Zusammenstoß mit Rettungswagen - Schuldfrage?
Hallo zusammen,
ich benötige an dieser Stelle die Hilfe von Menschen mit Hintergrundwissen zur Rechtslage im Straßenverkehr.
Folgendes ist mir am heilig' Abend passiert:
als Abbieger an einer Kreuzung habe ich Grün bekommen und bin auch erst bei Grün angefahren. Während des Abbiegevorgangs nach Links (kein extra Grünlicht für Linksabbieger: Gegenverkehr HAT generell ROT) knallte mir mit voller Wucht und völlig unerwartet ein NEF, also ein Notarzteinsatzfahrzeug in die Front meines Kombis. Die komplette Stoßstange wurde weggerissen, meine Airbags gingen auf... beide Fahrzeuge standen demoliert auf der Kreuzung. Das NEF kam OHNE Martinshorn angerast und völlig ohne Sorgfalt, selbst runterzubremsen und die Kreuzung VORSICHTIG zu überfahren. Laut Aussage der Beifahrerin des NEF's, gab es ca. 100m vor der roten Ampel eine Einsatzabsage und der Fahrer schaltete das Martinshorn ab, fuhr aber (lt. Aussage d. Beifahrerin) weiter mit ca. 120kmh über die rote Ampel, welche ich in dieser Sekunde befuhr.
Ich hatte keine laute Musik oä. an und hätte ein Martinshorn wahrgenommen - so wäre es nicht zu einem Unfall gekommen. Durch die massiv überhöhte Geschwindigkeit und das fehlende Horn, konnte ich kaum reagieren. Ich erinnere mich, noch gebremst zu haben, da knallte es aber schon. Da das NEF auf der rechten Spur fuhr und ich nach links abbog, war eine weitgehende Einsicht in die Kreuzung auch erst mit Befahren dieser möglich. Zusätzlich kam das Fahrzeug ja mit ca.120km/h angerast, sprich es trat unmittelbar aus dem, für mich toten Winkel, hervor.
Mehrere Zeugen boten mir umgehend ihre Hilfe an, da auch diese wahrgenommen haben, dass das Martinshorn NICHT angeschaltet war.
Da ich für das KFZ und den gerade neu verbauten Motor noch große Beträge offen habe, stellt sich mir die Frage nach der Schuldzuordnung. Ich persönliche sehe keine Teilschuld bei mir - für mich liegt die Schuld zu 100% bei dem Fahrer des NEF's. Der Fahrer sowie die Beifahrerin (welche die eigentliche Notärztin ist), sahen es genau so. Die Polizeit wollte keine klare Aussage tätigen, jedoch teilte mir der Beamte mit, die Gegenseite, also der Fahrer des NEF's. stände auf der linken Seite in der Unfallaufnahme und dort stünde normalerweise der "Schuldige". Auch ist bei diesem ein Bußgeld vermerkt, was mir vermittelt, dass es seitens NEF-Fahrer defintiv ein Vergehen gab.
Wie seht ihr die Schuldfrage? Kann man mir eine Teilschuld zuordnen? Ich befuhr bei Grüner Ampel eine Kreuzung, hörte kein Martinshorn und schon knallte es. Wie hätte ich anders reagieren sollen? Bei Grünlicht fährt doch keiner bis zur Sichtlinie und bleibt dort erst mal stehen, in der Erwartung, dass ein Rettungswagen angeballert kommt. Dafür hat dieser ja sein Martinshorn - in diesem Fall wäre ich besonders sorgfältig gewesen und hätte erst mal geschaut, ob da was kommt. So konnte ich nicht reagieren.
Ich hoffe auf kompetente Antworten - und hoffe darauf, dass ihr einen besseren heilig Abend hattet.
Danke.
11 Antworten
Melde den Unfall an DEINE KFZ-Versicherung und schildere das genau so wie hier und gib deine Kopie der Unfallaufnahme der Polizei dazu.
Die Polizei darf gar keine Aussage zur Schuld machen. Das wäre Sache einer Gerichtsverhandlung.
Das die Polizei Kopien von Unfallaunahmen an Privatpersonen aushändigt wäre mir neu.
Eine Teilschuld deinerseits kann ich nicht erkennen.
Ohne Horn hat das NEF keine Wegerechte. Das Gesetz und auch einschlägige Gerichtsurteile sind auf deiner Seite.
