Schule - Täuschungsversuch - Schulverweis - Erzieherische Maßnahme - Diebstahl der Klassenarbeit
Hallo "gutefrage.net"-Gemeinde, ich habe hier mal ne Frage zur Schule und den Maßnahmen, die erlaubt und bzw. angemessen sind. Aber hier erst mal die Situation:
Mein Sohn besucht die 10te Klasse eines Gymnasiums. In Deutsch haben sie vor kurzem die letzte Klassenarbeit vor den Zeugnisen geschrieben. Bei der Korrektur ist der Deutschlehrerin aufgefallen, dass viele Schüler die Aufgaben teilweise wortwörtlich gleich beantwortet haben. Bei Recherche im Internet fand sie heraus, dass die Texte sogar aus dem Internet wortwörtlich entnommen wurden. Daraufhin ist die Klasse "inquisitorisch" befragt worden. Welcher Druck ausgeübt wurde, kann ich (noch) nicht sagen. Auf jeden Fall ist eine Mitschülerin "umgefallen" und hat meinen Sohn "verpezzt". Folgendes ist passiert: In der ersten Deutschstunde hatte die Klasse Vertretung bei einer anderen Lehrerin. Diese hatte die Deutschklassenarbeit aber schon dabei. In der zweiten Deuschstunde sollte die Klassenarbeit geschrieben werden. Woher die Schüler wußten, dass die Arbeit in der Tasche der Vertretungslehrein war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall verließ diese den Klassenraum und die Mitschüler forderten meinen Sohn auf - (massiv, er spricht sogar von "gezwungen" {er ist auch noch der Klassenscprecher :-( }) -, diese aus der Tasche zu entwenden. Die Aufgaben wurden untereinander ausgetauscht und die Klassenarbeit wieder zurück gelegt. Die Lehrerin hatte nichts bemerkt. Die Arbeit "ganz normal" geschrieben. Nur dass der Großteil der Schüler die Antwort schon zwischenzeitlich aus dem Internet gezogen hatte. Mein Sohn hat das nicht nötig (guter Deutschschüler) und seine Antworten wurden auch von der Deutschlehrerin als nicht aus dem Internet gezogen bestätigt.
Nun frage ich mich (bevor die Schule etwas unternimmt), was kann meinem Sohn nun drohen???
Ich sehe das so, dass er schon mal nicht alleine bestraft werden darf/kann! Er hat es zwar getan (Entwenden) und zugegeben, aber er hat es 1. unter Druck der Klasse getan und 2. die Kenntnis der Aufgaben nicht wie der Großteil seiner Mitschüler zum googeln benutzt. Weiter bin ich auch der Meinung, dass, wenn es zum Aussprechen von Strafen oder "erzieherischen Maßnahmen" kommt, auch das Verhalten der Vertretungslehrerin geahndet weden muss. Der Vergleich hingt zwar etwas, aber bei der Bundeswehr war es so, dass, wenn man einem Kameraden es leicht gemacht hat (z.B. eigenen Spint offen stehen lassen, wenn man nicht im Raum war), man bei einem Diebstahl genau so bestraft wurde wie der Dieb. Hier war es in meinen Augen sträflich leichtsinnig, 1. die Schüler wissen zu lassen, dass die Klassenarbeit in der Tasche ist und dann auch noch 2. die Tasche unbeobachtet zu lassen, weil die Lehrerin das Klassenzimmer verließ.
So, das ist nun eine lange Geschichte. Mich interessiert brennend eure Meinung und natürlich ob sich jemand "vom Fach" findet, der mir sagen kan, was nun passieren kann bzw. was ich tun kann, damit mein Sohn nicht unangemessen bestraft wird.
7 Antworten
Ich würde mich, anstelle Deines Sohnes, nicht versuchen zu rechtfertigen. Es bleibt der Tatbestand, dass er die Unterlagen aus der Tasche der Lehrerin genommen hat; ob nun durch andere animiert oder durch den Gruppenzwang, ist gleichgültig. Somit wusste er das Thema der Arbeit. Vermutlich wird das als Betrug gewertet. Welche Strafe ihn erwartet, kann man von hier nicht beurteilen. Dazu gibt es zu viele Einflussfaktoren. "Vorstrafen" Deines Sohnes, subjektive Beurteilung der Tat durch die Lehrer und Schulleitung (manche fordern die Hinrichtung, andere sagen, es ist ein Kavaliersdelikt). Mach Dir aber bewusst, dass es sich um eine rein schulisches Thema handelt. Außerhalb der Schule ist das Ganze irrelevant. Es ist wie mit dem berühmten Sack Reis, der in China umgefallen ist; wie der Sturm im Wasserglas. Außerhalb des Glases ist nichts vom Sturm zu spüren.
