Haben Strafverteidiger kein Gewissen?
Mein Vater ist Rechtsanwalt für Strafrecht und werde wahrscheinlich später in die gleiche Richtung gehen. Heute hatte ich eine Diskussion, da jemand zu mir meinte, ich sei das KInd eines ''Vergewaltiger-Anwalts.'' Ich fand die Situation ziemlich beknackt. Natürlich stehe ich hinter dem, was mein Vater macht, ich finde jedoch, man stellt einen Verteidiger nicht auf die Stufe mit seinem Mandanten. Ich habe mir zwar schon oft Gedanken über die übliche Gewissensfrage im Strafrecht gemacht, aber bin nie so richtig zu einem klaren Schluss gekommen. Man dient ja für einen fairen Prozess, auch wenn man daran bemüht ist, die Strafe zu mindern. Mir wurde auch oft die Frage gestellt, ob ich es mir denn vorstellen könne, Mörder etc. zu verteidigen und wie gewissenlos das doch sei. Ich persönlich komme aus einer Juristenfamilie und kann mich mit dieser Denkweise von anderen nicht ganz identifizieren. Kann mir mal jemand erklären, wieso dieser Beruf als ''gewissenlos'' dargestellt wird. Zudem ist der Angeklagte ja nicht schuldig, bis er verurteilt wurde. Wieso redem also immer alle von solchen Dingen, die einen Strafverteidiger schlecht dastehen lassen?
33 Antworten
Dein Vater verteidigt nicht sich und sein Gewissen, sondern das Recht und das Recht sieht vor, dass ein Straftäter zum Beispiel nicht gefoltert oder getötet wird, egal was er getan hat.
Auch spielen die Umstände häufig eine Rolle. Wer wurde zu was gezwungen? Wer ist wie zurechnungfähig? Ist der Mandant überhaupt schuldig oder wird ihm etwas in die Schuhe geschoben? Welches ist das rechte Strafmaß? Usw. Das sind alles Fragen, die im Zuge eines Prozess beantwortet werden müssen.
Will man das überspringen, bräuchte man die Justiz nicht.
Hineinversetzen kann man sich schwer in einen Kinderschänder und viele würden diesen das Schlechteste wünschen. Aber das ist nicht die Justiz und dein Vater ist nicht verantwortlich für die Gesetze.
Das ist so, wie wenn man einem Soldaten vorwerfen würde, einen offiziellen Feind auf Befehl zu erschießen. Der Soldat handelt zum Wohle des Landes und dein Vater zum Wohle der Rechtsordnung.
dankeschön!
in unserer gesellschaft geht es darum, dass die menschen GERECHT, d.h. dem recht entsprechend behandelt werden. und dabei haben strafverteidiger eine wichtige rolle- sie schützen nicht den täter, sondern sie schützen die werte der gesellschaft. wir wollen keine lynch-justiz, wir wollen keine vorverurteilung, wir wollen keinen unschuldigen verknasten, wir wollen keine überzogenen, unangemessenen strafen aussprechen. dass dies so nicht geschieht, muss es menschen geben, die für das gesetz einstehen: die anwälte.
der staatsanwalt tut dies natürlich auch, allerdings von der anderen seite aus- er vertritt die opfer. dass es dadurch zu keiner einseitigkeit kommt z.b. welche zeugen befragt, welche spuren verfolgt werden, muss es einen anwalt für die gegenseite geben. als anwalt muss man überlegen, ob die beweisführung einseitig ist und auf lücken hinweisen etc. als anwalt sollst du nicht dafür sorgen, dass dein mandant möglichst billig davon kommt- du solltst dafür sorgen, dass er ein ANGEMESSENES urteil bekommt. es kann dich keiner zwingen, nur die mindeststrafe zu fordern. wenn du keine entlastenden gründe vorbringen kannst, dann kannst du deine forderung auch anders stellen.
zusammengefasst: natürlich kann ein anwalt ein gewissen haben; hätte er das nicht, wäre er kein guter anwalt, da er das recht ausbeuten würde.
Ich sehe das so: Bis zur verurteilung ist ein Mensch unschuldig. Dafür genau gibt es ja die Gerichtaverhandlung um zu klären ob der angeklagte schuldig ist und in welchem maße. Der verteidiger des angeklagten spiegelt ja nur die 2. seite der argumentation wieder um die gerichtsverhandlung fair zu halten und die andere seite der medaillie zu beleuchten.
Es gibt durchaus Menschen, die auch nach der Verurteilung unschuldig sind. Und natürlich auch Schuldige, die nicht verurteilt wurden.
Ja, leider. In beiden Fällen.
Strafverteidiger - ist sicher kein einfacher Beruf.
Da muss man erst mal starke Nerven haben - und sich durch (fast) nichts aus der Fassung bringen lassen.
Und da starke Emotionen beteiligt sind, wird man wohl kaum immer Sachlichkeit erwarten dürfen.
Ich glaube allerdings nicht, dass "immer" "alle" von solchen Dingen reden, die einen Strafverteidiger schlecht dastehen lassen.
Das kommt auf den Fall an, die beteiligten Peronen und Emotionen, die Presse usw..
Mach dir deswegen nicht so viel Gedanken. Das bringt nix !
Alles Gute !
Einem Anwalt ist es völlig Latte, ob sein Mandant schuldig ist oder nicht - er will nur Geld verdienen - DAS verdient er, indem er alle Rechtsmittel ausschöpft. Je weiter der Prozess geht: Amtsgericht, Landgericht, OLG, je mehr rechnet der Anwalt ab. Für jeden gefahrenen Kilometer, für jeden Verhandlungstag fließt Kohle. Ob der Mandant als freier Mann das Gericht verlässt, oder in die "Grüne Minna" steigt, ist dem Verteidiger egal - ER gewinnt immer: GELD.
Und mal wieder sehr schön formuliert :)