Betriebsrat, Lagerleiter
Hallo Leute, ich bin seit 1.1.15 in einer neuen Fa. als Kommissioniererin tätig. D.h. ich arbeite mit einem Handscanner. Diese Geräte brauchen auch einen akku. Da wir in 2 schichten arbeiten, reichen die akkulaufzeiten oft nicht den ganzen tag. Deshalb nehmen manche 2-3 Akkus mit um nicht bei versagen neue holen zu müssen. Da nun zig akkus gefehlt haben, hat gestern unser Lagerleiter mit unserem Betriebsrat alle in den Umkleiden befindlichen spint`s geöffnet und nach Akkus durchsucht. Vorallem wir Mitarbeiter wußten von der Aktion nichts und kamen nur durch zufall dahinter. Ich weiß nur dass auch meine Handtasche mit Geldbeutel, schlüssel usw. durchsucht worden ist. Meine Farge ist nun, dürfen die Beiden das überhaupt und welche welche rechtlichen konsequenzen könnte ich ziehen? Mein Vertrauen ist total im A.... und ich koche vor Wut. Ich konnte den Lagerleiter leider nicht mehr zur rede stellen, da dieser um 15h Feierabend gemacht hat und wir kurz danach dahinter gestiegen sind.
5 Antworten
Die Spindöffnung in Abwesenheit des Betroffenen ist grundsätzlich verboten, wenn nicht bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
- ein objektiv begründeter Tatverdacht gegen den betroffenen Arbeitnehmer,
- die Erforderlichkeit zur Aufklärung einer Straftat und
- das Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers.
Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, ist die Spindöffnung nur in Anwesenheit des Arbeitnehmers erlaubt! Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts BAG (Urteil vom 20.06.2013 Az.: 2 AZR 546/12).
In dem von Dir geschilderten Fall hat der Arbeitgeber kein Recht zu diesem Vorgehen; daran ändert auch die Beteiligung des Betriebsrats nichts! Es handelt sich hierbei um einen gravierenden Fall der Verletzung Deines allgemeinen Persönlichkeitsrechts!
Eine andere Frage ist, was Du konkret gegen das Vorgehen des Arbeitgebers tun kannst - wenn Du denn überhaupt etwas tun willst. Immerhin hätte das - bei allem Dir zustehenden Recht (aber "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider zwei verschiedene Dinge - eine Auseinandersetzung mit Deinem Arbeitgeber zur Folge, die für Dich (da Du erst seit Kurzem in Betrieb bist) negative Konsequenzen haben könnte.
Trotzdem kannst Du Dich beim Betriebsrat über das Vorgehen des Arbeitgebers und auch des Betriebsrat selbst beschweren. Du kannst auch - am besten erst nach Ende der Probezeit (sofern eine vereinbart ist) oder nach Ende von 6 Monaten, in denen noch kein Kündigungsschutz besteht - eine Abmahnung gegen den Arbeitgeber aussprechen. Inwieweit ein Schadensersatz oder Schmerzensgeld (immaterieller Schadensersatz) geltend gemacht werden kann, kann ich nicht beurteilen; dazu müsstest Du einen Anwalt konsultieren.
Wenn ein dringender Verdacht besteht, dass Betriebseigentum gestohlen wird und der Betriebsrat auch noch dabei ist wirst du leider nicht viel machen können tut mir leid
Aber ganz sicher nicht ohne Information an die von den Spindöffnungen Betroffenen und in deren Abwesenheit!!
Dürfen tun sie das wohl. Alledings hättet ihr informiert und dabei sein müssen.
Der Lagerleiter ist nicht berechtigt, auch nicht im Beisein eines Betriebsratsmitgliedes, die Spinde der Mitarbeiter zu öffnen, wenn die entsprechenden Arbeitnehmer nicht zugegen sind.
Haufe schreibt dazu:
Taschenkontrollen und persönliche Durchsuchungen (z. B. Leibesvisitation) bedeuten einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers. Nach der herrschenden arbeitsrechtlichen Ansicht sind diese Mitarbeiterkontrollen grundsätzlich zulässig, allerdings je nach Art der Kontrolle dem Umfang und der Intensität nach stärker oder schwächer begrenzt. Für die Zulässigkeit von Taschenkontrollen und weitergehenden persönlichen Durchsuchungen (Leibesvisitationen) der Mitarbeiter ist zwischen präventiven (systematischen) Kontrollen und anlassbezogenen Einzelkontrollen im Verdachtsfall zu unterscheiden. Allgemein hat eine Verhältnismäßigkeitsprüfung mit Abwägung der beiderseitigen Interessen zu erfolgen.
