Kennt jemand den Grund, warum es eine prozentuale Lohnerhöhung gibt?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

würde die Lohnenentwicklung nicht prozentual, sondern absolut und für alle gleich erfolgen, würden Lohnunterschiede mehr und mehr verschwinden.

Beispiel: Lohn 1 = 1000 EUR, Lohn 2 = 1500 EUR, also 50% mehr. Nach zwei Lohnerhöhungen zu jew. 100 EUR steht es 1200 EUR zu 1700 EUR, also nur noch 41 % mehr.

Dagegen steht die Inflation, d.h. der Kaufkraftverlust, der ein prozentualer ist. Nehmen wir den mal mit 10% pro Jahr an.

Dann wäre bei Lohn 1 der Kaufkraftverlust durch die Lohnerhöhung immer genau ausgeglichen und bleibt bei 1000 EUR. Bei Lohn 2 würde die Kaufkraft massiv sinken: Jahr 1: 1500 EUR minus 10% Kaufkraftverlust = 1350 EUR plus Erhöhung 100 EUR = 1450 EUR. Im Zweiten Jahr sind es nur noch 1405 EUR Kaufkraft (auf Vergleichsbasis Jahr 0).

Nach 25 Jahren wäre die Kaufkraft bei Lohn 1 nach wie vor 1000 EUR (auf Basis Jahr Null), bei Lohn zwei dagegen nur noch bei bei 1.035 EUR. D.h. Lohnempfänger 2 hätte fast ein Drittel seiner Kaufkraft verloren.

Jetzt kann man sagen: Ja gut, aber er hat ja immer noch mehr als Lohnempfänger eins, auch wenn der Vorsprung mit der Zeit immer geringer wird. Damit sind wir dann bei der Frage, warum es überhaupt Lohnunterschiede gibt, und ob nicht alle dasselbe bekommen sollten. Und da ist es wohl keine Frage, dass unterschiedliche Mühe, Stress, Sorge, Ausbildung etc. der Gerechtigkeit halber auch unterschiedlich bezahlt werden muss. Was nicht heißt, dass in der Praxis all diese Punkte immer gerecht berücksichtigt werden. Aber das steht auf einem anderen Blatt.

Fazit jedenfalls: Will man Lohnunterschiede hinsichtlich der Kaufkraft beibehalten, muss man prozentual in Höhe der Inflation erhöhen, nicht absolut einen bestimmten einheitlichen Betrag.

marylinjackson 
Beitragsersteller
 06.04.2014, 11:47

Die Kaufkraft ist wohl der Knackpunkt bei dieser Rechtfertigung. Der Altersfaktor in der Begründung wird wohl nicht berücksichtigt. Die Jungen sind Niedriglöhner und verbrauchen ihr ganzes Geld für Anschaffungen, dabei verschulden sie sich oft trotz der (statistisch belegten) niedrigen Kaufkraft. Die Älteren haben schon alles und sparen. Deren Kaufkraft reduziert sich dadurch deutlich in den späteren Jahren.

tevau  10.04.2014, 18:07
@marylinjackson

Geht es Dir um die Lohnerhöhung zum Ausgleich der Inflation = Geldentwertung = Kaufkraftverlust?

Letzter ist absolut altersunabhängig (wenn man mal von Altersrabatten wie z.B. Seiniorentickets absieht): Ein 20 Jähriger kann sich für 1000 EUR genausoviel kaufen wie ein 60jähriger. Und eine Inflationsrate von 10 % sorgt dafür, dass sich ein Jahr später der 21 Jährige von den 1000 verbleibenden Euro genausoviel kaufen kann wie der 61jährige, nämlich 90 % der Sachen im Jahr davor.

Oder geht es Dir darum, den Konsumbedarf unterschiedlicher Altersgruppen bei der Entlohnung zu berücksichtigen?

Vielleicht beantwortet folgendes Gedankenspiel automatisch Deine Frage:

Wenn nicht eine prozentuale, sondern absolute Lohnerhöhung sinnvoll oder gerecht sein soll, wie sollte Sie in folgenden Fall ausfallen, wenn man vier Leute mal vergleicht:

Person 1: 25 Jahre jung, Lohn 1000 EUR

Person 2: 55 Jahre alt, Lohn: 2000 EUR

Person 3: 25 Jahre jung, Lohn 3000 EUR

Person 4: 55 Jahre alt, Lohn: 4000 EUR

Inflationsrate = 10 %.

