf. Person B wird nicht ernsthaft verletzt. Person B erstattet deswegen auch keine Anzeige aber die Polizei nimmt den Sachverhalt auf da sie in der Nähe war.
Kann / muss oder wird die Polizei nun hier Anzeige wegen Körperverletzung erstatten?
11 Antworten
Hallo,
es gibt 3 Arten von Delikten zu unterscheiden:
- Absolute Antragsdelikte: Die Polizei darf nur mit Strafantrag des Geschädigten ermitteln (z.B. Hausfriedensbruch, Familiendiebstahl, Beleidigung...)
- Mischantragsdelikte: Bei diesen muss die Polizei ermitteln, sobald sie davon erfährt. Sollte die Staatsanwaltschaft öffentliches Interesse bejahen, wird die Anzeige zur Anklage gebracht. Darüber hinaus kann der Geschädigte Strafantrag stellen. Damit signalisiert er der Staatsanwaltschaft sinngemäß "Ich will WIRKLICH WIRKLICH WIRKLICH, dass der Täter bestraft wird. (z.B. einfache Körperverletzung)
- Offizialsdelikte: Hier muss die Polizei immer ermitteln und es wird zu einer Anklage kommen (z.B. Totschlag, Mord, Vergewaltigung).
Kann / muss oder wird die Polizei nun hier Anzeige wegen Körperverletzung erstatten?
Und wie immer meine Gegenfrage: "Kann die Polizei Anzeige erstatten" => Wie kann man denn wirklich davon ausgehen, dass die Polizei just for fun ihre Kompetenzen überschreitet, weil sie widerrechtlich eine Anzeige aufnimmt? Versteh ich nicht...
Wie schon geschrieben: Wenn B keine Anzeige erstattet wird B ziemlich sicher auch keinen Strafantrag gestellt haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Staatsanwaltschaft die Anzeige dann zur Anklage bringt ist dementsprechend geringer.
Also um bei deiner Formulierung zu bleiben: Ja, für A ist das besser.
Darf oder muss die Polizei Person A sagen ob die Anzeige von B kam oder ob sie selber ermitteln weil sie es mitbekommen haben ?
Müssen: Nein.
Wenn A frägt können die Kollegen durchaus sagen, dass kein Strafantrag vorliegt => das sagt dann eh alles...
Bei der einfachen vorsätzlichen Körperverletzung wird eine Strafverfolgung nur eingeleitet, wenn ein Strafantrag gestellt wird (relatives Antragsdelikt) oder wenn die Staatsanwaltschaft ein besonderes öffentliches Interesse an der Verfolgung sieht. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn der Täter vorher schon regelmäßig wegen Körperverletzungen verurteilt wurde oder sogar noch eine Bewährung läuft.
In dem von Dir beschriebenen Fall dürfte das öffentliche Interesse nicht vorliegen.
Anders sieht es aus, wenn eine Waffe im Spiel war (gefährliche Körperverletzung) oder wenn es zu schweren Verletzungen gekommen ist (schwere Körperverletzung).
Dann wird es Offizialdelikt, die Polizei muss die Strafverfolgung einleiten.
Einfache KV - wie im Sachverhalt- ist ein Antragsdelikt (§ 230 StGB). Solange kein Strafantrag des Geschädigten vorliegt, gibt es kein Ermittlungsverfahren ("Anzeige"). Öffentliches Interesse dürfte kaum vorliegen.
Aber, aber...
Ohne dir jemals widersprechen zu wollen, ggf. habt ihr ja eine eigene Regelung mit eurer Staatsanwaltschaft.
Wir in Bayern nehmen natürlich jede KV erstmal auf, wir können ja nicht für die STA entscheiden, ob diese "Öffentliches Interesse" bejaht...
Stimmt, das ist aber praktisch überall so. Wenn die Polizei eine KV sieht, wird sie auch aufgenommen. Wenn der Geschädigte keinen Strafantrag stellt, wird es mit dem Vermerk an die StA gegeben und in 98 % der Fälle eingestellt.
Öffentliches Interesse wird in den Nrn. 86 u. 234 (bei KV) RiStBV definiert. Liegt auch für den Beamten erkennbar kein öffentliches Interesse vor, so muss er nicht handeln.
Der § 163 StPO ist in erster Linie als Befugnisnorm, nicht als Aufgabenzuweisung zu verstehen.
Und wie möchtest du die §158ff, 163 StPO begründen? Würdest du nicht zumindest den Sachverhalt zur Prüfung an die Justiz weiterleiten? Somit macht sich der Polizeibeamte selbst strafbar. Die Aussage dass die Polizei bei fehlendem öffentlichen Interesse ein Ermittlungsverfahren erst gar nicht einleitet ist schlicht nicht richtig.
Es gibt keinen Ermessensspielraum für die Vorlage bei der Staatsanwaltschaft. Dort wird entschieden, dies gilt auch für fehlenden Antrag bei Antragsdelikten.
Aha. Dann wird auch bei jeder noch so kleinen Sachbeschädigung, kleinstem Diebstahl, unbefugter Veröffentlichung von Bildern, Urheberrechtsverstöße usw. jedesmal von der Polizei ermittelt?
Sorry, aber die Praxis sieht eindeutig anders aus.
Darf oder muss die Polizei Person A sagen ob die Anzeige von B kam oder ob sie selber ermitteln weil sie es mitbekommen haben ?
noch eine Frage: wäre es quasi für Person A besser wenn man das so nennen kann wenn Person B die Anzeige nicht erstattet hat sondern die Polizei dem nachgeht weil sie es erfahren hat... ?
Wenn A keine Waffe, oder einen Gegenstand benutzte, ist es einfache und keine gefährliche Körperverletzung.
Damit ist es grundsätzlich ein Antragsdelikt.
Aber die Staatsanwaltschaft könnte auf Grund des Berichts der Polizei das öffentliche Interesse bejahen und trotzdem Anklage erheben.
Das würde z. B. passieren, wenn B ein wehrloser Mensch wäre, oder sehr alt. Oder Person A ein bekannter Schläger mit dicker Strafakte.
Hä?! Die Polizei braucht nicht auf Anzeigen zu warten. Strafantrag ist was anderes als Anzeige. Goggle mal.
noch eine Frage: wäre es quasi für Person A besser wenn man das so nennen kann wenn Person B die Anzeige nicht erstattet hat sondern die Polizei dem nachgeht weil sie es erfahren hat... ?