Leisten Christen hauptsächlich Widerstand in Unrechtsregimen aus Angst vor einem strafenden Richtergott oder wegen der Liebe zu den Menschen?
"Schuldig sind wir geworden, weil wir unser Leben nicht riskiert haben." schrieb einst Hoimar von Ditfurth in seinem letzten Buch "Innenansichten einer Artgenossen" von 1989 in Bezug auf das Dritte Reich. "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." (Apostelgeschichte 5, 29) heißt es in der Bibel. Wer im Dritten Reich keinen Widerstand leistete hatte eindeutig bessere Chancen zu überleben und ein relativ angenehmes Leben. Weil es in der damaligen Zeit aller schwerste Sünde war aus Angst vor Strafe keinen Widerstand entgegenzubringen, musste man damit rechnen, nach dem leiblichen Tod die ewige Höllenstrafe zu bekommen. Sie ist unendlich mal grausamer als das Leiden aller KZ-Häftlinge und der Strafmaßnahmen der Diktatur gegen Widerständler zusammen.
Wer dagegen Widerstand leistete, musste zwar mit Gefängnis, KZ, Folter sozialer Verachtung und Hinrichtung rechnen. Dafür kam er nach seinem Tod in den Himmel. Dies ist die ewige Glückseligkeit. Sie ist unendlich viel freudvoller als die höchsten Glückszustände auf Erden. Viele christliche Märtyrer waren damals davon überzeugt, dass sie nach ihrer Hinrichtung in den Himmel kamen. Die Geschwister Scholl, Dietrich Bonhoeffer und die Lübecker Märtyrer gingen deshalb so furchtlos in den Tod.
Stimmt das oder war die Menschenliebe das entschiedenere Motiv beziehungsweise aus der Kraft des Geistes heraus?
Woher weißt du, dass KZ-Insassen nach ihrem Tod in den Himmel kamen?
Das weiß ich leider nicht. Alle KZ-Insassen waren ja auch keine Widerstandskämpfer. Ich weiß nur, dass viele Christen im Widerstand davon überzeugt waren.
Hattest du nicht geschrieben: "Dafür kam er nach seinem Tod in den Himmel"?
Ich habe nur geschrieben, dass viele christliche Widerstandskämpfer damals davon überzeugt waren, dass sie nach ihrer Hinrichtung in den Himmel kamen.
8 Antworten
Ein strafender Richtergott entspricht nicht der Bibel. Denn diese hat nicht eine Drohbotschaft im Mittelpunkt, sondern eine frohe Botschaft.
Gemäss Bibel braucht es für ein Leben im Paradies nach dem Tod nicht möglichst viele gute Taten und Werke. Wer jedoch Jesus nachfolgt, der wird deshalb gute Taten vollbringen.
Von Dietrich Bonhoeffer weiss man, was sein grösstes "Problem" war. Er wusste lange nicht, ob er dem Gebot von Gott folgen würde, wenn er dafür wäre, dass Hitler umgebracht würde.
Dass er gegen die Rassenpolitik von Hitler war, hatte er dadurch gezeigt, dass er der Bekennenden Kirche angehörte. Erst später schloss er sich der Gruppe an, die auch auf andere Art gegen die Politik von Hitler kämpfte.
Die Flugblätter der " Weißen Rose" waren mehr als nur ein Aufstand des Gewissens. Sie waren politisch hoch motiviert und entstanden aus der Überzeugung heraus, dass man nicht mehr schweigend zuschauen dürfe, sondern Widerstand gegen das verbrecherische System leisten müsse.
https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/60944/widerstand-der-weissen-rose
Ich würde eine ganz andere Erklärung ansetzen: Religionen und religiöse Regeln stehen sowieso im Widerspruch zu den Werten und Normen und auch Gesetzen der säkulären Staaten. Religiösen Menschen ist ihre Religion da oftmals wichtiger, als der Staat, daher fällt es ihnen in Situationen, wo das Handeln des Staates nicht mit ihren Werten und Normen und religiösen Regeln übereinstimmt, leichter, sich vom Staatsnarrativ/Regierungsnarrativ abzuwenden und dagegen zu protestieren.
Natürlich fällt es aber auch einfacher, widerliche Umstände zu ertragen, wenn man sich einreden kann, dass das nur ein kurzes Zwischenspiel ist, damit es deutlich besser danach wird.
1933 gab es in Deutschland 62 Millionen Christen bei 66,2 Millionen Einwohnern.
Wenn die Christen Widerstand geleistet hätten, dann wäre es nicht zu diesem Verbrechen gekommen. Sie haben aber keinen Widerstand geleistet, sie haben in der überwiegenden Mehrheit begeistert "Heil Hitler" geschrien oder geschwiegen und haben sich dabei nicht anders verhalten, wie ihre Kirchen.
Die These von den Widerstand leistenden Christen ist dummes Zeug, ist Wunschdenken, ist moralischen Selbsterhöhung. Wenn Christen Widerstand geleistet haben, dann war es die Ausnahme.
Auf diese pauschale Frage gab und gibt es nur individuelle Antworten.
Du vergisst zudem andere Motivbündel.
Gruß, earnest
"Schuldig sind wir geworden, weil wir unser Leben nicht riskiert haben." schrieb einst Hoimar von Ditfurth
Schuldig gegenüber wem? Einem Gott? Nein.