Darf der Arbeitgeber nach einer Kündigung Geld vom letzten Gehalt einbehalten weil im laufenden Jahr zu viel Urlaub genommen wurde?
(Vollzeit, 3 Jahre in der Firma)
Die Begründung: Bei Genehmigung des Urlaubs war die Kündigung nicht bekannt, deswegen bleibt der zu viel genommener Urlaub unbezahlt.
Was soll ich da am besten machen?
7 Antworten
Wurde der Urlaub "nur" schon genehmigt oder hast Du diesen auch schon genommen und bezahlt bekommen?
Wenn Du ihn genommen hast darf der AG das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückfordern (§ 5 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz).
Wenn der Urlaub aber noch nicht angetreten ist oder der AG das Urlaubsentgelt noch nicht bezahlt hat, braucht er dem AN nur das Entgelt für den erworbenen Urlaubsanspruch zu bezahlen.
Dass Du Deinen Urlaub angetreten hast kann ich nachvollziehen.
Maßgebend ist hier nur: Hat der AG Dir das Urlaubsentgelt schon vor dem Urlaub bezahlt? Wenn ja, darf er nicht zurückfordern.
Falls Du den Urlaub nach Deiner Kündigung angetreten hast und der AG das Urlaubsentgelt noch nicht bezahlt hat, darf er im Nachhinein das Urlaubsentgelt kürzen. Er braucht dann nur die Urlaubstage zu bezahlen, die Du bis zum Ende der Kündigungsfrist erworben hast.
Ich habe das volle Gehalt erhalten in dem Monat als ich im Urlaub war und bekannt war das ich gekündigt habe. Also scheint laut Eurer Meinung das nicht Ok zu sein einen Monat danach Geld zurück zu halten, oder?
Eine Freundin aus dem Personalwesen meinte noch, es sei in ihrer Firma aber normal, per Rückrechnung noch mehrere Monate später Geld einzubehalten, das vorher zu viel gezahlt wurde.
Unter diesen von Dir geschilderten Umständen hat der Arbeitgeber "Pech" gehabt.
Wenn er in Kenntnis der Tatsache, dass Du kündigst oder gekündigt
hast, Dir Dein volles Entgelt zahlt, d.h. auch das Urlaubsentgelt
gezahlt hat, dann darf er das "zu viel" gezahlte Geld Dir jetzt nicht
wieder abziehen!
Du kannst ihm das Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 5 "Teilurlaub" Abs. 5 "unter die Nase reiben":
Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c
bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann
das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
Der genannte "Abs. 1 Buchstabe c betrifft Deinen Fall: Erfüllung der Wartezeit von 6 Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses und Beendigung in der 1. Jahreshälfte.
Danke für die Antwort @Familiengerd, besser hätte ich nicht antworten können.
Danke, Ihr seid spitze! Ich glaube, jetzt sind sich die Experten hier zu meinem Fall einig.
Durch Euch kann ich nun ein Schreiben mit der Verweis auf den entscheidenden Teil im Gesetz verfassen. Oder doch besser den Rechtsanwalt drum bitten?
Wenn Du Gewerkschaftsmitglied bist oder eine Rechtsschutzversicherung hast, kann das ein Anwalt machen (macht meist mehr "Eindruck"). Sonst kannst Du das auch alleine tun und darauf verweisen dass Du, sollte der AG auf die Rückzahlung bestehen, Klage beim Arbeitsgericht einreichen wirst. Alles Gute
Danke fürs Sternchen und alles Gute
Richtig! und dies ergab sich erst aus den weiteren Kommentaren des TE......
dies ergab sich erst aus den weiteren Kommentaren des TE......
Leider kommen immer wieder wichtige Informationen erst nach und nach. Mit ist das auch schon oft passiert dass ich eine Antwort gegeben habe die im Nachhinein entweder falsch oder unvollständig war weil man nicht alle notwendigen Infos hatte.
