Nutzungsrecht einräumen vs. Abtretung der Nutzungsrechte
Kontext: Ich habe gerade eine kleine Film-Produktionsfirma gegründet. Der Titel des Films und die Kameraaufnahmen der ersten drei Drehtage stammen von meinem Mit-Gesellschafter, der das Projekt sowie die Firma seit Januar verlassen hat, um eigenen Projekten nachzugehen. Das Drehbuch stammt nachweislich komplett von mir und ist also auch nicht in Zusammenarbeit mit meinem Partner entstanden. Er hat mir das gesamte Film-Material ungeschnitten auf Festplatte zugesendet. Die Festplatte, die ich auch vorher bei Amazon gekauft habe und gleich an seine Adresse habe schicken lassen. Es gibt nichts schriftliches zwischen uns (typischer Fall von Freundschaft bis zum Thema Geld!). Er war zur Drehzeit ebenso Gesellschafter wie ich von dem Unternehmen, das den Film rausbringt.
Knackpunkt: Nun hat er mir in einer E-Mail folgendes geschrieben: "Nutzungsrechte habe ich Dir für die Drehtage eingeräumt, von denen ich das Material auf Festplatte schickte."
Reicht das nun aus, um mir der Rechte sicher zu sein und zu wissen, dass er nicht darauf klagen kann, dass der Film nicht mehr gesendet wird oder er Gewinn erhält? Wenn der Film Geld einbringt, hat er dann Anspruch auf den Gewinn? Hat er Anspruch darauf, im Abspann genannt zu werden?
Wenn das nicht reicht: Was genau brauche ich von ihm, dass ich das Filmmaterial ohne mieses Bauchgefühl verwenden kann?
Kann ma Filmtitel schützen? Wenn er sich nur den Titel ausdachte und null Story: Habe ich dann dennoch die Rechte? Ich würde gerne den alten Titel behalten.
6 Antworten
"6. Filmwerke" sind wie "5. Lichtbildwerke" urheberrechtlich geschützt, denn sie gehören eindeutig "(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst" nach § 2 UrhG: http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/index.html
Die dortige Einschränkung in Absatz 2 greift aber nur für tumbeste Erfüllungsgehilfen á la "Kannst du mal bitte den Schalter an der Kamera umlegen", nicht aber für normale Kameraleute und Regisseure: "(2) Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen."
Alle nicht tumben, alle schöpferischen Mitwirkenden an einem Film gelten laut UrhG § 8 als Miturheber!
Vorab zur Kohle: "(3) Die Erträgnisse aus der Nutzung des Werkes gebühren den Miturhebern nach dem Umfang ihrer Mitwirkung an der Schöpfung des Werkes, wenn nichts anderes zwischen den Miturhebern vereinbart ist."
Hier haben wir also die Miturheber - dort haben wir die Firma, der die Miturheber ein Nutzungsrecht nach § 31 UrhG eingeräumt haben; dies muss man unterscheiden, auch wenn das nur zwei Personen sind, die in Personal-Union Miturheber und Firmen-Inhaber sind!
Wenn ich als Miturheber mir selbst als Mitinhaber einer Firma ein Nutzungsrecht vereinbart habe, kann ich das nur unter diesen Umständen zurückrufen:
§ 41 Rückrufsrecht wegen Nichtausübung
§ 42 Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung
Das ausschließliche Nutzungsrecht verbleibt ansonsten vertragsgemäß bei dieser Firma, auch wenn ich (in meiner Funktion/Rolle als Mitinhaber der Firma) meinen Anteil an der Firma verkauft habe!
In meiner Rolle als Mit-Urheber des Werkes, des Filmes steht mir aber gegenüber meiner eigenen Firma (und auch gegenüber meiner Ex-Firma) so einiges an Rechten zu - namentlich das Recht auf UrhG § 32 Angemessene Vergütung!
Und das Recht auf Nennung als Urheber wie vereinbart, also im Abspann oder im Vorspann oder sonstwo, als bürgerlicher Name oder als Pseudonym oder als Anonym: "§ 13 Anerkennung der Urheberschaft - Der Urheber hat das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist."
