Wie kann ich gegenüber meiner Nachbarn freundlich, aber deutlich Grenzen setzen?
Guten Tag, es geht um folgendes: Vor einem Jahr sind mein Mann und ich in ein Dorf gezogen. Die Wohnung ist ein Traum und der Vermieter unschlagbar :) Wir hatten sehr viel Glück. Aber schon beim Einzug kam es immer wieder unangenehme Situationen mit den Nachbarn. Nein, nicht mit allen. Zum Glück nicht :)
Als unsere Wohnungstür offen stand, kam ein Nachbar herein und schaute sich auf dem Flur um. Ich war wie vom Donner gerührt und wusste gar nicht, was ich machen sollte. Zum Glück war unser Vermieter grad anwesend und der Typ ging wieder.
Auf dem weg zur Garage versperrten mir mehrere Nachbarn den Weg, standen auf der Strasse und plauderten. Sie sahen mich an, machten aber nicht Platz. Ich saß im Auto und hab erstmal abgewartet. Bin nicht der Typ Frau, die schnell was sagt.
Ein Kleingärtner sprach mich, als ich vom Einkaufen kam, darauf an, dass ich Müll in den Gärten entsorgt haben soll. Ich verneinte dies. Er antwortete, dass niemand so etwas zugibt. Als ich fragte, wer behauptet hat, dass ich in den Kleingärten Müll etsorge, wollte er keine Namen nennen.
Als wir gemeinsam frei hatten, gingen mein Mann und ich im nahegelegenen Park spazieren. Zwei Frauen aus der Nachbarschaft beobachteten uns, steckten die Köpfe zusammen, deuteten auf uns und machten abwertende Handbewegungen. Mein Man ist auf die Frauen zugegangen, hat sich vorgestellt und gefragt, was sie dazu veranlasst, so herablassend zu sein. Sie waren ganz erschrocken, entschuldigten sich und versuchten das Gespräch auf einen alleinstehenden Herrn zu richten, mit dem wir uns gut verstehen. Sie erzählten, dieser sei nicht ganz dicht. Mein Mann lies sich nicht darauf ein und erklärte ihnen, dass wir uns gut mit ihm verstehen und nichts negatives über ihn zu erzählen haben. Daraufhin gingen sie weiter.
Auf dem Weg zur Garage traf ich einen Tag später wieder auf die beiden. In Hörweite redeten sie schlecht über mich und starrten mich an. Es fielen Worte wie "... komische Neue".
Ein Nachbar versuchte sehr fordernd und penetrant, mich auszuhorchen. Er wollte wissen, was mein Beruf ist, wo genau ich arbeite, was wir in der Freizeit machen, wie vele Freunde wir haben, wie oft wir Besuch bekommen etc. Dabei kam er mir körperlich immer näher. Wenn andere dabei sind, beachtet er mich nicht, grüßte nicht, aber wenn ich alleine bin, hängt er mir am Kragen.
Mit den Nachbarn direkt gegenüber verstanden wir uns sehr gut, bis ich sie auf die Vorfälle mit den anderen ansprach und wissen wollte, ob sie nach ihrem Einzug ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Seitdem gehen sie uns aus dem Weg, grüßen nicht mehr.
Diese und weitere Vorfälle lassen mich nicht los. Bisher hab ich die unangenehmen Nachbarn und ihre Eigenheiten ignoriert, fühle mich aber nicht wohl damit. Fühle mich unsicher, wie ich reagieren soll. Wegziehen können wir nicht, lt. Mitvertrag sind wir für 3 Jahre an die Wohnung gebunden. Und es sind nicht alle so, nur so 6 oder 7 Leute.
Wie kann ich freundlich Grenzen setzen? Habt ihr Rat?
6 Antworten
Du bist nicht zufällig in ein schwäbisches Dorf gezogen?
Ich habe 25 Jahre als Nordlicht in einem schwäbischen Dorf gewohnt und war selbst nach dieser Zeit noch eine "Reing'schmeckte".
Weiterhin freundlich grüßen "guten Tag" und "guten Weg" wünschen; keine Informationen über sich selbst preisgeben (die Leute wissen ohnehin mehr über Dich als Du selber) und ansonsten ignorieren. Die Richtigen werden sich schon zusammenfinden.
Bei uns heißt das hier "Grüß Gottle!". Da wird selbst der Herrgott in
der Verkleinerungsform gebraucht. Ich konnte mich anfänglich immer kaum abbremsen breit grinsend zu sagen: "Gern, wenn ich ihn treffe!"
