Kann ein Gericht die Schuld eines Mörders überhaupt beurteilen?
Wird ein Angeklagter vor Gericht des Mordes aufgrund Beweise / Indizien für schuldig befunden, beurteilt das Gericht zudem noch die moralische Schuld des Angeklagten. Nun ist Schuld ein moralischer Begriff, doch Moral ist relativ und lässt sich wissenschaftlich nicht erfassen. Was für den einen moralischverwerflich ist, ist für den anderen gerechtfertigt, beispielsweise die Ermordung der untreuen Ehefrau, eines Verräters, etc. Überschreitet ein Gericht daher nicht seine Kompetenzen, wenn es seine moralischen Maßstäbe für absolut erklärt und sie am Angeklagten anlegt?
4 Antworten
Dafür sind Richter ausgebildet, dass sie nach geltendem Recht richten und dementsprechend auch die Schuldfrage klären.
Nach Moral wird da nicht entschieden. Es ist u.a. definiert, was "niedere Beweggründe" sind und je nach dem wird eine Tat entsprechend anders eingestuft - Totschlag vs. Mord beispielsweise. Schuld kann ein ebenso ein moralischer Begriff sein, aber in der Judikative wird nicht diese sondern die juristische Auffassung verwendet.
Anmerkung zu einem deiner Kommentare: Eine besondere Schwere der Schuld kann vorliegen, wenn die Tat besonders verwerflich war, der Täter sehr brutal und grausam vorgegangen ist oder dem Opfer große Qualen zufügt hat. (Google hilft) - das hat nicht nur mit Moral zu tun, auch mit anderen Bereichen.
Manche Begriffe haben mehrere Dimensionen, wie eben "Schuld" (juristisch, moralisch) und können von mehreren Seiten betrachtet werden. Moral und Recht widersprechen sich landestypisch eher nicht, da die Moral sich im Recht manifestiert und umgekehrt. Es ändert aber nichts, dass Richter das Ganze juristisch betrachten - fixiert in Gesetzen. Wenn es jetzt von einem auf den anderen Tag in der Gesellschaft akzeptiert werden würde, dass beispielsweise Kinderschänder vogelfrei wären, würde man dennoch gegen bestehendes Recht verstoßen, wenn man danach handeln würde.
Ich hoffe, du kannst Google selbst bedienen. Jedenfalls würde ich hier dasselbe schreiben, was Google auch ausspuckt.
nur weil du unbedingt eine Bestätigung deiner Vermutung haben willst, werde ich jetzt nicht zu deiner Suchmaschine ;)
Nein. Es legt ja nicht seine persönlichen Maßstäbe an - sondern die in Deutschland gültigen. Und da ist Mord an der untreuen Ehefrau jetzt kein Grund für Milde, weil man sich ja auch einfach hätte trennen können...
Wann beurteilen Gerichte eine moralische Schuld? Gerichte versuchen zu ermitteln, ob jemand eine Straftat begangen hat oder ob er unschuldig ist. Moral spielt da keine Rolle.
Noch nie was von "besonderer Schwere der Schuld" gehört, was die Haftstrafe verlängert?
Natürlich hat Schuld etwas mit Moral zu tun.
Aber bei "besondere Schwere der Schuld" bedeutet ja nur, dass der Täter besonders brutal vorgegangen ist. Moralische Aspekte werden da nicht berücksichtigt. Schuldig ist jeder überführte Täter, auch der sprichwörtliche "Eierdieb".
Nicht unbedingt. Auch aus Sicht des Gerichts besonders verwerfliche Motive können zum Urteil "besondere Schwere der Schuld" führen - siehe Lübcke-Mörder. Das Gericht beurteilt also sehr wohl moralische Aspekte.
Das Gericht prüft nicht die moralische Schuld! Es prüft die Schuldfähigkeit, das Unrechtsbewusstsein und evtl. vorliegende Entschuldigungsgründe (ganz grob gesagt)
Doch. Wenn nach Meinung eines Gerichts ein Mord besonders verwerflich war, wird die "besondere Schwere der Schuld" festgestellt.
nicht nur... bitte den kompletten Satz lesen "... wenn der Täter sehr brutal und grausam vorgegangen ist oder dem Opfer große Qualen zufügt hat" fehlt
Du spielst auf die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld an...auch diese ist keine moralische Bewertung! Sie wird dann festgestellt, wenn in Bezug auf vergleichbare Taten eine besonderes hohes Maß an Schuld vorliegt in Bezug auf die Tat, das Motiv oder den Täter
Bewertungen von Schuld sind natürlich moralische Bewertungen, siehe "Werturteile".
Wenn du das so sehen möchtest....
Tatsächlich wird die Diskussion meist eher schon bei der Definition der mordmerkmale geführt (niedrigere Beweggründe).
Und ja, ich finde es in Ordnung, dass ein Gericht darüber urteilt und danach zb entscheidet, ob mord oder totschlag vorliegt
Was heißt so sehen möchtest. Bewertungen von Schuld sind nun mal im Gegensatz zu gerichtlichen Beweisaufnahmen keine Sachurteile, welche auf überprüfbaren Kriterien beruhen. Und ob es eine Schuld im moralischen Sinne überhaupt gibt, weiß kein Mensch. Warum z.B. das Gericht beim Mörder von Lübcke eine "besondere Schwere der Schuld" festgestellt haben will, erschließt sich mir nicht. Ich persönlich halte z.B. Morde, bei denen das Opfer gequält wurde, für wesentlich verwerflicher. Wenn aber ein solcher Mörder wiederum ein Vater war, der den Mörder seines Kindes zu Tode gequält hat, sehe ich das schon wieder anders. Wo hier falsch und richtig ist, vermag ich nicht zu beurteilen - im Gegensatz zu Gerichten, die vorgeben, das beurteilen zu können.
Das Urteil im Fall Lübcke ist ein schlechtes Beispiel, wenn hier wurde die Schwere der Schuld ja festgestellt, weil zwei Mordmerkmale erfüllt wurden und weil wegen der Gesinnung des Täters weitere Straftaten zu befürchten sind - das alles hat wenig mit moralischer Schuld zu tun
Mordmerkmale begründen lediglich eine Verurteilung wegen Mordes. Es geht hier um die "besondere Schwere der Schuld", die ich genauso wenig erkennen kann wie der Verteidiger des Lübcke-Mörders. Dieser sagte aus, dass er als einzigen Unterschied zu anderen Morden den Umstand sieht, dass Lübcke ein Repräsentant des Staates war.
Wenn Beweggründe beurteilt werden in "niedere Beweggründe" und "keine niederen Beweggründe, ist das keine moralische Bewertung von Beweggründen?
Hält die Definition von "niederen Beweggründen" wissenschaftlichen Kriterien stand? Wenn ja, welchen?