Was wäre eine sinnvolle Lohnerhöhung, und warum?

Auf Deine Antwort bin ich gespannt, vielleicht verstehe ich dann die Frage besser.

marylinjackson 
Beitragsersteller
 12.04.2014, 11:00
@tevau

Alle vier Personen sollten nur 100 Euro Lohnerhöhung erhalten als Inflationsausgleich. Der statistisch ermittelte Warenkorb, der bei allen wirtschaftlichen Berechnungen eine große Rolle spielt, spiegelt nach meiner Ansicht nicht die Realität wider, weil der Bedarf oder die Kaufkraft sich nicht nur nach der Verdiensthöhe richtet, das liegt wohl an den Stichproben von den 60 000 Haushalten, die da zuliefern.

Die Mütterrente soll ja auch gleich vergeben werden und sich nicht nach dem mütterlichen Einkommen richten.

Andere Lohnerhöhungen aufgrund von erbrachten Leistungen sollten aber prozentual erfolgen.

Als Laie bedanke ich mich für Deine Hilfe für die Aufklärung, tevau.

tevau  14.04.2014, 11:35
@marylinjackson

Verstehe ich Dich richtig: Dein Kritikpunkt ist, dass aus einem Warenkorb immer EINE universelle Inflationsrate ermittelt wird, obwohl Bezieher verschieden hoher Einkommenshöhen verschiedene Bestandteile des Warenkorbes in unterschiedlicher Intensität verbrauchen.

Also z.B. werden Bezieher höherer Einkommen einen höheren Anteil für Bildung und Kultur ausgeben als Geringverdiener, und wenn Bildung und Kultur nun eine andere Kostensteigerung aufweisen als zum Beispiel Obst und Gemüse, müssten diese Unterschiede bei der Gewichtung des Warenkorbes für jede Einkommensgruppe unterschiedlich gebildet werden.

Theoretisch hast Du wahrscheinlich Recht. Aber das ist natürlich praktisch undurchführbar. Man müsst dann für jede Verbrauchergruppe eine eigene Inflationsrate ermitteln, und zwar nicht nur nach Einkommen, sondern auch nach Wohnort, Alter etc. D.h. es gibt tausend verschiedene Inflationsraten.

Die Frage ist, ob denn die Vereinfachung, dass alle Menschen ihren Konsum zu gleichen Teilen auf die einzelnen Warengruppen aufteilen, zu großen Fehlern führen würde.

Und wenn man das meint, was wäre dann die bessere Alternative. Hinsichtlich der Lohnerhöhung einen Absolutbetrag zu nehmen, ist da mit Sicherheit so ziemlich das Falscheste.

Wie sollte denn der bestimmt werden? Dazu hast Du leider nichts gesagt. Du hast die Inflationsrate (die Du für nichtrepräsentativ hälst) auf die unterste der vier beispielhaften Lohnhöhen angesetzt. So ganz verstehe ich noch nicht warum.

Woher weißt Du, dass der Warenkorb repräsentativ für denjenigen ist, der 1000 Euro verdient?

Wie wäre Deine Antwort gewesen, wenn ich auch noch einen Lohnempfänger angegeben hätte, der nur 500 EURO verdient, z.B. eine Teilzeitkraft oder einen studentischen Jobber? Frage also: Wie definierst Du das Lohnniveau, auf dessen Basis ein Inflationsausgleich berechnet wird, der dann als Absolutbetrag für alle gelten soll?

Warum nimmst Du an, dass der Konsumanteil des Besserverdienenden, der den Konsum des 1000-EUR-Verdieners übersteigt, nicht teurer wird? Ansonsten wären die 100 EUR nämlich für jeden, der mehr als 1000 EUR verdient, KEIN Inflationsausgleich.

Und wie meinst Du, dass andere Lohnerhöhungen aufgrund von erbrachten Leistungen prozentual erfolgen sollten? Also wenn ein Gutausgebildeter Spezialist eine stets gleichbleibende Leistung erbringt. Was bekommt er dann mehr, und warum?

marylinjackson 
Beitragsersteller
 12.05.2014, 09:56
@tevau

Fragen über Fragen, die ich alle nicht beantworten kann.

Niedriglohnbezieher und Studenten werden finanziell meist von den Eltern unterstützt. Kultur (egal welcher Art) zählt für mich nicht zu den lebensnotwendigen Ausgaben.

Ich denke auch an die Rentner, die keinen Inflationsausgleich erhalten, während den Pensionären das Ruhegehalt laufend erhöht wird. Die Warenkorbberechnung scheint der Knackpunkt zu sein.

Freitag, 15.11.2019

Um eine Lohnerhöhung fordern zu können, muss es im Vorfeld Preiserhöhungen gegeben haben. Hierbei könnte man der Einfachheit halber Preiserhöhungen bei Lebensmitteln annehmen, weil ja alle Menschen sich irgendwie ernähren müssen.

Und nun kaufen wir ein, was wir für unsere Ernährung für richtig halten und stellen fest, dass diverse Artikel teurer geworden sind.

An der Kasse wird aber nicht gefragt, wie hoch meine Einnahmen sind.

Jetzt setzen wir uns in die Lage, dass wir nach einer prozentualen Lohnerhöhung Lebensmittel einkaufen.

Die gleichen Lebensmittel kauft - am selben Tag - aber auch ein Kunde ein, dem seine Einnahmen doppelt so hoch sind, als meine.

Nun müssen wir nicht lange rechnen, wie viel mal mehr sich der Besser - Verdiener dieselbe Ware kaufen kann.

Genau! Und um dieser Sache Gerechtigkeit walten lassen zu können, müssten die Lohn-und Gehaltserhöhungen nicht prozentual, sonder um einen festen Betrag erhöht werden; alles andere ist ungerecht -- und zwar schon immer -- und das wissen die Gewerkschaftsbosse auch ganz genau; warum die aber schweigen, bleibt wohl deren Geheimnis?

MfG, HWK

marylinjackson 
Beitragsersteller
 16.11.2019, 03:19

Genau das meine ich auch.

geh mal zu einer uNi und frag das einen BWL Prof ;)

marylinjackson 
Beitragsersteller
 06.04.2014, 11:30

Hier bei GF gibt es genügend Nutzer, die BWL studiert haben.

Aber ich bedanke mich für diesen Hinweis, der nicht sehr hilfreich ist.

ein sehr sehr vereinfachtes AnschauungsBeispiel:

Die Inflation liegt bei 10 Prozent.

Ein Arbeiter verdient 500 Euro brutto. Er bekommt einen Pauschal ausgleich von 100 Euro . Sein tatsächlicher Kaufkraftverlust liegt aber nur bei 50 Euro. er bekommt als 50 Euro mehr als ihm durch die Inflation "verloren " gehen.

Ein Angestellter mit 2000 Euro brutto gehen durch die Inflation 200 Euro "verloren" .. er bekommt nur 100 Euro Ausgleich.. also fehlen ihm trotzdem weiter 100 Euro.

marylinjackson 
Beitragsersteller
 06.04.2014, 11:53

Ein Niedriglöhner gibt alles Geld für seinen Grundbedarf aus, warum braucht statistisch gesehen ein höher Verdienender mehr für seinen Grundbedarf?

altermann58  02.04.2014, 10:56

Die Inflation liegt zurzeit unter 2 %...

neppel2525  02.04.2014, 11:29
@altermann58

ja , das weiß ich .. und wo ist dein Problem? es handelt sich um ein sehr vereinfachtes Anschauungbeispiel!! wie auch in der Antwort geschrieben..

und da ich lieber mit 10 Prozent rechne also mit 1,78 dann eben so ..

Das hat man durchaus erkannt.Von Zeit zu Zeit wird vereinbart nicht mehr in die unterste Lohn-oder Gehaltsgruppen nicht mehr .Für Azubis wird oft linear angehoben,oder es gibt die Klausel, X % oder im Minimum den Betrag X! Also lineare Gehaltserhöhungen sind nicht völlig abwegig.Beste Grüße