Wer hält das Urheber- und Nutzungsrecht an Unterrichtsmaterialien?
Hallo zusammen.
Die Frage hat keinen aktuellen Anlass, treibt mich aber schon länger um:
Wer hält denn die Urheber- und Nutzungsrechte an selbsterstellten Unterrichtsmaterialien? In einem Unternehmen ist's klar: Wenn ein Ingenieur was für den Betrieb plant, gehören die Rechte dem Betrieb.
Aber wie ist das mit (verbeamteten, falls das was zur Sache tut) Lehrern? Könnte mir das Land verbieten, bei einem Bundeslandwechsel meine Materialien im neuen Land wiederzuverwenden? Bei Schulwechsel innerhalb des Bundeslandes dürfte es kein Problem sein, Dienstherr ist bei uns das Land Rheinland-Pfalz, nicht die Schule.
Oder andersrum, das könnte vielleicht sogar wirklich mal relevant werden: Darf ich meine Unterrichtsmaterialien, die ich im Rahmen meines Berufs erstellt habe, bspw. als Buch veröffentlichen?
In der Praxis wird da wohl kein Hahn danach krähen. Würd' mich halt nur mal interessieren, wie es rein rechtlich aussieht.
5 Antworten
Das UrhG schreibt in Nutzungsrechte:
Die Vorschriften dieses Unterabschnitts sind auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt. § 43 Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen
Nur bei Urhebern von Software ist es strikter geregelt, siehe § 69b Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen:
(1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.
(2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.
Bei Software benötigt der Arbeitnehmer eigens einen besonderen Vertrag, der ihm die eigene Nutzung seines Werkes erlaubt - und bei allen anderen Werken kommt es auf die Art des Verhältnisses an, das zwischen Boss und Arbeiter herrscht. Ähnlich sehen das auch die Anwälte auf dieser Website (Hervorhebungen von mir; bitte dort weiterlesen!):
Die Rechtsprechung erkennt an, dass dem Arbeitgeber (Dienstherr) kraft Arbeitsvertrag (Dienstvertrag) weit reichende und auch ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt werden, und dass sogar über das Arbeitsverhältnis (Dienstverhältnis) hinaus. Dies gilt jedoch nur für solche Werke, die der Arbeitnehmer (Dienstnehmer) im Rahmen des Arbeitsverhältnisses (Dienstvertrages) und in Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten geschaffen hat.
Gruß aus Berlin, Gerd
Ich danke Dir, das beantwortet meine Frage tatsächlich umfassend.
Eine kleine Frage hätt ich aber noch, auch wenn ich das genauso interpretieren würde - und sich dummerweise die Möglichkeit "kreativer" Tafelbilder u.Ä. in der Elektrotechnik arg in Grenzen halten: Ist Deine Ergänzung Deine persönliche Einschätzung, oder hast Du die aus einem Gerichtsurteil oder Ähnlichem?
Urteile liegen mir nicht vor, ich habe auch keine gesucht. Dies sind lediglich meine Interpretationen der zuvor zitierten Texte.
Hey,
eigentlich ist es immer so, dass wenn ich jetzt etwas erstelle, dass ich auch das Recht daran habe. Genauso ist es auch bei dem Urheberrechtsschutz bei Bilder. Wenn ich ein Bild mache, dann habe ich auf dieses Bild mein Urheberrecht und kein anderer darf es benutzen (ohne meine Erlaubnis).
Wenn du jetzt die Schule wechselst in ein anderes Bundesland, dann müsstest du die Arbeitsblätter ggf. auf den Lehrplan des Bundeslandes anpassen.
Da du diese Arbeitsblätter erstellt hast, darfst du damit auch machen, was du willst, sprich auch ein Buch damit erstellen.
Das gilt aber bspw. nicht für einen Techniker, der im Auftrag eines Unternehmens Pläne erstellt oder einen Ausbilder, der Ausbildungsunterlagen für die Lehrwerkstatt erstellt. Die Urheberrechte bleiben zwar beim Urheber, aber die Nutzungsrechte nicht. Wenn man geheime Entwicklungsergebnisse mit zum neuen Arbeitgeber nimmt, zieht das auch recht empfindliche Strafen nach sich.
Nun erstelle ich meine Materialien ja auch nicht zu meinem Privatvergnügen...notfalls könnte ich das allerdings vermutlich behaupten :-)
Ich gebe auch keine Gewehr darauf.
Natürlich darfst du deine Unterichtsmaterialien als Buch veröffentlichen. Diese müssen aber eine eigene Schöpfungshöhe erkennen lassen, sofern du Anteilig zitierst oder Elemente anderer Autoren (z.B. Schulbüchern) verwendest, sofern diese eben keine Schöpfungshöhe haben.
Beispiele:
- Illustrationen von Aufgabenstellungen kopieren -> nicht erlaubt
- Aufgabenstellung übernehmen -> erlaubt, wobei man hier die Variablen und die Formulierungen ändern sollte, sofern es eine Schöpfungshöhe gibt
- Zitate -> im Rahmen des Rechts für das Zitieren
Es hat alles mit der Schöpfungshöhe und der Abgrenzungsfähigkeit von anderen Autoren zu tun. Wenn klar wird, dass Dein Buch nicht ein Sammelwerk von Anteilen anderer Bücher ist, gibt es da kein Problem.
Zudem: Deine Unterichtsmaterialen, sofern sie selber nicht dem Urheberrecht entgegenstehen, sind deine Privatsache. Du bist frei in der Gestaltung des Unterrichts um die gegebenen Lernziele zu erreichen. Natürlich gibt es da noch schulbezogene Richtlinien zu beachten, im Rahmen du Freiheiten hast.
Ohne Gewähr, da ich mich im Bildungsbereich nicht so gut auskenne:
Urheberrecht liegt bei Dir, da es ja in dem Sinne keine Auftragsarbeiten sind (im Gegensatz zu einer Werbeagentur, wo Mitarbeiter beauftragt werden, ein Plakat oder eine Broschüre zu entwerfen).
Somit sollte eine weitere Verwertung durch Dich erlaubt sein.
Damit hat sich der BGH schon beschäftigt
https://www.dabonline.de/2010/12/20/auch-beamte-behalten-urheberrechte/
Zeitüberschreitung bei der Ergänzung:
Nun wird es sicher schwer fallen, einem angerufenen Gericht glaubhaft zu machen, dass man die Unterichtsmaterialen NICHT im Rahmen des Arbeitsverhältnisses und in Erfüllung der einem obliegenden Pflichten geschaffen hat.
Anders könnte es aussehen, wenn Unterichtsmaterialen wie die selbst geschaffenen an der Schule weder erwartet noch üblich waren.
Ich denke da etwa an völlig außergewöhnliche Werke wie schöpferische Grafiken oder Gemälde anstelle einfacher Info-Grafiken per Excell, wie sie andere Lehrer üblicherweise schaffen und im Unterricht zeigen.