Bahn Umsteigzeit zu niedrig/drüber aufgrund verspäteten Zug | Rechte?
Nehmen wir an ich fahre mit dem Supersparpreis und muss 4 Mal umsteigen.
Sagen wir mal in der Mitte des Weges im 2 Zug passiert was oder der Zug ist einfach 5-10min verspätet da.
Was wäre mein Recht in den 2 Szenarien:
a) Der verspätete Zug (+5min) kommt an und statt 6min umstiegszeit habe ich nun 1min Umstiegszeit. Wir wissen alle wie lange es dauert auszusteigen, sich zu orientieren und den richtigen Bahnstieg/Zug zu erwischen beim Umsteigen. 1min oder gar 2 sind nix. Was wäre mein Recht hierbei?
b) der verspätete Zug kommt später als die Abfahrtszeit des nächsten Zugs an. Sprich mein "Umstiegs-Zug" ist schom lange weg, bevor ich aussteige.
Ich hab ja physikalisch gar keine Möglichkeit umzusteigen + Selbstverschulden der Bahn wegen Verspätung. Recht?
Was passiert dann? Darf ich aufgrund der Verspätung/Nicht möglichen Umstiegs nun alle Züge/Umstiege danach nehmen?
4 Antworten
Falsch gedacht. Denke nicht zuerst an Deine Rechte, frage danach, was die Bahn bereits für Dich tut!
Generell werden bei Zugverbindungen realistische Umstiegszeiten mit eingerechnet. Du musst Dich also nicht auf Bahnsteig 1 dematerialisieren um auf Bahnsteig 11 mit Lichtgeschwindigkeit wieder zu materialisieren. Ein normales, zügiges Gehtempo muss reichen.
Kommt ein Zug verspätet an, kannst Du gerne versuchen, die Umstiegszeit zu unterbieten, vulgo: rennen! Aber verpflichtet bist Du dazu nicht.
Abhängig von der Verbindung, wartet auch mal ein Anschlusszug. Aber: Da die Züge immer mehr vertaktet fahren, wird immer seltener gewartet, da die nächste Verbindung ja im Takt folgt und ansonsten nur noch mehr Verspätungen entstehen würden. (Hauptursache für Verspätung: Zu spät vom Bahnsteig weg gekommen.)
Dann: Wenn Du den ersten Zug auf Deinem Ticket mit Zugbindung – und darum geht es ja bei den Sparpreisen – erreicht hast, bist Du sozusagen "im System". (Dabei ist nicht die Zugauskunft unten auf dem Blatt gemeint, sondern das Feld mit der Zugbindung oben in der Karte!)
Wenn Du einmal im System bist, übernimmt die Bahn quasi, dass Du bis zum Ziel kommst. Frage beim Zugbegleiter rechtzeitig, was mit Deinem Anschlusszug laut Sparpreis ist, damit er Dir ggf. schon im Zug das Aufheben der Bindung bestätigen kann. Häufig wird in verspäteten Zügen die Zugbindung für die nachlaufenden Züge aufgehoben. Alternativ wende Dich an den Servicepunkt im Umstiegsbahnhof. Die Bahn gibt Dir ggf. sogar andere Züge frei, die Du gar nicht bezahlt hast. So bin ich mal, statt am Rhein entlang zu gondeln via Ffm./Flughafen mit dem damals brandneuen ICE3 direkt nach Stuttgart gefahren – und war eine halbe Stunde "zu früh" zuhause.
Ergo, Kontakt mit Bahnpersonal aufnehmen! Zugbindung ist ggf. schon gestrichen oder es wird Dir eine (auch höherwertige) Alternativverbindung genannt.
Danke.
Die Fahrgastrechte im Eisenbahnverkehr sind in Deutschland und ganz Europa durch die europäische Fahrgastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 1371/2007) einheitlich geregelt. Darin Enthalten ist zum Beispiel das Recht, die Reise ab einer zu erwartenden Verspätung von über 60 Minuten die mit einer anderen Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen fortzusetzen:
Artikel 16
Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen
a) (...)
b) der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit; oder
c) der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.
Im Klartext heißt das: Wenn man einen Anschluss aus Bahnverschulden (d.h. Verspätung) verpasst, hat man das Recht, die Fahrt mit einem anderen Zug fortzusetzen. Bei der Deutschen Bahn ist dann die Zugbindung (,falls vorhanden) aufgehoben und die Fahrt darf mit dem nächsten Zug, der auch höherwertig sein darf, d.h. z.B. ICE statt IC, fortgesetzt werden. Bei Tickets des Regionalverkehrs ist dabei zunächst eine Nachzahlung im Zug erforderlich, wenn man Aufgrund von Verspätung einen Zug des Fernverkehrs nutzt, im Nachhinein wird diese Nachzahlung dann aber wieder erstattet. Achtung: Die Möglichkeit, bei Verspätung mit Tickets des Regionalverkehrs aufschlagsfrei den Fernverkehr zu nutzen besteht nicht bei erheblich ermäßigten Tickets wie z.B. Ländertickets. Festgehalten sind diese Regelungen in den Beförderungsbedingungen der Bahn:
A.9 Fahrgastrechte
9.1 Weiterbeförderung/Fahrpreiserstattung
9.1.1 Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass der Reisende mit einer Fahrkarte der Produktklassen ICE, IC/EC oder mit einer zuggebundenen Fahrkarte am Zielbahnhof gemäß Beförderungsvertrag mindestens 20 Minuten verspätet ankommen wird, hat er unverzüglich die Wahl zwischen (i) der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung bis zum Zielbahnhof bei nächster Gelegenheit oder (ii) der Fortsetzung der Fahrt oder der Weiterreise mit geänderter Streckenführung bis zum Zielbahnhof zu einem späteren Zeitpunkt. Er kann dabei auch den Zug einer höherwertigen Produktklasse benutzen. Die Benutzung eines reservierungspflichtigen Zuges oder eines Sonderzuges ist allerdings nicht gestattet.
9.1.2 Für den Reisenden mit einer Fahrkarte für die Produktklasse C gilt Nr. 9.1.1 mit Ausnahme von Satz 2. Der Reisende hat stattdessen bei Weiterreise im Zug einer höherwertigen Produktklasse zunächst den Fahrpreis für die benutzte Produktklasse zu zahlen. