Jva Leben im Knast Erfahrung

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Meine persönliche Erfahrung ist die, dass du deinen gesunden Menschnverstand am Besten an der Pforte abgibst und jede Form von Gutgläubigkeit die du vielleicht dein eigen genannt hast. Zumindest was den Umgang mit vielen ''Schließern'' betrifft. Wenn du dir den Kopf an Willkür, Boshaftigkeit und Machtdemonstrationen wieder und wieder einrennst, wirst du irgendwann begreifen, dass hier andere Gesetze herrschen und es sind bestimmt nicht die der Gerechtigkeit. Du wendst dich besser an deine Mitgefangenen und vermeidest allzuviel Vertrauen auf die Schlüsselträger.

Wenn du es wagst bei einem Beamten auf dein Recht zu bestehen, Antrag um Antrag schreibst an die Anstaltsleitung wirst du am Ende vielleicht dieses eine Recht zugestanden bekommen aber plötzlich wird deine Zelle regelmäßig auseinander genommen und du wirst empfindlich bestraft weil du nach dem Besuch noch ein 2 cent Stück in der Hosentasche hattest

z.B

Jemand hat in einem Gespräch mit einem netten Kumpel-typ-Wärter mal den Fehler gemacht zu denken das wäre ein Gespräch zwischen zwei gleichen Mensch und hat den Satz fallen lassen: ''Gib mir ne Knarre und ne Kugel und ich drück ab.'' scherzhaft, niemand hätte wirklich denken können dieser Jemand wäre ansatzweise Selbstmordgefährdet. Kumpel-typ sah seine Chance diesen Jemand, der in der ''Hirarchie'' ziemlich weit oben stand, gedealt hat, aber nie erwischt werden konnte, runter zu bringen. Hat sich wohl etwas davon versprochen, wahrscheinlich auch bekommen. Jedenfalls saß jemand anschließend- etwa 5 Wochen in der Überwachungszelle weil selbstmordgefährdet. Hat in der Zeit etwa 10 kg abgenommen. War die schlimmste Zeit seines Lebens.

Es gibt allerdings auch die wirklich guten Seelen mit Schlüssel. Das Problem ist: Sie wechseln ständig. Noch ein Beispiel: Mein spezielles Problem war die vegane Ernährung. Gemüse gab es nur in undefinierbaren Saucen. Und eine Portion war eine Portion. Jeden Mittag wurden Unmengen an übrig gebliebenen Lebensmittel zurück zu Küche gekarrt und weg geworfen- es gibt die Idioten die Essen lieber wegschmeißen als dir noch ne Portion Kartoffeln oder Obst zukommen zu lassen. Es gibt aber auch die, die nach dem ''Ausspeisen'' extra nochmal an deine Tür kommen und dir einen Kilo Äpfel rein reichen. ( beim Essen war oft Einschluss)

In meinem Fall haben die Beamten wöchentlich gewechselt und jede Woche war komplett anders. Thema Bunker und Ü-Zelle nochmal (Überwachungszelle: Betonerhebung mit Matratze, Toilette und über allem Kameras. 24 Stunden überwachung) Ich selbst hatte das Vergnügen 3 Wochen darin zu verbringen weil ich der Haftrichterin leider ''etwas niedergeschlagen'' vorkam. Und mich dann drei Wochen auf Schub befand.

Du hast noch keine Verzweiflung erlebt wenn du Wochenlang in so einer Zelle verbringst, die Hälfte davon kein Buch, kein Radio, nur die Wand zum anstarren und dabei versuchen musst einen Psychologen zu überzeugen, der einmal die Woche kommt, dass es dir ganz großartig geht.

Habe den allgemeinen Doktor während dessen mal gefragt wie lange es eigentlich rechtens ist einen Menschen auf so eine Art und weise gefangen zu halten- es gibt ja schließlich sowas wie grundlegende Menschenrechte, Würde und so weiter. Da haben wir erstmal eine Runde herzlich gelacht ''das ist eine gute Frage'' und zurück in die Ü-Zelle.

Interessant war es auch zu beobachten wie die Vorstellung von notwendiger SIcherheitsvorkehrung von Gefängnis zu Gefängnis wechseln. In der einen Woche bekommst du ein Buch, in der nächsten könntest du dich damit umbringen, im übrigen auch mit Unterhosen und beim Duschen muss man direkt hinter dir stehen sonst würdest du dich im Gulli ersaufen. Im nächsten Gefängnis bist du dann mit den anderen Gefangenen zusammen auf dem Hof.

In dem einen Gefängnis darfst du im Hofgang laufen, im nächsten aus unerfindlichen sicherheitstechnischen Gründen dann auf keinen Fall.

