Rechtsanwälte lehnen Beauftragung ab. Was tun?
Hallo zusammen,
seit mehreren Jahren kämpfe ich gegen ein strukturelles Problem an. Als Privatperson erlebe ich hier und da streitbare Sachverhalte, die normalerweise der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedürfen.
Da es sich i.d.R. jedoch um 4stellige Streitwerte handelt, lehnen die feinen Damen und Herren meine Anfragen von vorne herein ab oder reagieren erst gar nicht auf die Frage eines ersten Beratungsgespräches, nachdem der Sachverhalt inkl. Streitwert schon grob inhaltlich geschildert wurde.
So musste ich mich als Nicht-Jurist bereits einige Male selbst in juristische Sachverhalte einarbeiten, konnte sogar schon einen Fall selbst vor Gericht gewinnen.
Dennoch habe ich hierfür weder Lust noch Zeit.
Meine Frage: Was kann ich tun, damit Rechtsanwälte auch vermeintlich nicht so lukrative Fälle annehmen oder handelt es sich um ein strukturelles Problem unserer Justiz, bei dem man nichts tun kann?
10 Antworten
lehnen die feinen Damen und Herren meine Anfragen von vorne herein ab oder reagieren erst gar nicht auf die Frage eines ersten Beratungsgespräches, nachdem der Sachverhalt inkl. Streitwert schon grob inhaltlich geschildert wurde.
Verstehe ich nicht.
Eigentlich können sich Rechtsanwälte gar keine besseren Mandanten vorstellen als solche, die schon von vorneherein mehr Ahnung von der Materie haben als der Anwalt.
Lehrer sind daher äußerst beliebte Mandanten.
Andererseits scheint Besserwisserei ein grundsätzliches Problem zu sein.
Möglicherweise ist "die Mannschaft" gerade deswegen in der Krise, weil der Großteil der sonst 80 Mio. Bundestrainer temporär zu Virologen bzw. Epidemiologen umgeschult hat und deren Expertise gerade zur Bekämpfung einer Pandemie benötigt wird..
Es scheitert nicht am Streitwert. Rechtsanwälte kloppen sich auch um 25 Euro, solange sie jemand dafür zahlt.
Das da scheint eher das Problem zu sein:
seit mehreren Jahren kämpfe ich gegen ein strukturelles Problem an. Als Privatperson erlebe ich hier und da streitbare Sachverhalte
Klingt nach Erbsenzähler, Nervensäge usw.
Auch Rechtsanwälte müssen nicht jedes Mandat annehmen und mit der Vertragsfreiheit kennen sie sich auch sehr gut aus.
Sieh Dich einfach mal in einer Gegend um, in der Du noch nicht bekannt bist. Und biete Vorauszahlung an. Dann findest Du auch wieder jemanden, der Dich vertritt.
Klingt nach Erbsenzähler, Nervensäge usw.
Oder das böse Wort, das mit 'Q' beginnt.
Au weia... So fies hab ich ja noch gar nicht gedacht! Du hast sicherlich Recht.
Über vierstellige Streitwerten sind Anwälte in der Regel nicht traurig, denn das Honorar ist dann auch deutlich dreistellig. Wenn man von mehreren Rechtsanwälten abgewiesen wird, weil die ganz plötzlich bis über beide Ohren in Arbeit stecken, hat das meist einen der folgenden Gründe:
Der Mandant ist ein notorischer Besserwisser, der schon bei der Erstberatung den Anwalt juristisch zu belehren versucht. Manchmal wissen es die Mandanten ja auch wirklich dank Recherche besser, aber in aller Regel weiß es der Anwalt besser. Wenn der Mandant den einfühlsamen Erklärungsversuchen des Anwalts aber vehement widerspricht und vielleicht noch seine Kompetenz anzweifelt, hat kein (!) Anwalt auf dieses Mandat Lust.
Der Mandant ist zahlungsunwillig. Lässt schon der vom Mandant vorgetragene Sachverhalt darauf schließen, dass er seine Geldbörse mit sieben Schlössern und einem bissigen Rottweiler sichert, wird der Anwalt sich Sorgen um seine Bezahlung machen. Geht der Mandant willig in Vorkasse, ist der Anwalt happy. Ist er aber der Meinung, dass der Anwalt sein Honorar ohnehin von der Gegenseite zu bekommen habe und er Geld ohnehin erst nach Leistung zahle, fällt dem Anwalt plötzlich ein, dass er für diesen Fall einen Kollegen kennt, dessen Spezialisierung dafür geradezu perfekt sei.
Der Mandant ist streitsüchtig. Wer einen Anwalt aufsucht, weil das Baby der Nachbarn die Nachtruhe nicht einhält und dabei auch wissen möchte, ob er denn nun dramatisch steigenden Gebühren der Restmüllentsorgung von den Nachbarn einklagen könne und vielleicht auch eine Anzeige gegen die Postbotin möglich wäre, weil diese immer so neugierig die Absender seiner Post lese, wird nur dann einen Anwalt finden, wenn er sich diese Ideen ganz schnell ausreden lässt. Beharrt der Mandant darauf, Gott und die Welt wegen dieser schröcklichen Untaten zur Rechenschaft zu ziehen (Mandaten dieser Kategorie fallen leider meist auch in Kategorie 1 und wissen, dass sie im Recht sind), wird der Anwalt bedauernd einwenden, dass er leider für diese Masse an - völlig berechtigten - Verfahren leider überlastet sei. Aber ich wünsche Ihnen viel Erfolg und bleiben Sie stark!