In manchen Schulen kann es zu solchen Vorfällen überhaupt nicht kommen. Man hat längst erkannt, wie überflüssig Kontrollen mittels Klassenarbeiten sind. Dort legen die Schüler selbst fest, wann sie zu einem Thema geprüft werden wollen. Es kann also keine bösen Überraschungen geben. Es geht auch nicht darum, mittels Note gedemütigt oder belobigt zu werden, sondern darum, dass der Schüler weiß, ob er das Thema verstanden hat. Am Ende des Tests steht deshalb keine Note, sondern ein Zertifikat, dass das Thema behandelt wurde.
Wenn Du also überhaupt etwas unternehmen möchtest, dann in dieser Richtung. Stell die Sinnhaftigkeit von Schulnoten und Klassenarbeiten infrage.
Ich vergleiche das Vorgehen in unseren Schulen gern mit folgendem Bild: Man glaubt dort immer noch, dass die Welt eine Scheibe ist. Deshalb betreibt man eine riesigen Aufwand, dass kein Schüler von der Scheibe herunter fällt. Die kleineren Kinder werden mittels Gummibändern an Pflöcken festgebunden, wobei der Gummi nie soweit gedehnt werden kann, dass das Kind an den imaginären Rand der Scheibe kommt. Das symbolisiert für mich, die engen Vorgaben, womit sich ein Kind in der Schule beschäftigen darf. Entweder es lernt innerhalb des Bereichs, den das Gummiband vorgibt oder es hagelt Strafen. Die älteren Schüler haben zwar keine Gummibänder mehr, sind aber gezwungen, immer mit dem Teil eines Zaunes herumzulaufen, um ihn gegebenenfalls am Rand der Scheibe aufstellen zu können. Natürlich schränkt sie dieser Zaun ihrer Bewegungsfreiheit (Lernfreiheit) ein; er ist schließlich eine Last. Kein Lehrer und keine Schüler hat je den Rand der Scheibe gesehen. Jedoch wird jede Diskussion darüber, ob denn der Rand wirklich existiert, in den Wind geschlagen, weil damit die Existenzberechtigung der Schule in Frage stünde. Würde man die Realitäten erkennen, könnten die Schüler an jede beliebige Stelle der Welt gehen und lernen, was sie interessiert und man brauchte sie durch sinnlose Klassenarbeiten nicht kontrollieren.
Die Schule schafft Umstände, die das Betrügen und Tricksen überhaupt erst ermöglichen, um sich anschließen darüber aufzuregen. Irgendwie ist das schizophren.
Gruß Matti
Um mit Deiner letzten Frage zu beginnen: Pauschal kann man diese Frage nicht beantworten, weil in den Bundesländern unterschiedliche Gesetze gelten und die widerum in jeder Schule anders ausgelegt werden. Hier ist das Zauberwort "Ermessensspielraum". Den Automatismus gibt es selten und am ehesten findest Du eine Antwort in der Schulordnung.
Die Angst vor einem Schulrauswurf hat man Deinem Sohn erfolgreich ins Hirn gepflanzt. Das hängt mit der Heiligsprechung von Schulabschlüssen zusammen. Sie gelten als heiliger Gral, ohne die im Leben angeblich nichts geht. Entscheidend ist doch, will Dein Sohn den Schulabschluss, des Schulabschlusses willen oder warum hat er Angst, von der Schule zu fliegen? Und wenn ihm der Schulabschluss so wichtig ist, warum verhält er sich dann so, wie Du beschreibst. Versteh mich nicht falsch. Ich finde sein Verhalten gar nicht schlimm. Es ist ja gut, wenn er in der Schule noch nicht glatt gebügelt wurde. Wenn er allerdings tut, was die Mitschüler von ihm verlangen, zeugt das nicht von einer starken Persönlichkeit und wenn er den Abschluss einer Belehrungsanstalt will, dann natürlich zu deren Bedingung.
Für mich gibt es einen Widerspruch zwischen seiner Angst von der Schule zu fliegen und seinem Verhalten, welches dazu führt, dass die Schule ihn rauswerfen kann.
Ich danke Dir für den Stern.
Gruß Matti
Erstens hinkt Dein Vergleich mit dem Spind, da die Tasche im Unterricht und bei Anwesenheit der Klassengemeinschaft auf dem Tisch lag und nicht in der Pause und im leeren Klassenzimmer. Er ist als Klassenssprecher eine Vertrauensperson, die sich für Gerechtigkeit und Anstand einsetzen sollte. Er ist seines Amtes als Klassensprecher nicht würdig und hat die Folgen seiner Tat ebenfalls zu verantworten.
