Warum kann eine komplette Vollbeschäftigung eine negative Auswirkung auf die Wirtschaft haben?
7 Antworten
Kurz gefasst: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis.
Das gilt auch für das Gehalt! Je weniger Menschen arbeitslos sind, um so höher werden die Lohnforderungen. Höhere Lohnforderungen steigern die Preise und / oder senken den Gewinn der Wirtschaft.
Von den Arbeitslosen ist ein Teil dabei, der sich nicht schämt zu äußern, dass er gar nicht arbeiten will. Wenn sogar solche Verweigerer zur Arbeit gehen, kann man sich die erbrachte Leistung vorstellen. Daher wird es nie zu einer Vollbeschäftigung sondern eher zu einer Zuwanderung von Arbeitskräften kommen.
Ein paar Infos auch auf Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Besch%C3%A4ftigungsstand
Bei der Industrie ist ein sehr hoher Lohnpreis natürlich unbeliebt. Noch unbeliebt sind aber die nicht unbeträchtliche Anzahl derer, die lieber zu Hause sitzen, als zu arbeiten. Wenn die arbeiten würden, dann eher mit halber Kraft und schlechter Leistung!
Weil Vollbeschäftigte zusätzlich zum Vollzeitjob noch Überstunden machen müssen,meißt unbezahlt zum Abbummeln...Ein Drittel der Bevölkerrung schuftet sich halbtod,ein drittel langweilt sich tod,und der Rest ist psychisch krank....der Wirtschaft gehts dabei aber nicht schlecht,erst wenn alle aufwachen(wie in Jemen-Ägypten-Tunesien-Frankreich),dann gehts den Konzernen ans Eingemachte...
In der Vollbeschäftigung können Unternehmen ggf. keine Arbeitskräfte mehr finden. Das behindert bzw. bremst dann ihr Wachstum.
Das war in Deutschland bzw. Westeuropa Ende der 50er Jahre tatsächlich die Situation.
Ich sehe darin allerdings keinen gravierenden NAchteil für die Gemeinschaft. Es ist nur einer für die Partialinteressen der Unternehmer bzw. Investoren.
In dieser Konstellation hätten alle was vom Wohlstand, nur sehr wenige hätten eben nicht noch mehr Überfluss.
Das ist in unserer Gesellschaft gar nicht möglich, weil sich für diese Konstellation keine Leute mit Geld bzw. Unternehmer finden würden, die in die Wirtschaft investieren mit so wenig bzw. fast gar keinem Gewinn!
Und wohin sollten sie dann investieren? Wenn es eben keine 25% Rendite gibt, sondern "nur" 10 oder "nur" 5, dann werden sie in die investieren, weil das besser ist als 0 (was de facto wegen Inflation ein Minus wäre).
Oder bei der jetzt bestehenden Offenheit des Kapitalverkehrs ins Ausland gehen. Aber selbst im Inland werden sie sich auf die höchstverzinslichen Papiere und Anlagen stürzen und ihr Geld von den weniger profitbringenden Papieren und Alagen abziehen. Die haben dann kein Kapital mehr! Da muss man sich dann schon trauen, die ganze Schoße mit dem Geld und Anlagen völlig anders zu regeln! Sozialismus oder so was ähnliches!
" Aber selbst im Inland werden sie sich auf die höchstverzinslichen Papiere und Anlagen stürzen und ihr Geld von den weniger profitbringenden Papieren und Alagen abziehen. "
Das ist nach jeder Theorie richtig. Aber in der Praxis wird das nicht passieren, denn die Auswirkung der sinkenden Profitabilität würde ja die Gesamtwirtschaft betreffen. Übrigens sogar international, denn das Produktionsmittel Arbeitskraft verteilt sich ebenso wie das Kapital nach der "Profitabilität": wo die Löhne infolge von Personalknappheit steigen, werden Menschen zuwandern.
