Darf mein Arbeitgeber laut Vertrag(siehe Bild) oder laut Gesetz ein Kassenminus vom Monatslohn abziehen?
Hallo Leute,
ich arbeite in einer Tankstelle und in meinem Vertrag steht folgendes:
Ich habe gelesen, der AG muss die Fahrlässigkeit beweisen können und es ist rechtswidrig und nicht erlaubt, einfach so ein Kassenminus(Manko) vom Lohn abzuziehen. Ich hatte letztes mal z.b ein Minus von -14€. Ist es rechtens generell laut Gesetz ,dass er mir diese abzieht?
Oder laut Gesetz ist es nicht rechtens, aber diese Klausel in meinen Vertrag erlaubt es ihm, ohne das ich etwas dagegen machen kann, jeden Minusbetrag vom Lohn abzuziehen?
Zur Info: Die Kasse wurde auch von einem anderen Mitarbeiter paar Mal genutzt während meiner Sicht...
5 Antworten
- Die Klausel des § 14 ist, so für sich genommen, unwirksam.
Es wird kein Mankogeld bezahlt (aus dem man die Differenzen, ohne Berücksichtigung einer Schuld, ausgleichen muß) - zumindest ist das in der Klausel nicht ersichtlich.
Ohne Mankogeld sind die folgenden Bedingungen rechtswidrig, weil sie keine Individualvereinbarung darstellen, sondern als AGB anzusehen sind:
für jeden Kassenfehlbetrag
Es kommt auf die Schuld der ArbNin an und auf den Verschuldensgrad - sobald auch andere Personen Zugriff zur Kasse haben (das gilt auch für den ArbG) darf nicht pauschal eine Schuld unterstellt werden, sondern der ArbG müsste einer Person die Schuld nachweisen - was i. d. R. nicht gelingt.
Der Arbeitnehmer soll seine Unschuld nachweisen
Das wäre eine Umkehr der Beweislast - das benachteiligt die ArbNin unangemessen
- Die Klausel wäre nur rechtswirksam, wenn ein Mankogeld gezahlt würde.
Die ArbNin muß auch nur Differenzen bis zur Höhe des Mankogeldes im Monat ausgleichen - und das auch nur, wenn er alleinigen Zugang zur Kasse hätte.
Fazit
Grundsätzlich muß eine Kassiererin einen Kassenfehlbetrag aus dem laufenden Geschäft ausgleichen - das gilt aber nur, wenn sie eine Schuld trifft, die der ArbG nachweisen muß - hierbei kommt es auf den Verschuldengrad an, ob die ArbN alles, nur einen Teil oder gar nichts erstatten muß - hier spielt die Höhe, die Anzahl der Kunden, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das bisherige Verhalten etc. eine Rolle - wenn der ArbG die Kassendifferenz vom Gehalt abziehen möchte, muß er die Pfändungsfreigrenzen beachten, es sei denn die ArbNin stimmt einem Abzug freiwillig zu.
Unabhängig vom Verschuldensgrad muß grundsätzlich nur ausgeglichen werden, wenn ein Mankogeld gezahlt wird - und dann auch nur monatlich bis zur Höhe des Mankogeldes. Das Mankogeld ist bis zur Höhe von 16 € im Monat steuer- und sozialversicherungsfrei.
Die Klausel ist insofern unwirksam, weil sie schuldunabhängig ist UND kein Mankogeld enthält.
Ansonsten habe ich ja schon geschrieben, daß man grundsätzlich haftet - aber es kommt darauf an, da es eine eingeschränkte ArbN-Haftung gibt.
An der Tankstelle kommen hunderte oder tausende von Personen - wenn hier ein kleiner Betrag fehlt, dann kann der ArbG das nicht einfordern - ansonsten müssen die Umstände geprüft werden.
Wenn es Mankogeld gäbe z. B. 20 € im Monat - Minus 30 € am 01. des Monats = dann haftest Du für 20 € - für 10 € müsste dann der Verschuldensgrad festgestellt werden - den Rest des Monats darf er Dir dann auch nichts weiter schuldunabhängig abziehen.
Wenn er Dir Geld vom Gehalt abzieht, muß geprüft werden, ob Du netto unter der Pfändungsfreigrenze liegst (alleinstehend ohne Unterhaltsverpflichtungen = 1.259,99 €) - wenn ja, dann mußt Du das Geld schriftlich einfordern - ansonsten mußt Du klagen...
Generell gilt: nichts unterschreiben, was einem Schuldanerkenntnis gleich kommt.
Für alles ist auch immer Voraussetzung, daß niemand anderes an der Kasse war (auch nicht der ArbG, um z. B. große Scheine herauszunehmen).
So wie ich es also verstehe, falls man Mankogeld bekommt, haftet man also nur bis zum Betrag des erhaltenen Mankogeldes..und wenn der Fehlbetrag das Mankogeld übersteigt, muss man diese Pfändungsfreigrenze beachten? Also wenn ich Netto unter der bin, darf er mir nichts abziehen, und wenn ich über bin kommt drauf an ob ich die Kasse alleine genutzt habe und was er beweisen kann..? Und auch dann ist es für den AG schwierig, weil es schwierig ist , so etwas zu beweisen..habe ich alles richtig verstanden? Und was wenn , wie bei mir der Fall, der Nettolohn unterschiedlich ist jeden Monat?
Das hast Du richtig verstanden - es gilt immer der aktuelle Nettolohn.