Ein Gefängnis ist ein Mikrokosmos, ein Konglomerat aus Machtbeziehungen und extremen Persönlichkeiten.

Aber ich muss sagen ich habe in dieser Zeit sehr sehr interessante Menschen kennengelernt. Positiv und negativ. Menschliche Wracks, ekelhafte Menschen (und ekelhafte Zellen, habe viele gesehen) aber auch Leute von denen ich viel gelernt habe. Sehr interessante und intelligente Charaktere. Und unberechenbare. Kurioserweise waren die Interessantesten meistens wegen den großen Drogendelikten drin.

Ich muss sagen das rumschmuggeln und tauschen von allem Möglichen hat teilweise recht Spaß gemacht. Man gewinnt in jedem Fall einiges wenn man kreativ ist. Das ist ein ewiger Kampf Wärter gegen Schmuggler. Meistens gewinnen die, die den ganzen Tag Zeit haben sich Verstecke zu überlegen und für die ganz schön viel Lebensqualität davon abhängt.

Das ist wohl das Grundsätzliche Problem und Missverhältnis: Deine Lebensqualität als Gefangener hängt ganz entschieden ab von den auf den ersten Blick unbedeutensten Kleinigkeiten - um die du oft kämpfen musst und die andere völlig in der Hand haben.

almani2208  04.05.2015, 19:44

Hallo Apost,

dein Bericht war sehr interessant. Vor allem mit der Veganen Ernährung. Wenn du Zeit hast kannst du da noch etwas ins Detail gehen was es für Möglichkeiten in einer JVA gibt sich "gesund" zu ernähren. Ich selbst bin seid über 2 Jahren zwischen Vegan und Rohkost am schwanken. Mittlerweile esse ich aber auch wieder Fisch und gekochte Kost so wie Hirse, Quinoa, Brauner Reis, Kichererbsen, aber ansonsten viel Obst, Rohes Gemüse und Wildkräuter von draussen wenn die Saison es zu lässt. Ich selbst kenne viele Leute die schon eine Haftstrafe abgesessen haben, dennoch können die sich nicht wirklich in die Lage eines Menschen versetzen für den wirklich Gesundes Essen einen hohen Wert hat. Wie sieht es mit dem Monatlichen Einkauf aus? Frisches Obst und Gemüse?? Was ist mit ausreichend Wasser?

Letzte Frage wie sieht es mit Recht auf eine Einzelzelle aus?

Dank dir viel mals für deine Zeit und Antwort im vorraus!!

TheRobbot 
Beitragsersteller
 25.07.2014, 18:37

Danke für die antwort. Was für menschen hast du denn so kennengelernt, wenn ich fragen darf? kannst du über diese und über euer verhältnis bzw über die entwicklung eures verhältnisses im laufe der haftzeit berichten? und hat man denn mit Inhaftierten nach der Entlassung noch kontakt oder ist das eher selten der fall?

Apost  25.07.2014, 20:32
@TheRobbot

Ich habe ein paar Leute sehr schätzen gelernt, aber wie schon gesagt, die saßen fast einheitlich wegen schweren Drogendelikten, ziemlich lange auch jetzt noch. Freundschaften die man im Knast schließt sind meistens auf die Zeit in Haft beschränkt. Ich habe das vorallem bei anderen beobachtet. Drinnen ein Herz und eine Seele dann wird einer entlassen, schreibt vielleicht noch ein Brief aber das wars dann. Aber natürlich gibts da auch das Gegenteil.

Die eine Person, von der ich speziell viel gelernt habe in vielen Bereichen (hatte nie was mit dem Verkauf oder der Herstellung von Drogen zu tun, bin nun aber zumindest theoretisch ziemlich bewandert ), die mich sehr beschäftigt hat weil schwer durchschaubar und mir sozusagen gezeigt hat wie alles läuft drinnen aber auch in bestimmten Millieus draußen, wurde kurz nach mir entlassen (nach einem Kampf sondergeichen) und seit dem habe ich nie mehr was gehört. Ist auch sonst nirgendwo auffindbar, nicht im Internet nicht draußen. Ich glaube diese Person ist wieder ins ''Geschäft'' eingestiegen, sozusagen untergetaucht und nun irgendwo im Ausland unterwegs. Hatte das schon für Ausgänge geplant, zu verschwinden, die nötigen Papiere und Kontakte waren vorhanden, ist aber immer wieder gekommen.

Am Ende habe ich wirklich geglaubt dass das ernstgemeint war mit dem leben und Geld verdienen im legalen. Aber das war diese Sache: Man wusste nie woran man bei ihm war. Ein sehr manipulativer Charakter- in bezug auf Mitgefangene, Psychologen, Beamte, Richter.