Wurde eine solche Vereinbarung noch nicht getroffen, dann muss man das halt nachholen!
Ein Filmtitel ist urheberrechtlich nur dann geschützt, wenn er ein "1. Sprachwerk" darstellt im Sinne von § 2 UrhG, also die dazu nötige Schöpfungshöhe besitzt (was selten der Fall ist). Aber markenrechtlich kann ein Titel Schutz erlangen, siehe §§ 5 und 15 Markengesetz - vor einer Veröffentlichung drei Monate lang durch Eintrag eines Titelschutzes, sonst nicht.
Nun zum Verbot gegenüber einem Miturheber, das gemeinsame Werk zu verwenden: "(2) Das Recht zur Veröffentlichung und zur Verwertung des Werkes steht den Miturhebern zur gesamten Hand zu; Änderungen des Werkes sind nur mit Einwilligung der Miturheber zulässig. Ein Miturheber darf jedoch seine Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung oder Änderung nicht wider Treu und Glauben verweigern." (§ 8 UrhG)
Zu "Treu und Glauben" kucke man bei Wikipedia nach.
Gruß aus Berlin, Gerd
Wahnsinn! Klasse, Gerd! Danke!!
Was genau brauche ich von ihm, dass ich das Filmmaterial ohne mieses Bauchgefühl verwenden kann?
Auf der sicheren Seite bist du meines Erachtens nur dann, wenn verlässlich davon auszugehen ist, dass du der Filmhersteller bist.
Wer ist als Filmhersteller anzusehen ist, hat u.a. das Oberlandesgericht Köln im Urteil vom 10.12.2010 festgestellt.
In diesem Urteil (OLG Köln, Az. 6 U 92/10) wird unter anderem ausgeführt:
Wer Filmhersteller ist, bestimmt sich nicht danach, wer einen künstlerisch-schöpferischen Beitrag zur Herstellung des Films geleistet hat, sondern wer das unternehmerische Risiko für die Filmherstellung trägt (vgl. Jan Bernd Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl., § 94 Rdn. 12). Entscheidend ist danach, wer die wirtschaftliche Verantwortung und die organisatorische Tätigkeit übernommen hat, die erforderlich sind, um den Film als fertiges Ergebnis der Leistungen aller bei seiner Schaffung Mitwirkenden und damit als ein zur Auswertung geeignetes Werk herzustellen (BGH GRUR 1993, 472 - Filmhersteller). Dabei ist nicht auf Vorarbeiten zur Erstellung des Films abzustellen, sondern auf die Herstellung der Erstfixierung eines Filmträgers - bei kommerzieller Produktion die sog. Nullkopie; wer diese inhaltlich und organisatorisch steuert, wirtschaftlich verantwortet und die zur Filmherstellung erforderlichen Immaterialgüterrechte sowie zumindest vorübergehend auch die Auswertungsrechte am Film erwirbt bzw. nacherwerben müsste, ist Filmhersteller. Dabei ist eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der anhand weiterer wirtschaftlicher Kriterien (u. a. Kostenüberschreitungs-, Abnahmerisiko, Fertigstellungsund Auswertungsrisiko) festzustellen ist, wer von den an einer Produktion Beteiligten den unternehmerischen Schwerpunkt bildet (Wandtke/Bullinger/Manegold, UrhG, § 94 Rdn. 31).
Danke Tobi! Super klasse! :) Die Firma, also im Endeffekt ich, zahlt alles. Er hat nichts gezahlt, aber das technische Equipment gestellt.
Die Firma kann kein Urheber sein, denn der Urheber kann ausschließlich nur eine natürliche Person sein - also hinkt deine bisherige Äußerung etwas werter unknown1966...
Ob er als Kameramann überhaupt irgendwelche Rechte erlangt, wage ich auch sehr zu bezweifeln - ich sehe ihn hier eher als Erfüllungsgehilfen, da er im Auftrag der Firma schlicht nur ein Werk schafft, es aber keine persönliche geistige Schöpfung ist, da ein (Film)Kameramann nach Anweisung der Regie arbeitet oder bspw ein Storyboard abarbeitet. Klagen kann man immer, doch ob das Erfolg verspricht wage ich auch sehr zu bezweifeln.
