Darf man als Zeuge vor Gericht Forderungen stellen?
Kurze Frage wie im Titel zu erkennen ist; Darf ich als Zeuge vor Gericht Forderungen stellen ?
Ich soll heute als Zeuge vor Gericht aussagen, obwohl ich bereits bei der Polizei gegen den Angeklagten ausgesagt habe, in der Hoffnung, dass meine Strafe fallengelassen wird, das ist allerdings nicht passiert,und ich soll nur 600€ Strafe zahlen plus über 150€ Gebühren, was ich total asozial finde, da ich ja den Staat sozusagen geholfen habe. Nun muss ich heute eben aussagen und bin am überlegen, ob ich einfach sage, dass ich aufgrund der Tatsache, dass meine Strafe weder gemildert wurde noch fallengelassen wurde, einfach die Aussage verweigere. Ist das möglich, bzw. ist das erlaubt oder bringt das Konsequenzen mit sich?
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13 Antworten
Hi, Du kannst keine Forderungen stellen. Niemand wird drauf eingehen, denn Du bist verpflichtet, wahrheitsgemäß auszusagen.
Du könntest die Aussage verweigern, wenn es sich um nahe Verwande, oder Deinen Ehepartner/ Verlobte(r) geht.
Oder wenn Du dich selbst belasten müsstest, aber wie ich es verstanden hab, ist Dein Verfahren schon abgeschlossen.
Kämst Du Deiner Pflicht nicht nach, könnte man Dich sogar in den Knast stecken, bis Du es tust - nennt sich Beugehaft.
Hübsch. Viel spannender ist der hier: https://dejure.org/gesetze/StPO/55.html
Nix von "belasten". Das ist RTL-Blödsinn. Allein dass Du ein Ticket für Falschparken nachträglich bekommen könntest, reicht schon für eine Aussageverweigerung.
Ja, weil man sich damit eben selbst belasten würde.
Nein, nein, nein und nochmal Nein. Alleine dass Du Dich der Gefahr einer Verfolgung aussetzen müsstest, reicht für Dein Aussageverweigerungsrecht aus. Ob Du wirklich etwas angestellt hast, spielt keine Rolle, Brauchst Du Beispiele?
Richtig. Das bedeutet das Wort "belasten" unter anderem.
Nein. Du hast etwas Unrechtes getan und müsstest Du selbst belasten. Das steht so nicht im Gesetz. Aber Du hast nichts unrechtes getan, befürchtest aber trotzdem, dass die Staatsanwaltschaft Dich verfolgen könnte. Und dann hast Du trotzdem ein Aussageverweigerungsrecht.
Und auch da sist mit dem Begriff "belasten" vereinfacht gut und passend ausgedrückt.
Nein. Auch ohne jede "Belastung", wenn ich nichts unrechtes getan habe, muss ich mich nicht einer Strafverfolgung ausliefern. Das ist doch etwas völlig anders.
Das ist Wortklauberei.
Deiner Argumentation folgend wäre übrigens nicht das Wort "belasten" problematisch, sondern die subjektive Seite. Du argumentierst, dass jemand die Aussage verweigern darf, wenn er bereits glaubt sich durch die Beantwortung selbst belasten zu können. Das ist auch korrekt. Aber es hängt nicht an dem Wort belasten.
Doch, natürlich. Jeder außer dir versteht, was hier mit "belasten" gemeint ist.
wenn ich nichts unrechtes getan habe, muss ich mich nicht einer Strafverfolgung ausliefern. Das ist doch etwas völlig anders.
Wenn du nichts unrechtes getan hast, stellt die wahrheitsgemäße Aussage hierüber ja auch keine Belastung dar. Und es zieht obendrein keine Strafverfolgung nach sich...
Mhhh. Dann bin ich zu blöd. Wenn ich komplett unschuldig bin kann ich ja trotzdem in den Focus der Ermittlungsbeamten geraten. Richtig? Und ich kann, wenn genau diese Gefahr besteht doch die Aussage verweigern. So erlaubt das das Gesetz.