Keine Präventivkontrolle durch umfassende Personenkontrollen
Nach herrschender Meinung sind umfassende präventive Personenkontrollen regelmäßig unzulässig. Zulässig sind lediglich Taschenkontrollen und u. U. das Abtasten der Oberbekleidung am Eingang/Ausgang des Unternehmens – sog. Werkstorkontrolle. Nach anderer restriktiverer Ansicht soll eine präventive Überwachung der Arbeitnehmer dagegen sogar allgemein unzulässig sein und die Kontrolle stets eines konkreten Anlasses bedürfen.
Auch nach der herrschenden Ansicht darf bei Präventivkontrollen jedenfalls nicht ohne Weiteres eine weitergehende körperliche Untersuchung in der Form einer Leibesvisitation erfolgen, sondern nur, wenn sich ein besonderer Grund oder der konkrete Verdacht einer Straftat ergibt – z. B. aus der Taschenkontrolle oder anderen Umständen.
Das Meinungsbild in der Fachliteratur ist gespalten. Teilweise wird als Maßstab für die Verhältnismäßigkeit von Personenkontrollen auf die "Branchen- oder Betriebsüblichkeit" oder eine Häufung von Diebstählen abgestellt. Teilweise soll ein "berechtigtes Interesse des Arbeitgebers" genügen und konkret das Abtasten der Oberbekleidung noch zulässig sein, jedoch keine weitergehende körperliche Durchsuchung in Form einer "Leibesvisitation".
Zu vorgenannten Fragen gibt es keine einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und keine belastbare Rechtsprechung anderer hochrangiger Arbeitsgerichte. Zwar hat das BAG bereits mehrfach zur Mitbestimmungspflicht bei Mitarbeiterkontrollen im weiteren Sinne und über die Zulässigkeit von (dauerhafter, präventiver) Überwachung mit Mitarbeitern durch Videokameras entschieden. Richtigerweise sind die Kriterien zur Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer einerseits und der Kontrollinteressen des Arbeitgebers andererseits im Hinblick auf eine dauernde Videoüberwachung des Arbeitsplatzes aber nicht mit den Abwägungsmaßstäben für die letztlich doch stets nur stichprobenhafte Personenkontrolle am Werkstor oder innerhalb des Betriebs vergleichbar. Aus der körperlichen Untersuchung entsteht für den Mitarbeiter kein konkreter dauerhafter Überwachungsdruck, auch wenn eine Personenkontrolle jederzeit angeordnet werden kann.
Rechtsgrundlagen
Für die Praxis ist zu empfehlen, Mitarbeiterkontrollen nur aufgrund einer möglichst belastbaren Rechtsgrundlage vorzunehmen. Für die Durchführung ist daher grundsätzlich die Einwilligung des betroffenen Arbeitnehmers erforderlich. Allerdings wird die erforderliche Einwilligung überwiegend bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags konkludent als erteilt angesehen.
Überdies wird die Einführung von Mitarbeiterkontrollen einschließlich von Personenkontrollen durch Betriebsvereinbarung allgemein als zulässig erachtet. Die Einführung und Ausgestaltung von Mitarbeiterkontrollen unterfällt dabei dem Mitbestimmungstatbestand der betrieblichen Ordnung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Anlassbezogene Einzelkontrollen
Zu anlassbezogenen Einzelkontrollen ist dagegen nun der Maßstab nach § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG zu beachten – es muss ein konkreter und dokumentierter Tatverdacht für die Kontrolle bestehen, z. B., wenn es bereits zu Vermögensschaden aufgrund von Diebstählen oder anderen Straftaten gekommen ist und dafür nur einer oder mehrere bestimmte Mitarbeiter in Betracht kommen. Verweigert der Mitarbeiter die Durchsuchung, so darf kein Zwang angewendet werden. Diese Maßnahme ist der Polizei vorbehalten, die ggf. hinzuzuziehen ist.
Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit bei Durchführung
Bei der Durchführung von Taschenkontrollen und persönlichen Durchsuchungen sind der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Übermaßverbot zu beachten. Von einer systematischen Präventivkontrolle (z. B. am Werkstor, Eingang) müssen grundsätzlich alle betroffenen Arbeitnehmer gleichmäßig erfasst werden. Finden nur stichprobenartige Prüfungen statt, so muss die Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer nach neutralen Kriterien so erfolgen, dass jeder Arbeitnehmer irgendwann kontrolliert wird. Die Durchsuchung muss verhältnismäßig sein und darf das Ehrgefühl der Mitarbeiter nicht verletzen. Deshalb ist in der Regel nur das Öffnen mitgeführter Taschen zulässig. Weitergehende körperliche Durchsuchungen nicht.