In der Praxis sieht das aber so aus, dass der Kapitalverkehr relativ frei ist, während du ja mal versuchen kannst, in Länder zu kommen, die Einreisepolitik betteiben (USA, Kanada, Australien, auch in der EU wird das Problem angegangen). Wenn du diesen Ländern nicht etwas zu bieten hast, spezielle Qualifikation oder auch Geld zur Investition, dann kommst du gar nicht rein. Die wesentlichen Zuwanderungen z.B. von Südeuropäern (Italienern, Griechen, Türken und Spaniern, Portugiesen) wurden durch staatliche Vereinbarungen möglich gemacht.
Umgekehrt werden sogar Zuwanderungen aus EU-Mitgliedsländern verboten bzw. auf für Deutschland genehme Zeit hinausgeschoben (Polen und andere Osteuropäer). Auch in den USA findet solches gegenüber von Mexiko statt. Nachzulesen bei www.sueddeutsche.de/kultur/die-mauer-zwischen-usa-und-mexiko-die-verteidigten-staaten-1.599041
Also die Staaten wissen genau, was ihnen gut tut! Und handeln danach.
Ja, zurzeit ist Einwanderung sehr behindert. Aber das ist ja auch das Bild, das sich derzeit bei Arbeitskraftüberfluss bietet und ein Bild der Selbstschutzaktivitäten der Arbeitnehmerorganisation bietet, die sich vor Konkurrenz schützen will.
Wir sprachen aber hier von der Situation Arbeitskraftmangel. Wenn die besteht, werden die restriktiven Bestimmungen schnell aufgehoben werden.
Die erwähnten klassischen Einwanderungsstaaten haben so eine Politik betrieben, als sie Arbeitskräfte brauchten (siehe Einwanderungswellen Ende 19. Jahrhundert).
"Zur Zeit ist die Einwanderung sehr behindert": Wo du dieses "zur Zeit" hernimmst, ist mir nicht ganz nachvollziehbar. Das Kapital hat es bis heute geschafft, selbst in Ländern wie Deutschland so viele Arbeitskräfte durch Produktionssteigerung überflüssig zu machen, dass selbst hier kein Arbeitskräftemangel herrscht. Obwohl, wie Merkel bemerkte, wir gestärkt aus der Krise herausgehen.
Du kannst nicht so tun, als ob sich das alles einpendeln würde. Dadurch, dass der Kapitalverkehr frei ist, ist es gar nicht mehr nötig, Arbeitskräfte anzuwerben. Die Firmen und Kapitalgeber gehen schon von selber nach Nordafrike, in die ehemalien Ostblockstaaten, nach China, ja sogar in die USA, um weitere Arbeitskosten zu senken und damit mehr Profit zu machen.
Übrigens schützen nicht die Arbeitnehmerorganisationen, also die Gewerkschaften davor, dass z. B. polnische Arbeitskräfte auf den deutschen Markt fließen, sondern bis Juli diesen Jahres der deutsche Staat. Er sieht weiter Hartz IV - Empfänger auf sich zukommen und will, unter anderem auch mit gesetzlichen Mindestlöhnen in ausgewählten Branchen (CDU) und überall (SPD) die Zuwanderung auch von innerhalb der EU in Grenzen halten. Die bisherigen Mindestlöhne diente übrigens nicht den Arbeitenden, sondern den deutschen Firmen, denen die Billigkonkurrenz vom Halse geschafft und damit das Unterliegen in der Konkurrenz mit ihnen vermieden wurde.
Grundsätzlich hat der deutsche Staat nichts gegen billige Löhne und infolgedessen schlagkräftige international agierende deutsche Betriebe. Nur kommt bei zu viele dieser Billiglöhne das Sozialgefüge mit den Renten durcheinander, weil die Billiglöhner keine Beiträge oder nur sehr wenig Geld einzahlen bzw. als Aufstocker sogar noch Geld vom Staat bekommen!
Also nichts fließt von selber hin und her, das Ziel ist nicht die Arbeitsplätze und dadurch das Auskommen der Arbeitnehmer, sondern alles hat seinen Vorbehalt: Gewinn muss sein, sonst läuft nichts!
Ich hab hier keine Lust mehr, was dazu zu sagen. Wenn mir jemand was vordoziert, indem er mich zur Projektionsfläche für seine Feinbildphantasien macht, lasse ich mich darauf natürlich nicht ein.