Warum sollte man gegen dich ermitteln, wenn du (wahrheitsgemäß) einen nicht strafbaren Sachverhalt äußerst?
Für eine Strafverfolgung muss min. die Grenze des § 152 II StPO erreicht werden (Anfangsverdacht; "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte").
Zum Beispiel weil ich meine (ausländische) Frau geheiratet habe und wir uns nun trennen und ich jetzt Gefahr laufe, dass gegen mich wegen einer "Scheinheirat" ermittelt würde.
Vielleicht bin ich echt zu blöd. Dann sorry, dass ich Deine Zeit verschwende.
Habe ich sie tatsächlich aus falschen Gründen geheiratet kann ich sowieso die Aussage verweigern. Muss ich nur befürchten, dass gegen mich ermittelt wird dann auch. Auch wenn ich mir nichts vorzuwerfen habe. So verstehe ich das Gesetz.
Wäre es anders, wäre jede Aussageverweigerung bereits ein umgekehrtes Schuldeingeständniss. Und das kann ja nun wirklich nicht sein.
Nach § 55 StPO darf man ja ohnehin nur die Aussage bezogen auf die Beantwortung einzelner Fragen verweigern. Man kann also nicht sagen: Vielleicht gibt es da was, also sage ich insgesamt gar nix.
Solltest du Zeuge sein und gefragt werden, ob du verheiratet bist, kannst du aber wahrheitsgemäß aussagen. Denn eine Scheidung von einem (auch ausländischen) Ehepartner/in ist per se nicht strafbar.
Für ein Einschleusen von Ausländern (§ 96 AufenthG) sind ja ganz andere Dinge relevant, als eine Ehescheidung. Eine "Scheinehe" für sich ist mW gar nicht strafbar...
Muss ich nur befürchten, dass gegen mich ermittelt wird dann auch. Auch wenn ich mir nichts vorzuwerfen habe.
Nochmal: Es ist widersinnig anzunehmen, dass gegen dich ermittelt werden würde, wenn du dir nichts vorzuwerfen hast! Mit der Begründung könntest du ja auch sagen: Ich sage niemals etwas - habe mir zwar nix vorzuwerfen, aber es kann ja sein, dass doch ermittelt wird. So umfassend ist § 55 StPO nicht. Nur, wenn durch die Aussage ein Anfangsverdacht geschürt werden könnte, dann greift er.
Ein Beispiel:
Frage: Waren Sie betrunken als Sie den Angeklagten gesehen haben?
Hier besteht erstmal kein AVR, weil es nicht per se strafbar ist sich zu betrinken. Die Frage müsste wahrheitsgemäß beantwortet werden. Nehmen wir an, die Antwort lautet: Ja.
Frage: Sind Sie dem Angeklagten anschließend mit dem Auto hinterhergefahren?
Jetzt kommt zu dem trunkenen Zustand derjenige des Autofahrens hinzu. Es käme in dieser Kombination ein Verstoß gegen § 316 StGB in Betracht. Die Antwort auf diese Frage darf verweigert werden.
Wäre es anders, wäre jede Aussageverweigerung bereits ein umgekehrtes Schuldeingeständniss. Und das kann ja nun wirklich nicht sein.
Um im obigen Beispiel zu bleiben: Es gibt nach der Aussageverweigerung ja denklogisch nur den Fall, dass der Zeuge möglicherweise betrunken Auto gefahren ist.
ABER: Die StA muss beweisen, dass der Zeuge gefahren ist. Aus dem Umstand, dass er die Antwort verweigert hat, kann noch kein Beweis gezogen werden. Denn es gibt ja keine Aussage, dass er gefahren ist. Die Verweigerung kann dem Zeugen daher nicht angelastet oder vorgehalten werden (auch wenn alle natürlich wissen, dass er wohl gefahren sein muss).
