Tür vom Nachbarn eingetreten. Muss ich zahlen?
Ich habe vom Nachbarn ein lautes Wimmern und Schreien gehört und die Polizei gerufen. Als die nach 15 Minuten immer noch nicht kam und das Gekreische immer lauter wurde, dachte ich die Frau wird gerade umgebracht und ich trat die Tür ein.
Dann sah ich, dass das Nachbarspäärchen die übelsten Sadomaso-Spielchen spielten, viel Spaß hatten und alles nur ein Missverständnis war. Hab ich jetzt falsch gehandelt und muss ich die Tür ersetzen?
10 Antworten
Nein alles Unsinn.
Hier liegt ein Fall der "Geschäftsführung ohne Auftrag", §§677 ff BGB vor. Die Türe wurde ja eingetreten, weil ein Notfall befürchtet wurde.
Dabei ist ein Haftungsprivilleg in § 680 BGB normiert. Der Geschäftsführer hat nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. D.h. es muss nach den Umständen geprüft werden, ob beim Eintreten der Türe erkannt werden konnte, dass keine Gefahr vorliegt.
So wie das beschrieben wurde, hast Du laute Wimmern und Schreien gehört, das immer schlimmer wurde. Die Polizei ist nicht gekommen, obwohl Du sie gerufen hast. Hier darf man davon ausgehen, dass eine Gefahr für Leib und Leben vorliegt. Also hast Du richtig gehandelt und das Notwendige getan. Stelle Dir vor, da wäre tatsächlich jemand in Gefahr gewesen und Du hättest nichts getan! Dann hätte man Dir auch Vorwürfe machen können. Indem Du die Türe eingetreten hast, um die mögliche Gefahr abzustellen, hast Du "ein Geschäft für den Nachbarn erledigt".
Damit hast Du höchstens leicht fahrlässig nicht erkannt, dass in Wahrheit keine Gefahr vorliegt.
Der Nachbar kann somit nach den §§ 677 ff. BGB keinen Schadenersatz verlangen. Du musst die Türe also nicht zahlen. Du hast berechtigt als "Geschäftsführer ohne Auftrag" gehandelt.
Ich gratuliere.
Notstand
Der Eigentümer einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung
eines anderen auf die Sache zu verbieten, wenn die Einwirkung zur
Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist.
Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.
Gute Idee.
Aber aus § 680 BGB ergibt sich, dass § 904 nicht anwendbar ist. Hier sind die Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag spezieller und gehen daher vor. Sonst würde das Haftungsprivileg des § 680 BGB keinen Sinn machen, wenn ein "Notgeschäftsführer" handelt.
Es bleibt dabei, der Nachbar muss die Tür selber zahlen.
Der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen. Nachdenken. ;)
Also: Hier ist der Eigentümer der Türe und der, dem vermeintlich geholfen werden soll, derselbe. Deshalb ist das schlecht verständlich.
Deshalb eine Abwandlung: Fall wie oben, nur dass der Eigentümer E in den Urlaub gefahren wäre, vergessen hätte abzuschließen und ein liebestolles Pärchen P in die offene Wohnung gegangen wäre. G hört die Geräusche und tritt die Tür ein.
Dann gilt: Der Eigentümer E kann von G Ersatz des Schadens verlangen, § 904 BGB
Also hat G Kosten, wegen seiner Hilfsaktion. Er kann von P aus §683 BGB Ersatz seiner Aufwendungen (Also die Kosten für den Eintritt der Tür) verlangen. Er hat versucht eine Angelegenheit, ein "Geschäft", für P zu erledigen = Geschäftsführung ohne Auftrag, nämlich sie aus einer Gefahr zu befreien. Bei Irrtümern hilft ihm der § 680 BGB.
So muss letztlich das Pärchen P dem Eigentümer P den Schaden ersetzen.
Da in unserem echten Fall P und E identisch sind, müssen die eben die Tür bezahlen. Jedenfalls kann das nicht von dem helfenden G verlangt werden. So die Wertung des Gesetzes.
So wie das beschrieben wurde, hast Du laute Wimmern und Schreien gehört, das immer schlimmer wurde. Die Polizei ist nicht gekommen, obwohl Du sie gerufen hast. Hier darf man davon ausgehen, dass eine Gefahr für Leib und Leben vorliegt. Also hast Du richtig gehandelt und das Notwendige getan.
Was für ein Quark^^ Er rennt ohne vorher mal zu klingeln plötzlich nach 15 Minuten Untätigkeit die Tür ein. Er kann sich in jeden Fall auf eine Strafverfolgung einstellen.
Doch, es wurde doch geklopft.
Natürlich wurde "absichtlich" eine Tür eingeschlagen. Aber das hatte doch einen Grund. Diese Sachbeschädigung ist durch Nothilfe gerechtfertigt bzw.entschuldigt. Objektiv lag zwar keine Gefahr vor. Aber das musste wegen der Umstände angenommen werden. Man sagt das ist eine "Putativnothilfe". Im Ergebnis ist das aber straflos.
Aus Sicht der Rechtsordnung ist es richtig, wenn Menschen anderen in der Not helfen wollen.
danke, das hilft mir echt weiter
du solltest seine antwort als hilfreichste auszeichnen. das hat er verdient, findest du nicht
sowas habe ich noch nie gehört. interessant!
Finde ich gut, das du das gemacht hast. Ich hoffe auch, das deine Haftpflichtversicherung da einspringt. Hier lohnt es sich meiner Meinung nach einen Anwalt zu Rate zu ziehen....
Ich stelle mir gerade den Wahnsinnskick vor, den die beiden Randalierer durch die eingetretene Tür erleben durften - vielleicht zahlen sie dafür (masomäßig) gern einen Obolus - allein schon für die einmalige Erinnerung --- es gibt nichts, was es nicht gibt, gerade auf diesem Gebiet.
Vermeintlich notwendige Nothilfe.
Nicht ganz einfach. Es wäre besser gewesen die Polizei zu rufen, wenn Du Angst hattest, dass ein Verbrechen geschieht.
Habe ich ja, aber die haben so lange gebraucht
Lies mal:
Grundgesetz Artikel 13 Absatz 1 und 2
(1) „Die Wohnung ist unverletzlich.“
(2) „Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.“
Jaja, aber er wollte keine Durchsuchung machen sondern Menschenleben retten. Das ist was ganz anderes als du hier auffährt...
Grundrechte sind Schutzrechte des Bürgers gegenüber dem Staat. Als Bürger kann man grundsätzlich nicht gegen ein Grundrecht verstoßen.
Häh? Das ganze StGB ist voll von Tatbeständen, wo du als Bürger die Grundrechte anderer verletzt hast!
Nur geht es hierbei nicht um Geschäftsführer. Deine Antwort ist demnach falsch.
Die Kosten muss der Verursacher selbst tragen- könnte aber diese an die vermeintlich Geretteten versucht werden einzufordern.