Wenn zum Zeitpunkt der Kündigung der Urlaub "nur" genehmigt, aber noch nicht genommen war, muss der Mitarbeiter entweder auf den zuviel beantragten Urlaub oder auf die Bezahlung der Abwesenheit verzichten, wenn er den Urlaub machen will.
Also eine echt verzwickte Sache.. Ursusmaritimus, gibt es zu Urlaub angetreten etc. irgendwo was schriftliches?
Keine verzwickte Sache. Alles eindeutig und Dir auch vom AG frühzeitig mitgeteilt.
Du durftest ja fahren. Hast halt nur dafür unbezahlten Urlaub bekommen.
Wo ist Dein Problem? Du hast doch selbst auf eigenen Wunsch gekündigt.
Danke auch für Deine Antwort. Bei der Kündigung wurde ich genau vor diese Wahl gestellt. Ich habe den Urlaub voll genommen da er zu diesem Zeitpunkt schon komplett gebucht war. Ich hatte ja schließlich Monate vorher die Genehmigung dafür bekommen.
Und warum jetzt die Frage? Ist doch alles klar. Der AG hat Dich umgehend nach Kündigung informiert, dass Dein Urlaubsanspruch durch das vorzeitige Ausscheiden aus dem Betrieb den beantragten Urlaub nicht abdeckt.
Du durftest diesen aber dennoch antreten aber eben als unbezahlte Abwesenheit.
Einspruch!
Wenn der Urlaub nach der Kündigung genommen/angetreten wurde gilt das BUG mit 1/12 des Jahresurlaubes und damit ist die Kürzung richtig! Nur wenn die Erholung schon vor der Kündigung stattfand gilt das Recht der Nichtrückforderung......
Das würde ich mal bejahen. Du hast ja auch nicht gearbeitet. Beispiel: Ich habe 30 Urlaubstage für 2016, nehme alle im März und kündige zum Ende April.... das wäre ja ein Riesenvorteil für mich, oder ?
@ grisu2101:
Die Antwort ist falsch, wenn der betreffende Arbeitnehmer bereits mehr als 6 Monate im Arbeitsverhältnis war!
Darauf bezieht sich das von PrincipessaCS angeführte Zitat!
@grisu2101: Nein, es ist kein Vorteil, da du eine entsprechende Urlaubsbescheinigung für den nächsten Arbeitgeber bekommst und dort dann keinen Urlaubsanspruch mehr für das laufende Jahr hast.
Danke für Deine Antwort. Ja, auf den ersten Blick hast Du recht. Im Bundesurlaubsgesetz habe ich aber was anderes gefunden und das verwirrt mich jetzt: "Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang
hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden."
Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahrs
Das Urlaubsentgelt für die zu viel gewährten Urlaubstage kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Beschäftigte mehr als 6 Monate im Arbeitsverhältnis stand und somit die Wartezeit erfüllt hat und in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet (§ 5 Abs. 3 BUrlG).
Ausscheiden in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres
Das Rückforderungsverbot hinsichtlich zu viel gewährter Urlaubstage greift nur bei Ausscheiden in der ersten Jahreshälfte. Somit kann bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte das Urlaubsent gilt für zu viel gewährten Urlaub zurückgefordert werden (§ 812 Abs. 1 BGB). Dies gilt
allerdings nur hinsichtlich der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubstage (Urlaub für das Jahr der Beendigung des Arbeitsverhältnisses festsetzen).
Dann wäre für den von Dir dargestellten Fall "Ausscheiden in der ersten Hälfte des Kalenderjahrs" nur noch zu klären, ob das Urlaubsentgelt auch schon vor dem Urlaub gezahlt (wie es eigentlich sein müsste); denn bei Zahlung nach dem Urlaub kann der Arbeitgeber das Urlaubsentgelt um zu viel genommenen Urlaub kürzen.