Die Verweigerung kann aber Anlass sein zu ermitteln, ob es evtl. Zeugen gibt, die ihn haben fahren sehen.
Kurz: Die Verweigerung der Antwort ist kein Schuldeingeständnis. Aber sie kann Auslöser neuer Ermittlungen zur Erlangung weiterer Beweismittel sein (vgl. Münchener Kommentar zur StPO, Rnr. 85, 86 zu § 55 StPO über beck-online.de)
Ich danke Dir für die Mühe, die Du Dir mit Deiner Antwort gemachts hast. Ganz großes Kino.
Darf ich trotzdem noch anderer Meinung sein?
Bleiben wir mir bei meinem Beispiel. Kumpel und ich haben gleichzeitig ausländische Frauen aus dem gleichen Land geheiratet. Er wird wegen Einschleusung, Scheinheirat zu Erlangung der Staatsbürgerschaft inkl. Sozialbetrugs etc. angeklagt. Ich als sein Kumpel werde als Zeuge befragt. "Haben sie ihre Frau auch aus den gleichen Gründen wie ihr Kollege ins Land geholt und geheiratet?" Diese Frage muss ich nicht beantworten. Auch wenn ich sie aus lauter Liebe geheiratet habe. Und auch wenn ich mir nicht das geringste vorzuwerfen habe. Denn ich setzte mich jetzt der Gefahr aus, das gegen mich ermittelt wird. Und das muss ich nicht.
Dein Beispiel ist nicht so toll. Betrunken darf ich (begrenzt) Auto fahren. Aber der Alkoholisierungsgrad ist ja im Nachhinein nicht ermittelbar. Selbst wenn ich zugäbe erheblich betrunken gewesen zu sein, hätte das keinerlei rechtliche Folgen.
Darf ich trotzdem noch anderer Meinung sein?
Ich bitte sogar darum nicht immer mit mir einer Meinung zu sein 😉👍
"Haben sie ihre Frau auch aus den gleichen Gründen wie ihr Kollege ins Land geholt und geheiratet?" Diese Frage muss ich nicht beantworten. Auch wenn ich sie aus lauter Liebe geheiratet habe. Und auch wenn ich mir nicht das geringste vorzuwerfen habe.
In deinem Beispiel ist das korrekt. Allerdings ist es kein Anwendungsfall des § 55 StPO. Warum?
Weil du bereits vor der Antwort bereits ausreichend verdächtig bist iSd § 152 II StPO. Es besteht schon vorher ein Anfangsverdacht gegen dich, weil angeblich dieselben Umstände vorliegen wie bei deinem Freund. Du bist also bereits Beschuldigter und hast somit ein umfangreiches Schweigerecht in Bezug auf deine Tat (vgl. § 136 StPO).
OK. Vielleicht fehlt mir einfach die Fähigkeit das auszudrücken, was ich meine.
Wenn Du noch die Geduld.hast, anderes Beispiel. Und danke Dir schonmal. Vielleicht bin ich ja wirklich so vernagelt. Kann ja auch sein ;-)
Ich habe meine Ex-Freundin gestalkt. Kam halt mit der Trennung nicht so klar. So weit so schlecht. Gab eine Gefährdungsansprache der Polizei. Habe ich ernstgenommen und mich gebessert und meine Ex ab da in Ruhe gelassen.
Jetzt bin ich als Zeuge vor Gericht und soll aussagen wo ich am 21. Januar 2022 um 19:30 Uhr war. Wie der Zufall das so will, war ich an dem Tag tatsächlich in der Nähe meiner. Ex. War aber tatsächlich reiner Zufall. Sollte da einen TV für meinen Kumpel abholen. Hatte mit der EX wirklich nichts zu tun.
Wenn ich das dem Gericht so schildere, bin ich in direkter Gefahr, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Stalkings wieder aufnimmt. (Weil sie mir kein Wort glaubt.) Also halte ich besser meinen Mund. Nicht weil ich mich selber belasten würde (habe ja nichts getan), sondern weil ich nicht will, das erneut gegen mich ermittelt wird. Das ist für mich der Riesenunterschied.