Ich habe überlegt und überlege jetzt noch ob es sich dabei um eine Psychopathische Persönlichkeit gehandelt hat: Die Merkmale waren vorhanden. Jedenfalls wenn man eine Sache gut kann dann ist es schwer loszulassen.

Es gibt einige interessante Personen und denkwürdige Begebenheiten ich fange mal nicht an ''aus dem Nähkästchen'' zu plaudern. Aber exemplarisch:

Da war aber z.B die eine Person, hochintelligent was u.a der Grund dafür war dass sie nicht frühzeitig entlassen wurde und ihre ganze Ewigkeit absitzen musste. War Clown der ganzen Mannschaft und hat den ganzen Laden als Vorabeiter organisiert wo er gearbeitet hat. War unverzichtbar (was eigentlich nicht passieren sollte, deswegen wird der Arbeitsplatz alle paar Jahre gewechselt) und hatte einen Umgang mit den Beamten sondergleichen witzig und bewundernswert. Hat eines Tages aus heiteren Himmel plötzlich einen MItgefangenen angegriffen - auf eine Art und weise die wirklich zum Todlachen war. Das 'Opfer' hat geredet und geredet und konnte nicht die klappe halten- nur so viel: Am Ende war er still. Und der Vorarbeiter nicht etwa im Bunker. Wie schon gesagt: Unverzichtbar.

Wenn ich sage es gab ne Menge ekelhafter Personen meine ich das Teils wörtlich: Stinkende Wracks mit verfaulten Zähnen. Oder auch Leute die auf der Straße leben und im Knast überwintern. waren natürlich nicht durchgehend eklig, aber zum Großteil.

Aber auch ekelhaft in dem was passiert ist. Wenn man nicht aufpasst und den falschen ärgert isst man am Ende z.B aus dem Müll für Essensabfälle. Da muss man aber schon ein besonderes Talent zum nerven haben. Oder einfach nur das geborene Opfer sein. Die gibt es nämlich. Es gibt da natürlich die Leute die andere gerne erniedrigen und leiden sehen und es gibt die Leute die neu kommen und einfach nicht alleine klar kommen können - da stehen wie verwundete dumme Welpen mit dem Schild um den Hals ''tritt mich''. Die sagen einmal das falsche und dann war es das. Und ich meine nicht unbedingt physische Gewalt, das sogar eher selten.

na und so weiter und so fort

Apost  25.07.2014, 18:28

Aber natürlich: Es gibt sehr sehr verschiedene Gefängnisse. War viel auf Schub und habe da einiges Erlebt. Das mieseste habe ich in Bayern gesehen. Das Beste in Berlin. Es gibt da wirklich Orto wo man ganz gut leben kann, wie in einer gemütlichen WG mit sehr sehr viel Bewegungs- und Handlungsfreiheit wo man sich vielleicht tatsächlich sammeln kann und am Ende besser und gestärkt rauskommt. Es gibt aber auch die total repressiven Orte, bei denen man auf jedenfall einiges Verliert wenn man länger als ein paar Monate bleiben muss. Es kommt auch immer stark auf die Beamten an. Hat man da ein faules Ei, oder jemanden der gerne Macht beweist und einem das Leben schwer machen will hat man schlechte Karten.

Wenn Du konkrete Fragen hast, kannst Du sie mir gerne stellen. Ich berichte dann aus der Sicht eines Bediensteten...

Grob: Der Knastalltag ist sehr monoton. Es passiert häufig das Gleiche... Morgens früh Wecken, z.B. 6 Uhr, mit Lebendkontrolle durch Bedienstete (reagiert er auf Ansprache?) Dann wird durch die Hausarbeiter Frühstück ausgeteilt. Häufig Toas (ungetoasted) mit Margarine und Marmelade. Dann geht es z.B. um 7 in die Arbeit. Arbeit könne Tätigkeiten für die JVA sein (Pflasterarbeiten, Grünanlagen pflegen,...) oder z.B. Kleinteile zusammenstecken, Kulis zusammenbauen,... Bei der Arbeit gibt es Mittagessen. Danach weiter arbeiten bis z.B. 15:30 Uhr. Dann geht es zurück ins Hafthaus. Dort ist erst mal Einschluss. z.B. um 16:30 könnte eine Freistunde sein (im Hof herumlaufen, auf der Wiese liegen, Volleyball spielen,...). Anschließend könnte es Aufschluss geben. Die Gefangenen können dann z.B. mit anderen Tischtennis spielen, TV schauen oder Gamecube zocken. Auch Duschen ist jetzt möglich. Parallel finden Behandlungsangebote und Gruppen (Anonyme Alkoholiker, Schuldnerberatung,...) statt. Auch Sportgruppen (Laufgruppe, Fußball,...) sind denkbar. Dann kann es z.B. gegen 6 Abendbrot geben. Graubrot, Schwarzbrot, Wurst, Käse,... Um 19:30 könnte Nachteinschluss sein. Dann ist jeder alleine in deinem Haftraum und schaut TV, spielt oder liest.