Ansonsten ist es dem Anwalt egal, ob die Mandanten ungewaschen (Lösung: Telefon), begriffsstutzig (Lösung: alles schriftlich kommunizieren), arm (Lösung: PKH) oder kriminell (Lösung: Vorkasse) sind.
Glaub mir: Wenn du wirklich keinen Anwalt findest, liegt das an DIR.
Danke für deine ausführliche Antwort:
Zu 1) Es ist ja noch gar nicht zu einem Erstgespräch gekommen. Es ging noch nie über eine reine Schilderung "Was ist passiert" heraus.
2) Über Geld ist auch noch nie gesprochen worden. Bislang wurde immer nur der Streitwert genannt. Eine Vorkassen-Bezahlung möchte natürlich niemand, im besten Falle immer Bezahlung durch Gegenseite ;) Für mich persönlich wäre Vorkasse aber kein Hinderungsgrund.
3) Keine Streitsucht. Es ging immer um tatsächliche Betrugsfälle. Im aktuellen Fall geht es darum, dass eine große Airline mit Sitz in Deutschland die Kostenerstattung aufgrund der Corona-Flugstreicherungen noch nicht vorgenommen hat.
Nun würde mich interessieren. WIE kann es hier an MIR liegen, keinen Anwalt zu finden ;) ?
1. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht um Betrugsfälle. Betrug setzt voraus, dass jemand getäuscht wird und deshalb zahlt (oder auf die Geltendmachung einer Forderung verzichtet). Das wäre hier nur denkbar, wenn z.B. die Fluggesellschaft wider besseres Wissen (!) behauptet, dass eine Rückerstattung nicht gezahlt werden muss.
2. Handelt es sich um eine Straftat, brauchst du keinen Anwalt, sondern du kannst bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei Anzeige erstatten. Die führen die Ermittlungen dann ganz allein.
3. Wenn du Geld willst, musst du es vor Gericht einklagen. Aber dann musst DU eine Forderung gegen die Airline haben. Dafür einen RA zu finden, wäre kein Problem. Also die Frage: Was willst du denn? Was ist dein Ziel?
1) nein, in der Vergangenheit handelte es sich um Betrugsfälle. Z.B. der Fall, den ich alleine als Nicht-Jurist vor Gericht gewonnen hatte
.
2) Das weiß ich. Ich bin den Weg über den Mahnbescheid gegangen. Nun geht es vor Gericht. Allein oder im besten Falle eben mit Anwalt ;)
3) Natürlich möchte ich mein Geld zurück haben. DIe Forderung ist also der Streitwert. Meines Erachtens ist dieser für die meisten Anwälte zu gering, als dass man grade in diesem hochsensiblen Thema Fuß fassen möchte.
Bereits bei 1000 € Streitwert liegen die Anwaltsgebühren im ersten Rechtszug bei etwa 220 € incl. Terminsgebühr (netto). Das ist jetzt nicht gerade ein Vermögen, aber wenn die Sach- und Rechtslage eindeutig ist, wird sich da schon ein Anwalt finden. Vielleicht nicht auf dem Kudamm, aber er gibt ja sicher genug Rechtsanwälte in deiner Region.
ich habe jetzt bereits 12 Kanzleien angefragt. Keine Raktion oder Absagen. Dein Wort in gottes Ohr ;) Danke dir!
Wobei ich mir die Frage stelle, hast du die geldlichen Forderungen deiner bisherigen Anwälte immer erfüllt?
Möglicherweise lehnen sie deshalb ab, weil sie die Erfolgschancen einer Klage für sehr gering halten, nachdem sie den Sachverhalt erfahren haben.
Zudem soll es auch Anwälte geben die Mandanten über die sie von den "Buschtrommel" informiert wurden, sofort ablehnen.
Man muss Rechtsanwälte nicht bezahlen, wenn sie vor Gericht "verloren" haben? Das wäre mir neu
Hat er das gesagt? Aber welcher Anwalt hat schon gerne viele verlorene Fälle in seinem Resümee? 😉
https://www.recht-interessantes.de/service/anwaltskosten/wer-zahlt-gebuehren
Soweit musst du erst mal selbst für die Kosten aufkommen, bis du vor Gericht gewinnst. Ist in dem link schön erklärt.
Davon steht nichts in meiner Antwort. Es soll aber Rechtsanwälte geben, die keine Fälle annehmen, die von vornherein aussichtslos erscheinen, und es soll auch Rechtsanwälte geben, die trotz völliger Aussichtslosigkeit durch alle Instanzen klagen. Die ersteren sind mir lieber, und für die anderen fällt mir nur ein Begriff ein: Abzocker.
Die sind auch bei Ärzten sehr beliebte Patienten, weil sie die Diagnose schon mitbringen, da hat man weniger Arbeit. Auch menschlich sind sie oft toll