Auch hier: Wenn du die Frage wahrheitsgemäß beantwortest, setzt du dich keinem Strafverfahren aus. Denn Nachstellung erfordert Vorsatz. Und offenbar warst du zwar rein objektiv in der Nähe deiner Freundin, aber subjektiv war dir dies offenbar nicht bewusst.
Was du mit dem "Weil man mir nicht glaubt" meinst, ist ein bekanntes Phänomen. Allerdings berechtigt die Sorge, dass man unglaubhaft sein könnte nicht dazu die Aussage zu verweigern. Dieses Problem trifft nämlich alle Zeugen und nicht nur denjenigen, der sich durch seine Aussage selbst belasten würde. Insbesondere in Bezug auf eine Falschaussage ist dieses Problem allgegenwärtig.
Aber ich merke schon: Wir drehen uns im Kreis. Ich weiß leider nicht, wie ich es dir so erklären kann, dass du mich besser verstehst. Vielleicht kann dies jemand anderes besser. Vielleicht kommen wir aber auch einfach nie zusammen in dieser Frage 😉
Du hast einfach wahrheitsgemäß auszusagen. Es ist als Zeuge deine Pflicht.
Natürlich kannst du die Aussage auch verweigern, könnte aber auch mit einem Ordnungsgeld belegt werden.
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Einfach mal ins Gesetz gucken. § 55 Strafprozessordnung erlaubt eine Aussageverweigerung, wenn dafür bestimnmte Gründe vorliegen.
Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
https://dejure.org/gesetze/StPO/55.html
Die Konsequenzen, wenn ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage verweigert, findest du in § 70 StPO:
Wird das Zeugnis oder die Eidesleistung ohne gesetzlichen Grund verweigert, so werden dem Zeugen die durch die Weigerung verursachten Kosten auferlegt.2Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.
Wenn du als Zeuge vor Gericht die Aussage verweigerst, ohne gesetzlich dazu berechtigt zu sein, werden dir die Kosten auferlegt, die aufgrund deiner Zeugnisverweigerung entstanden sind. Ausserdem ein Ordnungsgeld, moeglicherweise auch Ordnungs- oder Erzwingungshaft.
Wenn du mehr darueber wissen willst, lies hier weiter: https://oberlandesgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/z_ablage_alte_knotenpunkte/hinweise_fur_zeugen/rechte-und-pflichten-des-zeugen-vor-gericht-148276.html
Darf man als Zeuge vor Gericht vorderungen stellen?
Als Zeuge hast Du zu erscheinen. Erscheinst Du nicht, wird man Dich holen und zwangsweise vorführen.
Als Zeuge hast Du zudem die Wahrheit zu sagen, nichts zu verschweigen, nichts hinzuzufügen. Tust Du das nicht, wirst Du bestraft.
Als Zeuge hast Du zudem keine Forderungen zu stellen, die Aussage ist Deine Pflicht, für die gibt es nichts. Es wird als Selbstverständlichkeit angesehen.
Verweigerst Du Deine Zeugenaussage, wirst Du in Beugehaft genommen, was bedeutet, man sperrt Dich ein, bis Du weich wirst und aussagst.
was ich total asozial finde da ich ja den Staat so zu sagen geholfen habe
Asozial ist, dass Du für Deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit meinst, irgendwas als Belohnung haben zu wollen. Du stehst vor Gericht, das ist kein Basar, da werden keine Deals gemacht, da hst Du ohne jeden Zweifel und in vollem Unfang (gerne) Deiner Pflicht nachzukommen.
Und das Du helfen konntest, ist für Dich Belohnung genug, es macht Dich froh.
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Dumme Fragen auch?
Bei Alexander Hold und bei RTL vielleicht. Aber im Gesetz steht da doch etwas anderes.