Die Firma kann also nur ein ausschließliches Nutzungsrecht (§ 31 Abs.3 UrhG) inne haben, sofern der Urheber dieses übertragen hat - nicht aber der Kameramann in dem Fall - er ist kein Urheber, Urheber ist der, der das Drehbuch geschrieben hat und die Regieanweisungen gegeben hat oder das Storyboard erstellt hat.
Er hat auch Regie geführt und war Gesellschafter. Ändert das was? Zudem war es sein Kamera-Equipment, welches er der Firma, die ihm zur Hälfte gehörte, auf dem Dienstherrinnen aufgenommen worden sind. Es gibt, außer dem Zitat aus seiner Email, keine schriftliche Aussage von ihm zur Nutzungsrecht-Übertragung.
Ich hab's 2 Mal geändert (beim Schreiben und danach),, aber aus "zur Verfügung stellte" wurde "auf dem Dienstherrinnen". Also: Es soll natürlich ersteres bedeuten. Er hatte technisches Equipment, welches vorhanden war, gratis für die Firma eingesetzt, da ihm ja eine Hälfte des Unternehmens gehörte.
Alles Mumpits - wem was gehört oder was wo eingebracht hat ist im Urheberrecht sowas von irrelevant - einzig alleine entscheidend ist, wer hat welche persönliche geistige Schöpfung erbracht... Ok, er hat Regie geführt - und auf welcher Grundlage? ich nehme mal an auf Grundlage deines Drehbuches - ich sehe ihn immer noch als Erfüllungsgehilfen!
einzig alleine entscheidend ist, wer hat welche persönliche geistige Schöpfung erbracht.
Diese Auffassung wird in der Judikatur gerade nicht vertreten, vielmehr auf eine wertende Gesamtschau der Umstände abgestellt, unter denen das Filmwerk hergestellt wurde. Vgl. pars pro toto: OLG Köln vom 10.12.2010, Az.: 6 U 92/10. Auch im Schrifttum ist nach h.M. diese Gesamtschau erforderlich. Vgl. pars pro toto: Jan Bernd Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl., § 94 Rdn. 12: Wer Filmhersteller ist, bestimmt sich nicht danach, wer einen künstlerisch-schöpferischen Beitrag zur Herstellung des Films geleistet hat, sondern wer das unternehmerische Risiko für die Filmherstellung trägt.
Selbst verständlich ist ein Kameramann (auch Director of Photography (DoP) oder auch Kinematograph) Miturheber an einem Filmwerk. Siehe hierzu das Berufsbild:
So wie er schreibt, hast Du nur das Nutzungsrecht für die Drehtage, was immer das auch bedeutet... Ihr solltet das abklären bevor der Film erscheint. Schau mal hier rein...
http://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__31.html
LG Funnyhanni
Der Urheber ist die Firma - und die hat die Rechte. Der ehemalige Gesellschafter wird wie ein angestellter Programmierer behandelt. Er hat für die Firma gearbeitet.
Ihm gehörte die Firma zur Hälfte.
Man weiß trotzdem nicht so genau, wie sich das mit diesen Nutzungs- und Urheberrechten verhält und was danach kommen kann...Mach Dich besser mal bei einem Anwalt schlau, damit nix schiefgeht.
Kleines PS zu meiner obigen Antwort:
Leider geht aus der hier gestellten Frage nichts über die Modalitäten hervor, die die Finanzierung der fraglichen Filmherstellung und die unternehmerischen Risiken (z.B.: Kostenrisiko, Fertigstellungsrisiko, Abnahmerisiko u.a.) bzw. die Risikoverteilung betreffen.
Da aber gerade diese wirtschaftlichen Kriterien entscheidend dafür sind, wer hier als Filmhersteller anzusehen ist, lässt sich deine Ausgangsfrage ohne nähere Kenntnis der Einzelumstände nicht verlässlich beantworten.