Muss man in Deutschland Erste Hilfe leisten wenn vor einem ein Unfall passiert oder reicht Notruf?
Hallo, hatte neulich ne Diskussion mit Freunden:
Es geht darum, ob man bestraft werden kann, wenn man nicht Erste Hilfe leistet oder ob es einfach nur reicht einen Notruf zu tätigen.
Beispiel: Ich fahre mit dem Auto auf einer ziemlich leeren Straße und vor mir passiert ein schwerer Unfall. Nun stell ich mir folgende Frage: Reicht es den Notruf zu tätigen und dann zu warten ODER Muss ich versuchen die Fahrzeuginsassen zu bergen und Erste Hilfe zu leisten?
Wenn sich da jemand juristisch auskennt, bitte ich um einen Kommentar. Vielen Dank im Voraus.
27 Antworten
Wenn man garnichts macht, macht man sich in Deutschland der Unterlassenen Hilfeleistung gemäß §323c StGB strafbar. Hat man den Unfall selbst verursacht oder einen Beruf, der einen besonders verpflichtet, kann man sich sogar einer Körperverltzung durch Unterlassen strafbar machen!
Rechtlich reicht das Absetzen eines Notrufs unter der Rufnummer 112 aus. Bei bestimmten Erkrankungen oder Notfällen ist es aber erforderlich selbst tätig zu werden, damit der Patient die Chance auf völlige Genesung hat. In Deutschland gibt es so genannte Hilfsfristen die festlegen, nach welcher Zeit professionelle Hilfe vor Ort sein muss. In Hessen sind das 10 Minuten. Bei einer Reanimation hat der Patient zu der Zeit aber keine reelle Chance mehr, wenn ihm nicht von Ersthelfer geholfen wird. Aus diesem Grund ist es von allergrößter Wichtigkeit freiwillig einen Erste Hilfe-Kurs zu absolvieren, damit man im Notfall helfen kann und nicht zuschauen muss. Statistisch gesehen muss man am häufigsten Angehörigen oder Bekannten helfen. Das sollte einen erst recht motivieren in dieser Situation helfen zu können. Kurse werden für wenig Geld von allen Hilfsorganisationen angeboten.
Das Gesetz sagt:
"*§ 323c StGB - Unterlassene Hilfeleistung
Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."
Eigenschutz geht immer vor! Es nützt einem nichts, wenn man am Ende auch noch neben dem ursprünglichen Patienten liegt. Um das am Gesetz festzumachen: Man muss nur in zumutbarer Weise helfen.
Auf den Paragrafen 323c StGB ist hier schon hingewiesen worden. Hier der genaue Gesetzestext:
§ 323c Unterlassene Hilfeleistung.Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Hier möchte ich auf die Aussage "zumutbar" eingehen. Helfen müssen Sie auf jeden Fall. Aber eben nur soweit, wie Sie es sich zu trauen. Wenn Sie auf einer leeren Starße irgendwo im "Hinterland" unterwegs sind, reicht es auf gar keinen Fall nur einen Notruf zu tätigen. Es gibt Rettungsdienstbereiche wo ein eintreffen von Rettungsdienst und Feuerwehr nicht in den vorgeschriebenen 15min gewährleistet werden kann. In diesen 15min könnte durch Ihre Hilfe sog. Folgeschäden erspart und verhindert werden. Jetzt z.B. in der kalten Jahreszeit kann es schnell zu lebensbedrohlichen Unterkühlungen kommen. Ich bin im Rettungsdienst und als Ausbilder in der Ersten Hilfe tätig. Diese Frage, nach dem Helfen müssen, kommt immer wieder. Ich stelle dann immer eine Gegenfrage: "Stellen Sie sich vor, Sie wären der Verunfallte. Würde Ihnen das reichen, wenn ein Auto an Ihnen vorbei fährt oder würden Sie sich freuen, wenn das Auto anhält und Hilft?" Auch wenn die Verletzungen nicht groß sind - die Seele und Psyche sind immer verletzt. Einen Menschen an seiner Seite zu haben wäre dann schön. Es ist aber ein menschlicher Aspekt und Sie müssen mit Ihrer Entscheidung leben. Zu Ihrer direkten Frage, ob das absetzen des Notrufes reicht, nicht gerichtlich belangt zu werden - ja. Meine Meinung als Retter und Ausbilder - ja, leider. Die Entscheidung "nur" zu telefonieren berugt doch meist auf der Angst des Helfenden, etwas falsch zu machen bei der Ersten Hilfe. Das einzige, was Sie falsch machen können ist nicht zu helfen. Für die evtl. Folgeschäden am Patienten kann und wird Sie kein Gericht in Deutschland verurteilen. Ihre Aufgabe als Ersthelfer besteht darin das Leben des Patienten zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen R.Schmidt Rettungsassistent und Ausbilder
PS: Ich will keine Werbung für meine oder andere Hilfsorganisationen machen, aber ein Kurs in Erste-Hilfe kostet 18€...
Ich verstehe die Frage nicht ganz. Hat nicht jeder, der den Führerschein erworben hat eine Ausbildung zum Ersthelfer gemacht? In diesem Rahmen ist Erste Hilfe zu leisten. Das beinhaltet die stabile Seitenlage, die Herz-Lungen-Wiederbelebung, anlegen eines Druckverbandes... Wer sich hier unsicher ist sollte zu sich selbst ehrlich sein und einen solchen Kurs wiederholen. Schon die Moral ist für mich bindend, Erste Hilfe zu leisten.
Jede Art von Zuspruch ist "Erste Hilfe". Jeder ist verpflichtet, zu Helfen. Nur Notruf abstzen ist zwar besser als ganz wegschauen, aber auch wenn man von gar nichts eine Ahnung hat, dann kann man trotzdem für die Verletzten da sein und sie nicht alleine lassen! Wenn du einen Unfall hast, dann wärst du auch froh, wenn sich jemand um dich kümmern würde und wenn er nur Händchen halten würde und mit dir redet!
Man MUSS sonst würde man wegen Unterlassenehilfeleistung vor Gericht kommen und der Notruf reicht nicht aus. Natürlich kann ein Nichtschwimmer keinen Menschen vor dem Ertrinken retten.Und wenn man einen Hilft beruhigt man auch gleichzeitig seinen Gewissen =)
Aber was ist wenn man sich selber in Gefahr bringen würde?