Ich bin in einem kleinen Hamburger Dorf namens Hausbruch südlich der Elbe groß geworden. Bei uns war das früher auch üblich, keine Haustüren abzuschließen und Nachbar kam einfach rein. Wenn die Nachbarin sah, daß Großmutter, Mama und ich morgens in die Stadt zum Einkaufen und Schaufensterbummel fuhren, dann wußte sie, daß wir erst am Nachmittag zurückkamen.
Wenn wir dann ins Haus kamen, stand der Kaffeepott dampfend auf dem Herd und die Nachbarin hatte Kuchen gebacken. Sie saß dann mit ihrem Nadelspiel auf der Eckbank und wartete
in unserem Haus auf uns, um dann neugierig zu schauen, was wir in der Stadt gekauft hatten.
Damals, 15 Jahre nach dem Krieg, hatte kaum jemand ein Schnappschloß. Da hätte sich auch nie jemand aus dem Dorf an
irgendwelchen Sachen vergriffen. Wenn sich die Nachbarin Eier aus dem Eierschränkchen nahm, dann kam das in Form von Kuchen, Obst, Gemüse oderaus der Selbstschlachtung wieder retour. Da war es üblich, daß man die Früchte des eigenen Gartens tauschte und sich gegenseitig beim Hausputz half.
Wenn Ostern oder Weihnachten anstand, dann schlossen sich
immer 5 Frauen zusammen und innerhalb einer Woche waren 5 Häuser vom Keller bis zum Dachboden geputzt. Heute putzt jede Frau einsam und verlassen für sich.
Kam eine Frau nieder, war es selbstverständlich, daß die anderen Frauen sich um den Hof und die älteren Kinder kümmerten und diese in Obhut nahmen. Da paßte auch eine Mutter ganz selbstverständlich auf die Kinder anderer Mütter mit auf und
auch die Ohrfeigen wurden gleichermaßen an die eigenen und Nachbars Kinder verteilt.
Ja, damals war die Welt noch in Ordnung und die Menschen hielten noch ganz anders zusammen.
Du kannst so unangenehme Leute nur ignorieren.
Wenn sie auf dem Weg in Deine Garage im Weg stehen, hupst Du und fährst weiter.
Das legt sich mit der Zeit.
Danke für deine Antwort. Mein Mann sagte mir fast dasselbe- wir sind erstmal die Neuen, mit der Zeit gehören wir einfach automatisch dazu :) Aber ich fühle mich nicht wohl mit der Situation.
Wenn Dein Mann Dir das Gleiche sagt, ist es sicher auch richtig.
DU musst lernen, NEIN zu sagen und Dich auch abzugrenzen.
Da musst du durch.
Nut so erntest Du Respekt.
Wer nicht klare ansagen machen kann, wird nicht ernst genommen.
Zu lieb ist hier fehl am Platz.
Alles Gute für Dich.
Grüß dich, hast du einen Rat, wie ich freundlich, aber bestimmt Grenzen setzen kann?
Hat sich erledigt :) Habe es geschafft, mir Respekt zu verschaffen, indem ich gar nicht nachgedacht und sofort etwas gesagt und getan habe.
Zuerst waren sie sprachlos, dann trotzig und wütend, haben es erneut versucht, ich hab wieder gekontert- jetzt ist Ruhe :) Bin total erleichtert. Der erste Schritt, überhaupt etwas zu sagen, war unheimlich schwer. Als nachgesetzt wurde, kam ich ins straucheln, bin aber standhaft geblieben :)
Hätte nie gedacht, dass ich mal so schlagfertig und dadurch gelassen sein kann.
Nachbar: "Ich habe gesehen, dass sie ganz früh das Haus verlassen haben, wo waren sie?"
Ich: "Geheimes Regierungsprojekt, darf ich nicht drüber sprechen." (War das allererste, was mir durch den Kopf geschossen war. Hatte am Abend zuvor Akte X geschaut.)
Nachbar: "Was soll dass denn heißen?! Wo sind Sie hingefahren?"
Ich: "Geheimhaltungspflicht."
Er hat geschimpft (der Neugierige, der so Interessiert daran ist, mich auszufragen) und ist gegangen. Am nächsten Tag hat er mich nicht gegrüßt, am übernächsten Tag haben wir ganz normal miteinander geplaudert und Smalltalk übers Wetter gehalten.
Ich geb zu, ich hab Blut und Wasser geschwitzt, hab nicht schlafen können weil ich über der Frage brütete: War die Reaktion ok? Aber ich hab es geschafft.