§ 11 (2) Auszahlung VOR Antritt des Urlaubs
Das ist eine Vorschrift, die heute nicht mehr praktikabel und auch mit einem enormen Aufwand verbunden ist; dieser Absatz hat heute de facto seine Bedeutung verloren.
Es geht dabei um die Fälligkeit - wenn das Urlaubsentgelt nicht vorher ausgezahlt wird und separat abgerechnet wird, gilt es, nach älterer BAG-Entscheidung (1965), nicht als schuldbefreiend - daher könnte es sowieso nicht zurückgefordert werden - aber heute würde das BAG, zumindest bei laufendem Arbeitslohn, so nicht mehr urteilen, da die normative Kraft des Faktischen den Absatz 2 seiner Bedeutung beraubt hat.
Aus der Rechtsprechung des EuGH ist zudem abzuleiten, daß die Fälligkeitsregel des deutschen Rechts im Grunde obsolet ist.
Daher wird in Deutschland inzwischen i. d. R. akzeptiert, was betriebliche Gepflogenheit ist (also auch als fortlaufende Gehaltszahlung möglich).
De lege ferenda sollte die Vorschrift wegen Bedeutungslosigkeit abgeschafft werden.
Ich habe das volle Gehalt erhalten in dem Monat als ich im Urlaub war und bekannt war das ich gekündigt habe. Habe online vieles gefunden, dass der AN das nicht anfechten kann wenn er dasich sonst immer akzeptiert hat. Ist nur die Frage, ob der AG nun später was zurückhalten darf..
Unter diesen von Dir geschilderten Umständen hat der Arbeitgeber "Pech" gehabt.
Wenn er in Kenntnis der Tatsache, dass Du kündigst oder gekündigt hast, Dir Dein volles Entgelt zahlt, d.h. auch das Urlaubsentgelt gezahlt hat, dann darf er das "zu viel" gezahlte Geld Dir jetzt nicht wieder abziehen!
Du kannst ihm das Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 5 "Teilurlaub" Abs. 5 "unter die Nase reiben":
Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
Der genannte "Abs. 1 Buchstabe c betrifft Deinen Fall: Erfüllung der Wartezeit von 6 Monaten des Bestehens des Arbeitsverhältnisses und Beendigung in der 1. Jahreshälfte.
"Genehmigung des Urlaubs war die Kündigung nicht bekannt"
Das ist das Betriebsrisiko des Arbeitgebers.
Wenn Du vor dem 01.07. den Betrieb verlässt, hast Du nur Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs je gearbeiteten Monat. Somit ist der darüber hinaus genommene Urlaub als unbezahlten Urlaub zu stellen.
Das wäre der Anspruch, dieser wurde überschritten.....jetzt ist eine Rückforderung gemäss BUG nicht mehr möglich.
Erster Satz richtig, zweiter falsch....
Ergänzung meiner Antwort: Der AG wird eine Urlaubsbestätigung für den zukünftigen AG ausstellen, dass Du X Urlaubstage im Vorgriff erhalten hast, die der neue Betrieb dann nicht gewähren muss.
Hallo Novos, danke Dir! Steht das auch irgendwo im Bundesurlaubsgesetz?
Ist es dann auch Ok ohne mein Wissen den vorher genehmigten Urlaubs Antrag nachträglich und ohne meine Zustimmung teilweise in "unbezahlt" zu ändern?
Hallo Hexle, entschuldige, dass scheint ja jetzt hier der entscheidende Punkt zu sein.
Ich wurde vor Urlaubsantritt vor die Wahl gestellt und "musste" den gebuchten Urlaub antreten oder zu 100% zahlen. Das habe ich dem AG mitgeteilt. Nachdem ich zurück war, war mein ursprünglicher Urlaubsantrag umgestellt: Der zu-viel-Urlaub war jetzt "unbezahlt". Das allein ist doch schon komisch? Was meinst Du?