Frisch Schwanger Tankstelle arbeiten?

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Zunächst einmal ist dein Arbeitgeber nach Kenntnis der Schwangerschaft in die Pflicht genommen.

Er muss auf Grundlage seiner Gefährdungsbeurteilung und meist in Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt oder der aufsichtführenden Behörde (z.B. Gewerbeaufsichtsamt) den Arbeitsplatz prüfen, anpassen oder gegebenenfalls ein arbeitsplatzbezogenes, generelles Beschäftigungsverbot (also ohne besonderes ärztliches Attest) aussprechen. Darunter fallen z.B. Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen, erhöhte Unfallgefahr, schweres Heben, ständiges Stehen, Akkordarbeit usw. Der Arbeitgeber kann die Schwangere auch in eine andere Abteilung (z.B. Büro) versetzen.

Ein solcher Gefahrstoff ist auch das in Ottokraftstoffen enthaltene Benzol. Da Benzol ein überall in der Umwelt vorhandener Stoff ist, wird wird bei einer Schwangeren dann unterstellt, dass sie diesem Stoff bei ihrer Beschäftigung ausgesetzt ist, wenn ihre Belastung der Schwangeren durch diesen Stoff während ihrer Tätigkeit über die Belastung der Allgemeinbevölkerung hinausgeht.

Dabei obliegt dem Arbeitgeber der Nachweis, dass der in der Außenumgebung gemessene Benzolwert (der sogenannte ubiquitäre Wert) auch am Arbeitsplatz der werdenden Mutter nicht überschritten wird. Die schwangere Arbeitnehmerin darf daher im Kassenraum oder Verkaufsraum einer Tankstelle wie auch im sonstigen Tankstellenbereich erst dann beschäftigt werden, wenn dies durch Messungen nachgewiesen wird.

Eine werdende Mutter muss ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen können, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist.

Muss ein Arbeitsplatz daher, wie etwa die Kasse einer Tankstelle, ständig besetzt sein, muss sichergestellt werden, dass für die umgehende Ablösung der Schwangeren jederzeit eine Ersatzkraft zur Verfügung steht. Kann dies nicht gewährleistet werden, darf die werdende Mutter an diesem Arbeitsplatz nicht beschäftigt werden.

Ein individuelles Beschäftigungsverbot spricht der behandelnde Facharzt ganz oder teilweise per Attest aus und ist auf den persönlichen Gesundheitszustand der werdenden Mutter bezogen. Dabei muss noch kein krankhafter Zustand vorliegen, es genügt alleine die Möglichkeit eines Schadenseintrittes infolge der weiteren Beschäftigung. Dies trifft z.B. auch für psychische Belastungen am Arbeitsplatz, anhaltende Rückenschmerzen oder auch bei Übelkeit und Erbrechen zu.

Das Attest beim individuelles BV ist klar abzufassen. Es muss neben der Rechtsgrundlage die voraussichtliche Geltungsdauer („zunächst bis ...“) enthalten. Der Facharzt kann auch den Umfang, d.h. die begrenzte Arbeitsmenge („nicht mehr als ... Arbeitsstunden pro Tag“) bzw. die Art der untersagten Tätigkeit möglichst genau und mit allgemein verständlichen Angaben darstellen. Es ist auch möglich darzustellen, welche Art von Tätigkeit die Schwangere ausüben darf (Positivliste).

Beim Beschäftigungsverbot hat die Schwangere gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf zeitlich unbegrenzte Zahlung des vollen Arbeitsentgelts (Mutterschutzlohn). Dieses bekommt der Arbeitgeber auf Antrag über das Umlageverfahren 2 (U2-Verfahren) von deiner Krankenkasse erstattet.

In deinem Fall kommt eher ein generelles Beschäftigungsverbot infrage. Wenn du das Gefühl hast, dein Arbeitgeber nimmt das Mutterschutzgesetz auf die leichte Schulter, wende dich an die zuständige Behörde. Bei Nichteinhaltung drohen ihm empfindliche Geldstrafen.

Alles Gute für dich und eine gesunde Schwangerschaft!

beam92 
Beitragsersteller
 03.05.2017, 10:17

Vielen Dank für die ausführliche Antwort :)

isebise50  04.05.2017, 14:23
@beam92

Bitte, gerne - und dir vielen Dank für deinen Stern beam92!

Sollte dein Frauenarzt in deinem Job irgendeine Gefährdung für deine Schwangerschaft sehen, kann er dich krankschreiben. Sprich doch mal mit ihm darüber. Für die ganze restliche Zeit bis zum Mutterschutz wird das sicherlich nicht gehen, aber vielleicht so, dass du zumindest zwischendrin immer mal wieder eine Pause von der Arbeit hast.