Erst mal herzlichen Dank an ALLE, die sich schon hier beteiligt haben!! Es ist genau das eingetreten, was ich gehofft habe: eine kontroverse Diskussion!
Hier noch mein weiterer Input:
A) es geht mir nicht um die Schuldzuweisung oder einen Schuldigen suchen. Ich möchte, die Meinung möglichst vieler hören, zu den Rollen der einzelnen Beteiligten (mein Sohn, die Mitschüler, die Lehrerin)
B) Angemessen/Unangemesssen: Das ist genau hier die Frage! Hierzu hätte ich gerne noch mehr Meinungen gehört. Leider ist das mit dem Thema Schule immer so eine Sache. Je nach Perspektive gibt es häufig so einseitige Meinungen. Aber in einer Diskussion kann sich das ja noch entwickeln. Strafe/Maßnahme muss sein. Keine Frage. Aber es ist eine Frage, ob mein Sohn der Einzige ist, der hier bestraft werden soll??!!
Bin schon auf die nächsten Kommentare gespannt!
Herzlichen Dank im Voraus!
Aber es ist eine Frage, ob mein Sohn der Einzige ist, der hier bestraft werden soll??!!
Ganz ehrlich: Sehe ich so. Er hätte sich ja nicht von den anderen dazu überreden lassen müssen. Man kann natürlich mit der ganzen Klasse ein Gespräch führen, aber letztlich in die Tasche gegriffen hat dein Sohn.
Aus der Tasche entwendet hat die Arbeit Dein Sohn. Das ist nun einmal Fakt. Ob das schon Diebstahl ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber er hätte es nicht tun müssen.
Das die Arbeit nich gewertet wird dürfte klar sein. Im schlimsten Fall wird sie sogar mit einer 6 bewertet.
Dein Sohn solte die Flucht nach vorne wählen und sich bei der Lehrerin entschuldigen. Dann hat vielleicht wenigstens die Entwendung keine rechtlichen Konsequenzen. Ein Eintrag ins Klassenbuch dürfte ihm sicher sein.
Wenn Dir jemand etwas aus der Tasche entwendet, bist Du mit Schuld, weil Du sie kurz aus den Augen gelassen hast?
Ich bin selber Lehrer und ich würde es hier, trotz einer Entschuldigung (die wäre für mich sowieso fällig) bei weitem nicht bei einem Eintrag ins Klassenbuch belassen. Hier wäre eine Ordnungsmaßnahme, allerdings in diesem Fall ggf. die mildeste ("schriftlicher Verweis") sinnvoll, da hier sofort ein Zeichen gesetzt werden muss, dass dieses Verhalten nicht zu dulden ist. Ob er von den anderen "gezwungen" wurde oder nicht, ist erst einmal irrelevant.
Klingt vielleicht blöd - aber was wäre deiner Meinung nach "unangemessen"? Es geht hier nicht um einen Erstklässler, der sich zu einer Dummheit überreden lässt sondern um einen fast erwachsenen Menschen, der richtig und falsch unterscheiden kann...
Du solltest seinen Fehler für sich alleine sehen statt nach anderen "Schuldigen" zu suchen und zu relativieren! Der folgende Vergleich hinkt zwar genau so wie der mit der Bundeswehr, aber: wenn eine Frau in knapper Kleidung auf die Straße oder gar in die Kneipe geht, ist sie dann selbst Schuld, wenn sie vergewaltigt wird???
Was soll deinem Sohn denn passieren können? Er wird weder von der Schule fliegen noch wird das ganze irgendwelche Auswirkungen auf sein Abitur in 2 oder 3 Jahren (oder die Zeit danach) haben - und was sonst kommt, hat er ja auch verdient...
Theoretisch KÖNNTE die Schule das zur Anzeige bringen, was theoretisch mit Sozialstunden enden KÖNNTE - aber daran ist keine Schule interessiert, weil es sie selbst schlecht dastehen lässt. Ich würde deinem Sohn empfehlen, ehrliches Bedauern zu zeigen und selbst eine Art Wiedergutmachung anzubieten: vielleicht kann er ja im nächsten Jahr einmal die Woche Deutsch-Nachhilfe geben oder so?
