Gilt "Frauen und Kinder zuerst" immer noch?

Seefahrt an sich ist gefährlich und betrifft alle Seeleute gleichermaßen. Noch heute verschwindet im Schnitt pro Woche ein Schiff von den Weltmeeren. Früher war es noch gefährlicher und in dieser Zeit hat sich ein Ehrenkodex für Seeleute entwickelt, der eigentlich weltweit anerkannt wird. Dieser Ehrenkodex ist nirgends schriftlich festgelegt, dennoch gilt er nach wie vor als ungeschriebenes Gesetz und wird z.B. auch vom internationalen Seegerichtshof als Maßstab angelegt.

Besondere Regeln gibt es dabei für Schiffbruch. Um die wichtigsten kurz anzudeuten:
- Alle in der Nähe befindlichen Schiffe sind zur Hilfe verpflichtet, selbst wenn sie sich im Kriegszustand befinden und die Schiffbrüchigen „Feinde“ sind;
- Selbst im Krieg dürfen Schiffbrüchige nicht bekämpft werden;
- Bei Passagierschiffen gilt: „Frauen und Kinder zuerst“, weil sie die Schwächsten sind.
- Der Kapitän verlässt als letzter das Schiff. Er hat den Ablauf der Rettungsaktion zu koordinieren.

Selbst im 2. WK wurden diese Regeln solange beachtet, bis die Amerikaner sie gebrochen hatten.
Auch im kalten Krieg nach dem WK II galten diese Regeln. Selbstverständlich haben sich Schiffe der Nato bzw. Warschauer Pakt  im Seenotfall gegenseitig geholfen.
Alle ordentlichen Seeleute der Welt waren z.B. höchst erschüttert über den Kapitän der Costa Concordia, weil er sich als einer der ersten aus dem Staub gemacht hat und nicht gemäß guter Seemannschaft die Rettung koordiniert hat.

Letztlich ist es immer eine Frage der „Seemannsehre“, sich an die alten Traditionen zu halten.

Relevant für Seenotfälle sind drei internationale Abkommen:

Bergung und Hilfe bei Seenot: http://www.transportrecht.de/transportrecht_content/1024918920.pdf

SOLAS (Sicherheitsausrüstung der Schiffe): https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl279s0141.pdf#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl279s0141.pdf%27%5D__1489472429316

Kollisionsverhütungsregeln: http://www.gesetze-im-internet.de/seestro_1972/regel_10.html

In keinem dieser Abkommen steht "Frauen und Kinder zuerst". Das gehört zu den ungeschriebenen Regeln, der sogenannten "Seemannschaft": https://de.m.wikipedia.org/wiki/Seemannschaft

Im Übrigen wird es so gut wie nie befolgt. Bei keiner einzigen aktuellen Schiffskatastrophe war das angesagt oder von Belang. Hauptproblem ist immer die fehlende Zeit und die Verpflichtung zur Hilfeleistung für ALLE. Es könnte also nur freiwillig erfolgen.

Woher der Brauch kommt, dürfte auf der Hand liegen.

Insbesondere vor einigen Jahrhunderten waren Männer weitaus besser trainiert als Frauen und sind außerdem biologisch im Schnitt an Körperkräften weit überlegen (denk zudem an die langen Kleide usw., mit denen Frauen ziemlich hilflos waren).

 Kinder sind vergleichsweise hilflos und schutzbedürftig. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Nein. Was hat es im Grund auch noch nie gegeben.

http://www.sueddeutsche.de/reise/evakuierung-der-costa-concordia-frauen-und-kinder-zuerst-ein-mythos-1.1259845

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Frauen_und_Kinder_zuerst%21?wprov=sfla1 Da wird der Ursprung gut erklärt.