Akt 2: Wieder blockierten mehrere Herrschaften den Weg zum Parkplatz. Wieder habe ich nicht nachgedacht und nur reagiert. Ganz dicht rangefahren, Motor aus, Handbremse gezogen, abgeschnallt, ausgestiegen, zu ihnen gestellt, gegrüßt und mir eine Zigarette angezündet (hab gezittert wie Espenlaub), das Gespräch endete schlagartig. Die Leuten schauten mich an, dann mein Auto... "Oh, Entschuldigung, wir stehen ja im Weg!" Ich konnte zu meinem Parkplatz fahren, sie steckten die Köpfe zusammen und später grüßten sie freundlich.
Puh, das war eine sehr, sehr schwere Geburt! Aber es hat sich gelohnt.
Nochmals tausend Dank an alle, die mir Mut gemacht haben, meine Frau zu stehen :)
Habe beim Lesen herzhaft gelacht. Gut gemacht, liebes Nordlicht!
Danke. War ne verdammt schwere Geburt :)
Vorsicht vor Dörfer und Dörflern kann ich da nur sagen. Die ticken oft anders und das sind lang gewachsene Strukturen. Da könnt ihr euch nur anpassen, fortziehen oder ewig ausgeschlossen und Fremdkörper bleiben. Ihr scheint da einfach nicht reinzupassen.
Mal ein Beispiel: Bekannte von uns wohnen auch relativ ländlich. Bei denen ist es üblich, dass die Türen nicht abgeschlossen sind und niemanden dort stört es, wenn die Nachbarn plötzlich im Wohnzimmer stehen. Für mich wäre das unerträglich. Die lieben es.
Grüß dich, es würde mich nicht stören, ausgeschlossen zu sein. Schließlich kann nicht jeder mit jedem :) Aber mir geht das öffentliche Lästern und abwertende Verhalten zu weit.
Als ich noch bei meinen Schwiegereltern wohnte, stand plötzlich ein großer, bulliger Mann mit dreckiger Latzhose in der Küche und fragte nach meinem Schwiegerpapa. Ich hatte Panik und rief bei Schwiegermama auf der Arbeit an. Es war der Bauer von nebenan gewesen, der immer ein- und ausgeht *lach :) Bei der nächsten Gartenparty hab ich ihn angesprochen und gesagt, ich dachte, er sei ein Einbrecher. Daraufhin haben wir gelacht, Korn getrunken und wenn er seitdem in der Wohnung stand, war alles gut. :)
Na siehst du. Alles Gute für euch und haltet die Ohren steif.
Ich würde den Nachbarn den "Wind aus den Segeln nehmen"..und sie mal zum Kaffee einladen.
- So eine kleine "Welcome-Kaffee-Runde"
Sie kennen euch nicht und gerade auf dem Land/Dorf kommt es (leider) manchmal zu komischen Situationen.
Wenn du ihnen aber offen begegnest, wirst du sehen, dass es besser wird- es dauert vllt. ein bischen, aber es wird ;-)
Zumal ihr eure Traumwohnung gefunden habt.....so schnell würde ich da nicht resignieren.
Liebe Grüße- viel Erfolg und ein schönes Wochenende.
Hallo, vielen Dank für den Tipp :) Ich hab auch schon Einladungen ausgesprochen, kurz nach dem Einzug, damit man sich kennenlernt. Bisher ist noch niemand der Einladung gefolgt. Kommt vielleicht noch.
Dir auch ein schönes WE :)
Das kommt noch- vllt. wars auch gleich nach dem Einzug zu früh;-)
Probiere es einfach nochmal und sage ein Datum und eine Uhrzeit. ( muss nix Grosses sein ).Das kannst du persönlich machen oder du schreibst ein paar Zeilen auf dem PC und wirfst sie in die Briefkästen.
Manche brauchen echt auch etwas länger, aber meist überwiegt dann doch die Neugierde auf die "Neuen".Gebe ihnen die Gelegenheit dich/euch besser kennenzulernen.
Klar wird es auch nicht so sein, dass du mit allen "gut kannst" - muss man ja auch nicht........aber ein freundliches Miteinander - wenn es auch nur auf Grüßen beschränkt- machts allen einfacher. Lg
P.S. Spreche aus Erfahrung- wohne auch auf dem Land ;-)
Ok, dann werd ich meine Einladung im Frühjahr wiederholen :) Vielleicht snd sie bis dahin etwas "aufgetaut" :)
Grüß dich, nein, bin als Nordlicht nur noch etwas nördlicher gezogen :)