Und es kommt immer gut an, Dinge nicht "unter Zwang" zuzugeben, sondern ehrlich dazu zu stehen! Wenn er ernsthaft bedroht wurde, sollte er gegen die Drohungen vorgehen, wenn nicht, sollte er sich überlegen, warum er es TATSÄCHLICH getan hat... Ich denke, es ging ihm eher um Anerkennung/ "Respekt"/ Dazugehören als um sonst etwas. Und auch wenn er nicht 1:1 abgeschrieben hat - möglicherweise war er eben nur klug genug, die Antworten umzuformulieren oder (nachdem er die Fragen kannte) anderweitig zu finden...
Sei ehrlich mit dir selbst: du bist wütend und enttäuscht. Steh dazu und lass es deinen Sohn auch spüren (ich rede NICHT von körperlicher Gewalt oder anderen drastischen Strafmaßnahmen!) - aber such dir keine "Sündenböcke" um ihn besser dastehen zu lassen. Sieh es realistisch: egal, was er sonst für ein toller Kerl ist - manchmal ist er eben doch noch ein sehr, sehr dummer kleiner Junge... Mach ihm deutlich, dass die entsprechenden Ausreden nicht ziehen, selbst wenn du durchaus Verständnis für sein Verhalten hast. Er muss die richtigen Konsequenzen ziehen und daraus lernen!
Der Lehrer ist selbst Schuld,wenn er die Arbeit unbeaufsichtigt in der Tasche liegen lässt. Wissen denn die Lehrer,dass Ihr Sohn die Arbeit herausgenommen hat?
Wenn er ein guter Schüler ist und seine Antworten nicht aus dem Netz hat, heißt das schon mal ,dass er so einen Betrug nicht nötig hat. Aber dass er erpresst wurde, ist natürlich nicht schön und er wird auch bestimmt eine Strafe dafür bekommen.
Auf meiner damaligen Schule ging das genauso ab. Die Schüler kramten in den Taschen und suchten nach den Arbeiten. Ich hatte so einen Betrug nicht nötig und hab sogar besser abgeschnitten als die Meisten.
Trotz allem würde ich bei dieser Sache ehrlich bleiben,vor allem wenn man dazu gezwungen wurde. Wenn ihr Sohn ehrlich zugibt ,was genau vorgefallen ist,kommt er mit einer milderen Strafe davon als diejenigen,die ihn gezwungen haben.
Bei uns hatte der Schüler 2 Wochen nachsitzen ,dafür hatten die Anderen (Also die "Hauptverdächtigen) einen mehrwöchigen Schulverweis.
Der Lehrer ist selbst Schuld,wenn er die Arbeit unbeaufsichtigt in der Tasche liegen lässt.
Nö, ist er nicht. Er kann auch sagen, dass er da 20000 Euro drin hat, trotzdem haben die Schüler daran nichts zu suchen. Wenn das Geld jemand klaut, ist der Dieb trotzdem genauso schuld.
@stinkertum: Man trägt aber als Eigentümer der 20.000 € immer eine Mitschuld, wenn sie gestohlen werden. Und keine Versicherung ersetzt den Diebstahl des Fahrrades, wenn es unangeschlossen abgestellt wurde.
die lehrerin ist natürlich selber schuld- aber sonst ist alles in ordnung bei dir?
Hi Matti,
das sind sehr schöne Worte und es umschreibt in etwa auch mein Bild. Nur ist unsere Gesellschaft noch lagen nicht dort. Ähnliches gibt es in unserer Beruflswelt auch, wo uns ständig erklärt wird, dass die Human Resources, also wir!, das Wichtigste und Wertvollste sind, was ein Untenehmen hat. Behandelt werden wir aber schlussendlich doch immer wie Abhängige, manchmal sogar wie moderne Sklaven.
Aber das ist ja hier nicht unbedingt das Thema.
VORSTRAFEN: Jas, leider. Er hatte schon 3! In menen Augen alles Lapalien. Das sieht zur Not die Schule aber ganz anders. Leider ist das Schema immer sehr ähnlich gewesen: Er wurde sehr stark provoziert, beleidigt, bedroht und hat dann übermäßig reagiert. Tätlich war er aber nie. Außer einmal. Da hat er scih aber eigentlich verteidigt. Das hat die SChule so aber nicht gesehen. Egal. Er hat schon 3 Klassenkonfernezne, sprich schrifltiche Verweise. Nun hat er Angst, bzw, ist sich sicher, dass er die SChule verlassen muss. Und das in der 10ten, sprich unmittelbar vor der Oberstufe. Prima :-(
Wei0 hier jemand, ob es wirklich diesen Automatismus gibt, dass man nach dem 4ten Verweis automatisch "fliegt"!?