Anfechtung Mietvertrag wg. Nutzungsuntersagung?
Hallo,
ich habe mal eine theoretische Frage und hoffe, dass mir jemand helfen kann.
Ein Mieter erfährt nach 9 Jahren Mietzeit zufällig, dass die von ihm bewohnte Wohnung illegal errichtet wurde (Schwarzbau). Es besteht daneben der dringende Verdacht, dass schwerwiegende bau- und brandschutzrechtliche Mängel bestehen.
Kurz nach Kenntnis der Umstände erklärt der Mieter dem Vermieter gegenüber eine Eventualanfechtung für den Mietvertrag, für den Fall, dass sich herausstellt, dass die Wohnung wegen der Bau- und Brandschutzmängel niemals bewohnt werden durfte.
Die Baubehörde arbeitet langsam und stellt dann 2,5 Jahre nach der erklärten Anfechtung tatsächlich fest, dass die Wohnung nicht bewohnbar ist und dass "Gefahr in Verzug" sei. Es wird eine sofortige Nutzungsuntersagung ausgesprochen.
Ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung noch durchsetzbar oder ist es ein Problem, dass zwischen Erklärung und Nutzungsuntersagung vom Amt so viel Zeit vergangen und die 10-Jahres-Frist schon überschritten ist?
Danke für eure Tipps.
9 Antworten
Nein. Das ist kein Grund, den Vertrag anzufechten. Denn der Mietvertrg ist trotz fehlender Behördengenehmigung voll rechtsgültig. Sowohl Mieter als auch Vermieter haben die Pflichten zu erfüllen.
Das Problem fängt erst ab dem Zeitpunkt an, ab dem die Behörden die weitere Nutzung untersagen und der Mieter ausziehen muss. Denn der Vertrag besteht trotzdem, nur dass ihn der Vermieter nicht mehr erfüllen kann. Das bedeutet, der Vermieter wird gegenüber dem Mieter schadenersatzpflichtig für alle Kosten im Zusammenhang mit dem Umzug und einer eventuell teureren Miete in einer anderen Wohnung.
das ändert aber nichts daran, daß Mieter und Vermieter einen gültigen Vertrag haben.
Falsch. Erstens handelt es sich um einen Rechtsmangel, keinen Sachmangel. Das die Mietsache auf deine Anzeige hin baurechtlich nicht mehr als Mietwohnung gilt, ändert nichts an eurem beiderseits 9 Jahre lang erfüllten Mietvertrag: Wohnen gegen Miete.
Zweitens muss der VM Kenntnis dieses Umstandes bei Mietvertragschluss gehabt haben. Was zu beweisen wäre, wenn man sich darauf beruft.
Ich empfehle dir als "Experte für Recht" einmal die Lektüre der Urteile https://openjur.de/u/775181.html
In diesem werden duzende Urteile zu genau dieser Sache zitiert. Ebenso wird ausgeführt, dass es ein Sachmangel ist. Ein Rechtsmangel ist etwas ganz anderes - z. B. wenn ich etwas vermiete, was mir gar nicht gehört.
Die Baubehörde arbeitet langsam und stellt dann 2,5 Jahre nach der erklärten Anfechtung tatsächlich fest, dass die Wohnung nicht bewohnbar ist und dass "Gefahr in Verzug" sei. Es wird eine sofortige Nutzungsuntersagung ausgesprochen.
Nein, das wird beim besten Willen juristisch nicht haltbar sein. Nachdem das Haus anscheinend noch steht, kann man nach 2,5 Jahren nicht mit "Gefahr im Verzug" argumentieren. Eine solche Einschätzung muss unverzüglich (vgl. § 121 BGB) erfolgen.
Zu viele "wenns".
Das wird also ein Richter entscheiden müssen.
Richter befassen sich nicht mit reinen Theorien!
eine theoretische Frage
Nun ja es wird eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen.....dann würde ich mal zum Anwalt gehen und schauen was sich da machen lässt. Es muss dir eine Wohnung zur Verfügung gestellt werden oder ein Hotel und was mit den kosten über Jahren ist würde ich mal abklären lassen. Da dürfte einiges auf den Vermieter zu kommen da er diese Wohnung auch mit Sicherheit nicht angemeldet hat.
da er diese Wohnung auch mit Sicherheit nicht angemeldet hat.
Bei wem angemeldet?
Wozu Anwalt? - eine theoretische Frage -
Welchen mietrechtlichen Mangel sähe man da? Es wurde 9 Jahre lang eine "Tauglichkeit zur vertragsgemäßen Nutzung" gewährt, nämlich wohnen, für die ein Nutzungsentgelt, Miete, entrichtet wurde.
Arglistige Täuschung des VM setzt dessen Kenntnis voraus, das die Mietsache bei Mietvertragsschluss tatsächlich unbewohnbar war. Wie wollte man die beweisen?
Danke für die Antwort. Einem Hauseigentümer ist wohl zuzumuten, dass er weiß, was in seinem Haus genehmigt ist, zudem er das Haus auch selbst errichtet hat. Nachträglich in Kenntnis ungenehmigt zusätzliche Wohnungen (z. B. im Dachgeschoss und im Keller) zu errichten und dabei sämtliche Brandschutz- und Bauvorschriften zu missachten ist nunmal kein Kavaliersdelikt. Arglistige Täuschung wird es spätestens dann, wenn man dem Interessenten dann vorgaukelt, dass es sich um Räume handelt, die zum Wohnen geeignet sind und er in diesem (falschen) Glauben den Mietvertrag unterschreibt. Die Schwere der Mängel ist unbestreitbar - nicht umsonst hat das Bauamt bei einer ersten Begehung ein sofortiges Nutzungsverbot ausgesprochen.
Höchstrichterlich entschieden ist bereits hundertfach, dass das ein Sachmangel ist (und kein Rechtsmangel). Sachmängel führen nahezu immer zu einer Minderung der Miete. Auch hierzu gibt es umfassende Rechtsprechung bis hin zum BGH - und es reicht im vorliegenden Fall aus, dass der Mangel (seit Mietbeginn) vorhanden ist. Wann er seine schädliche Wirkung zeigt (zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung) ist unerheblich.
Die Voraussetzungen für die Anfechtung sind nach einheitlicher Rechtsprechung gegeben. Meine Frage zielte nur auf den Zeitpunkt und mögliche Verjährung ab.
Es handelt sich um einen Sachmangel, der schon bei Vertragsschluss bestand und welcher vom Vermieter verschwiegen wurde. Somit fängt das Problem nicht erst mit der Nutzungsuntersagung an.