Was eine Projektionsfläche ist, versteh ich ja noch! Aber eine Feinbildphantasie? Was ist das wohl!
Abgesehen davon, daß Vollbeschäftigung eine Illusion bleiben wird, hat sie nur dann negative Auswirkungen auf die Wirtschaft, wenn man es unter dem Gesichtspunkt des Profits betrachtet. Je weniger in Arbeit inverstiert werden muß, um so größer ist der Gewinn. Das bedeutet, je geringer die Lohnkosten für die Produktion sind, um so größer ist der Ertrag aus der Verwertung der Produkte. Nun ist es nicht so, daß nicht Arbeitsplätze verfügbar wären. Viele Stellen werden mit Leiharbeitern besetzt, die zu geringeren Löhnen beschäftigt werden. Politisch wird dagegen bisher nicht wirklich etwas unternommen. Gerade darum geht es aber in der Diskussion um Mindestlöhne.
Für diese Gesellschaft ist der Profit nicht nur eine Betrachtungsweise von vielen, wie du oben so unterstellst, sondern das einzige Motiv, unter dem eine unternehmerische Tätigkeit in Angriff genommen wird. Und das ändert sich auch dann nicht, wenn diese unternehmerische Tätigkeit schief geht, dann geht dieser U. nämlich bankrott und andere übernehmen billig seine Reste. Auch die Mindestlöhne werden an diesem Prinzip nichts ändern, sondern es nur in geregeltere Bahnen lenken. Dies heißt noch lange nicht, dass man mit Mindestlöhnen gut leben kann: 10 € pro Stunde bedeutet ca 1500 € im Monat brutto. Wenn du die Abzüge (Stuern, Sozialversicherungen) wegnimmst, bist du in der Nähe von Hartz IV.
Und bisher hat noch niemand von den großen Parteien 10 € gefordert! Die wissen, warum! Du hast es ja oben deutlich beschrieben: "je geringer die Lohnkosten für die Produktion sind, um so größer ist der Ertrag aus der Verwertung der Produkte", genannt der Profit. Und das ist ein ökonomisches Gesetz, kein moralisches Problem!
Dagegen müssen wir was unternehmen...Zeitarbeitsfirmen sind moderne Sklaverei....
Weil dann die Arbeitnehmer eine stärkere Position haben - vor allem auch bei den Lohn- / Gehaltsverhandlungen.
Und Produktionssteigerungen sind schwer möglich ohne Reserven an Arbeitskräften.
So weit, so gut. Reserven an Arbeitskräften haben aber nichts mit Produktivitätssteigerung zu tun. Sie dienen bestenfalls al Druckmittel im Kampf um bessere Entlohnung. Je mehr Leute vor der Tür stehen, desto leichter ist es für die Unternehmer, die Löhne niedrig zu halten. Arbeitslosigkeit ist in erster Linie ein Trumpf in den Händen der Arbeitgeber.
"Reserven an Arbeitskräften haben aber nichts mit Produktivitätssteigerung zu tun":
Und wer soll's tun, wenn mehr getan werden soll??
Dass Produktionssteigerungen meistens mit wegrationalisieren von Arbeitsplätzen einhergeht, das weißt du aber schon!
Natürlich stellen Firmen auch Leute ein, wenn Aufträge vorhanden sind. Ansonsten sind sie immer darauf bedacht, ob "gute" Unternehmen oder nicht, möglich günstig zu produzieren. Einmal heißt das, mit moderneren Maschinen und weniger, ev. sogar billigerem Personal zu produzieren, also halten der wichtigen Mitarbeiter und Neueinstellung von billigeren Arbeitskräften. Zum andern Mal Erweiterung der Produktion mit mehr Mitarbeitern, bis die Konkurrenzlage oder die Krise zu weiterer Produktivitätssteigerung (wie oben) oder Schrumpfung durch Entlassungen oder bei kleineren Firmen auch mindestens zu Insolvenz und Entlassung zwingt.
... und deshalb ist Vollbeschäftigung ein in der Industrie äusserst unbeliebter Zustand, was wiederum einer der Gründe ist für die hohen Arbeitslosenzahlen ...