Bei Grünlicht darfst du darauf vertrauen, dass auch wirklich frei ist.
Eher frage ich mich, ob der Fahrer des NEF noch alle Tassen im Schrank hat. Horn ausschalten und dann noch mit 120 km/h über eine rote Ampel brettern... (wobei ich die 120 als Aufprallgeschwindigkeit zumindest anzweifle, das hätte eigentlich Schwerverletzte geben müssen).
Und selbst mit Horn fährt man nicht mit so einem Speed über eine rote Ampel...
Das hört sich nach einem dermaßen massivem Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten und Verkehrsregeln an, da würde es mich sehr wundern, was man dir noch andrehen sollte, was eine Teilschild begründet. Auch die Betriebsgefahr mit der man ja oft kommt, sollte hier keine Rolle spielen.
Könnte gut sein, dass das ganze noch eine strafrechtliche Folge für den NEF-Fahrer hat...
Meiner Meinung nach trägt hier der Fahrer des Notarztwagens die volle Schuld. Mit 120km/h über eine rote Ampel zu fahren ist einfach nur fahrlässig und Sonderrechte gelten meines Wissens auch nur bei eingeschaltetem Martinshorn.
ehemalige Fahrer des NEF ....
der Arbeitgeber wird diesen garantiert nicht weiterbeschäftigen .......
Die "Wegerechte" nach §38 StVO gelten nur bei eingeschaltetem Sondersignal (also blaues Blinklicht und Einsatzhorn). Sonderrechte sind davon erstmal unabhängig.
Das macht hier aber keinen Unterschied, da das NEF "Wegerechte" braucht, um über eine rote Ampel fahren zu können... Die hatte er hier nicht...
Auch wenn ein Einsatzabbruch nicht erfolgt wäre, haben Fahrzeuge mit Sonderrechten (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Bundeswehr,...) eine Sorgfaltspflicht gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern. Ohne Sonderrechte (Blaulicht UND Folgeton) ist es diesen Fahrzeugen NICHT gestattet, über rote Ampeln zu fahren. Hat er es in diesem Fall (wie du es beschrieben hast) es doch getan, so hat er gegen die StVO verstoßen.
Ich bin kein Anwalt oder so, aber ich sehe da für dich keine wirklichen Konsequenzen, da du ja nichts falsch gemacht hast. Im Normalfall müsste der Fahrer des NEF die komplette Schuld bekommen und seine Versicherung für deinen Schaden aufkommen.
Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen und hoffe, das dir oder den anderen Beteiligten des Unfalls nichts weiter passiert ist.
Lg Martin
Sonderrechte ja, Wegerechte nein! Das Wegerecht (also auch das Recht über rote Ampeln zu fahren) besteht NUR mit Blaulicht in Verbindung mit dem Folgetonhorn. Alles andere ist unzulässig und gilt meines Wissens auch für die Polizei.
Sollte das Rettungsfahrzeug doch einmal ohne Martinhorn in eine Kreuzung einfahren, dann natürlich mit noch mehr Aufmerksamkeit als ohnehin schon nötig ist.
Hallo MartinsWelt
Nur zur Info :
Das Wegerecht (also auch das Recht über rote Ampeln zu fahren)
Das Recht über eine Rote Ampel zu fahren unterliegt nicht dem Wegerecht( § 38 STVO) . Von der STVO darf man abweichen also die Rote Ampel überfahren , wenn man sonderechte nach § 35 STVO hat .
Der Rettungsdienst hat nur Sonderrechte in Verbindung mit dem Wegerecht .
Er darf demzufolge eine Rote Ampel nur mit eingeschaltetem Blaulicht und Signalhorn überfahren .
Gruß
Der Unterschied zwischen Sonderrecht und Wegerecht wurde ja schon kommentiert. Die Polizei nutzt diesen Unterschied tatsächlich aus, wenn z.B. Täter bei einem Einbruch nicht verjagt werden sollen. Da wird das Horn, teilweise auch Blaulicht, 1km vor dem Objekt ausgeschaltet. Vor allem bei Zivilfahrzeugen ist das natürlich kritisch, weil der normale Verkehrsteilnehmer nicht erkennen kann, dass es sich um eine Einsatzfahrt handelt. Wird aber gemacht und ist vom 35StVO gedeckt. Inklusive Rotlichtverstöße.