I. d. R. ist es für den ArbG schwer, eine Schuld nachzuweisen, die auch tatsächlich dazu führen könnte, daß er Schadenersatz verlangen könnte.
Fahrlässigkeit = kein Ersatz - "das kann passieren" z. B. kleine Differenzen bei hohem Kundenaufkommen
mittlere Fahrlässigkeit = anteilig - "das soll nicht passieren" z. B. man ist immer unaufmerksam und abgelenkt beim Kassieren, höhere Differenzen bei geringem Kundenaufkommen
grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz = voller Ersatz - "das darf ja wohl nicht wahr sein" z. B. das Geld der Kunden wird nie nachgezählt, man zählt nie zweimal, wenn man größere Beträge rausgibt, man läßt die Kasse unbeaufsichtigt etc.
Das sollte man aber erst nicht akzeptieren und immer das Arbeitsgericht einschalten.
Super vielen Dank! Gibt es eine Liste oder ein Urteil bezüglich dieser Pfåndungsfreigrenze? Bezüglich Mankogeld usw habe ich das Urteil gefunden..ist doch dieses oder?
4. Eine vertragliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Haftung des Arbeitnehmers für einen eingetretenen Waren- oder Kassenfehlbestand (Mankohaftung) ist wegen Verstoßes gegen die einseitig zwingenden Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung unwirksam, wenn und soweit dem Arbeitnehmer kein gleichwertiger Ausgleich geleistet wird.
BAG, Urteil vom 17. September 1998 - 8 AZR 175/97 §§ 254, 276, 280, 282, 611, 823, 1004 BGB
Darf ich fragen, bist du Rechtsberater oder Rechtsanwalt und du kennst dich so gut aus
genau dass ist so ein Urteil - ich bin kein Rechtsanwalt
Weisst du ob es auch andere gibt, oder ist es das einzige bezüglich user Thema also Mankohaftung und Pfåndungsfreigrenze?
Ich frage damit ich es meinem Arbeitgeber vorlegen kann, falls er mir mal einen Kassenminus vom Lohn abzieht..
Das reicht aus - das ist höchstrichterlich...
Vielen Dank!
Die Kasse wurde auch von einem anderen Mitarbeiter paar Mal genutzt während meiner Sicht...
Dann koennen Kassendifferenzen nicht von dir eingefordert werden. Solche Klauseln sind zwar grundsaetzlich zulaessig, allerdings nur, wenn der betreffende Arbeitnehmer zusaetzlich zum normalen Gehalt auch ein sog. "Mankogeld" erhaelt UND niemand ausser ihm Zugriff auf den Kasseninhalt hat.
Vielen Dank! Das heisst also im Prinzip, egal wie hoch mein Kassenminus ist, und auch wenn ich alleinigen Zugang zur Kasse habe, sobald er mir kein Mankogeld zahlt, darf er mir laut Gesetz den Minusbetrag nicht abziehen und die Klsusel ist unwirksam? Wie hoch ist so ein Mankogeld ? Z.b wenn ich Mankogeld pro Monat 20 Euro bekommen würde und zusammengerechnet ein Minus in Höhe von 30 hätte, müsste ich nur die 20 in Bar an den AG zurückzahlen? Was passiert mit den übrigen 10 €?
Vielen Dank im Voraus
User DerSchopenhauer hat es viel besser und ausfuehrlicher erklaert als ich. Aus seinen Antworten (auch zu deinen Nachfragen) ergibt sich alles, was du wissen musst.
Genau meine Frage habe ich irgendwie während des Gesprächs dazwischengesendet und natürlich have ich ja schon eine sehr gute Antwort wie du sagst..😉 vielen Dank natürlich trotzdem!
Es gibt aber Klausel, die gegen das Gesetz sind und deshab wirkungslos.
Frag mal Deinen Gewerkschaftler.
Ist das nicht solangsam obsolet bei Ec Kartenzahlung? Ich glaube aber, das das nicht Rechtens ist. Wissen "tue" ich es aber nicht, nur meine Vermutung
Wenn du es unterschreibst, ist es rechtens, du kannst ja auch einfach das durchstreichen und ihm sagen, du unterschreibst nur ohne die Klausel.
Wenn du es unterschreibst, ist es rechtens
Nicht alles ist alleine schon deshalb "rechtens", weil es unterschrieben wurde!
Diese Klausel hier ist trotz Unterschrift wohl .unwirksam!
Wenn du es unterschreibst, ist es rechtens ...
Nein, ist es nicht. Wenn nicht sichergestellt ist, dass niemand ausser ihm Zugriff auf die Kasse hat, ist diese Klausel unwirksam.
Vielen Dank! Das heisst also im Prinzip, egal wie hoch mein Kassenminus ist, und auch wenn ich alleinigen Zugang zur Kasse habe, sobald er mir kein Mankogeld zahlt, darf er mir laut Gesetz den Minusbetrag nicht abziehen und die Klsusel ist unwirksam? Wie hoch ist so ein Mankogeld ? Z.b wenn ich Mankogeld pro Monat 20 Euro bekommen würde und zusammengerechnet ein Minus in Höhe von 30 hätte, müsste ich nur die 20 in Bar an den AG zurückzahlen? Was passiert mit den übrigen 10 €? Und falls er mir jetzt ein Betrag vom Lohn abzieht, darf ich es ihm so bezüglich Mankogeld mitteilen oder muss ich gleich meine Berufsversicherung kontaktieren?
Vielen Dank im Voraus wieder!