Am Wochenende ist keine Arbeit, daher später wecken. Sonntags findet ein Gottesdienst statt, zu dem man gehen kann, wenn man will. Dann ist mehr Freizeit und Aufschluss.

Ich schreibe viel im Konjunktiv, da der Ablauf von Knast zu Knast unterschiedlich ist.

Was interessiert Dich im speziellen?

LG derChristian

TheRobbot 
Beitragsersteller
 25.07.2014, 12:31

Danke sehr für die Antwort, war sehr ausführlich. Eigentlich wollte ich mein zweiwöchiges schülerpraktikum in der jva machen-war leider nicht möglich. naja ich wünsche dir viel spass weiterhin.

TheRobbot 
Beitragsersteller
 24.07.2014, 17:10

Hallo danke für die ausführliche antwort. Finden sie ihren job langweilig? Und ist es ständig so dass verbotene gegenstände wie handys drogen etc reingeschmuggelt werden? Gibt es auch im Knast die sogennanten Dealer? Sind die Leute gleicher Nationalität unter sich, also gibt es Gruppen? haben "schwächere häftlinge'' angst vor so muskelpaketen die sehr frech sind und sich nichts gefallen lassen - gibts diese überhaupt im knast? oder ist dort jeder gleich? Und ich würde sehr gerne eine Justitzvollzugsanstalt besuchen, aber nicht als häftling sondern nur um sich einen eindruck zu verschaffen? Danke :)

derchristian  24.07.2014, 19:32
@TheRobbot
  1. Ich liebe meinen Job und gehe jeden Morgen gerne hin! Es ist spannend, vielfältig und verantwortungsvoll. Es fordert mich und wird nie langweilig.

  2. Ja, es ist ein tägliches Katz-und-Maus Spiel. Mal "gewinnen" wir und mal die Inhaftierten. Handys, Drogen, Waffen, geheime Nachrichten, Tabletten,.... es gibt drinnen alles, was es auch draußen gibt. Nur eben konzentrierter.

  3. Ja, es gibt diese Dealer. Drogen gelangen über viele verschiedene Wege in die JVA. Und einige wenige haben das Geschäft in der Hand. Diese nutzen dann Mittelsmänner, um kleinere Mengen zu deponieren und nicht selbst aufzufallen, falls mal was gefunden wird. Dealer gibt es nicht nur für Drogen, sondern auch für Tabletten und Substitutionsmittel.

  4. Gleiche Nationalitäten finden sich. Das würden wir im Ausland auch so machen. Ich wäre froh, wenn ich z.B. in Russland jemanden hätte, mit dem ich Deutsch sprechen könnte. Allerdings ist es nicht streng nach Herkunftsland getrennt. Manchmal vermischt sich das.

  5. Klar gibt es die Hierarchie und die, die ganz unten stehen haben natürlich Angst. Und: Ja, es gibt diese Häftlinge, die jede freie Minute im Fitnessraum sind und versuchen, Muskeln aufzubauen und andere einzuschüchtern. Bekommen wir das mit, greifen wir ein. Das führt im Zweifel zur Verlegung des Aggressors. Nimm einem Anführer sein Volk und er ist kein Anführer mehr! Leider rutscht recht fix wieder jemand hinterher... Manchmal gibt es auch "Handlanger", die die groben Prügeleien im Auftrag der "oben" stehenden erledigen...

  6. Gleich ist wahrlich nicht jeder. Es erfolgt eine grobe Aufteilung nach Delikt. Gewaltstraftaten sind eher oben in der Hierarchie, Sexualstraftäter eher unten. Es gibt viel unauffälliges im Mittelfeld und und wenige, die höher oder niedriger stehen. Prostitution steht auch eher unten.

  7. Jede JVA hat einen Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit. Oft werden Tage der Offenen Tür (im Knast etwas unpassend, aber naja...) veranstaltet. Auch gibt es Führungen (aber nicht überall)...

  8. Hast Du "Schulz in the Box" aus Hannover gesehen? Ist die letzte Folge bevor es eingestellt wurde und bei maxdome verfügbar. Das war natürlich sehr medienwirksam, aber für einen Eindruck taugt es. War selbst da und musste oft schmunzeln.

LG derChristian

Dürfte ich zocken und chillen, wäre das gar nicht so schlimm.

Ich war da zwar nie, ist aber bestimmt nicht Schön