Hallo H0mmes,
wie andere hier schon geschrieben haben, gilt bei Einsatzfahrten:
- Wegerechte hat das Einsatzfahrzeug nur bei eingeschaltetem Blaulicht UND Signalhorn (Ausnahme Polizei auf "Schleichfahrt")
- Trotz des Sondersignals hat der Fahrer des Einsatzfahrzeugs beim Einfahren in den Kreuzungsbereich besondere Aufmerksamkeit und Vorsicht walten zu lassen
- Sonder- und Wegerechte dürfen nur in Anspruch genommen werden, wenn "höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder großen Schaden abzuwenden".
Auf der anderen Seite liegt es dann aber an den ermittelnden Behörden bzw. dem Richter auch zu beurteilen, ob Du als Unfallgegner die allgemein im Straßenverkehr notwendige Aufmerksamkeit hast walten lassen. Gründe für eine Teilschuld Deinerseits könnten z.B. zu laute Musik, Ablenkung durch Handy, Mitfahrer etc., Übermüdung etc. sein. Letztendlich wird man beurteilen müssen, ob Du die nahende Gefahr (ggfs. auch ohne akustisches Sondersignal) hättest erkennen kennen oder sogar müssen (z.B. anhand der Reaktion von anderen Verkehrsteilnehmern, Einsehbarkeit des Querverkehrs etc).
Ich maße mir jetzt nicht an, aus der Ferne ein Urteil zu bilden. Das ist aufgrund einer einzigen Aussage und ohne Orts- und Detailkenntnis etc. nicht möglich.
Rein von Deiner Schilderung her würde ich Dir gute Chancen einräumen, schuldfrei oder mit einer geringen Teilschuld aus der Sache heraus zu kommen. Letztendlich sind es aber eine ganze Reihe von Aspekten, welche die ermittelnden Behörden mit berücksichtigen müssen. Deshalb konnte und wollte Dir die Polizei vor Ort auch keine direkte Antwort auf die Schuldfrage geben.
Allerdings kommt es bei Unfällen im Straßenverkehr sehr selten vor, dass eine Partei 100% der Schuld zugesprochen bekommt. Denn mit den leider oft sehr schwammigen Paragraphen lässt sich immer auch auf der Gegenseite ein (mehr oder weniger kleiner) Fehler finden. Ich selbst habe es mal (als Beifahrer) erlebt, dass jemand bei einem Spurwechsel ohne zu blinken einen Unfall verursacht hat - und mein Fahrer letztendlich zumindest eine 15%ige Teilschuld bekommen hat, da er "jederzeit mit Fehlern anderer zu rechnen" hätte...
Hallo Sammy. Danke für deine Einschätzung. Beifahrer hatte ich keine an Bord und das Radio lief sogar auf eher leiser Lautstärke, stellte daher keine Ablenkung dar. Andere Verkehrsteilnehmer waren in dieser Situation nicht beteiligt und können daher kein anderes Verhalten aufzeigen. Ich bin als Linksabbieger mit Blick nach links abgebogen und habe herannahendes Blaulicht wahrgenommen. Dieses konnte ich erst im Abbiegevorgang wahrnehmen, da der Winkel der Kurve dies früher nicht zuließ. In der Sekunde knallte es aber auch schon.Wenn man mich fragen wird, was ich hätte anders machen können, werde ich darauf keine Antwort haben. Bei Grün fährt man, die Sichtlinie dient ja nur zur Sichtung des Verkehrs bei ausgeschalteter Ampelanlage. Ich muss daher sagen, auch wenn es vermessen klingen mag, dass ich mir absolut keiner Schuld bewusst bin. Ich hätte hier das Martinshorn als richtiges Mittel der Wahl gesehen, denn so wäre man gewarnt gewesen, dass da etwas naht. So wäre man umsichtig vorgefahren und hätte den NEF passieren lassen können.
Ich hoffe sehr, dass die Schuldfrage hier möglichst zu 100% zu Lasten des NEF - Fahrers ausfällt. Wünschen tut man dies keinem, aber hier ist die Lage für mich eigentlich klar.
LG H0mmes
Er darf schon über rote Ampeln fahren. Die Sonderrechte hat er unabhängig vom Sondersignal. Aber er darf nicht damit rechnen, dass ihm jemand Platz macht, ohne SoSi.
Ist aber eher für die Polizei relevant (stille Anfahrt).
Von daher im Ergebnis richtig.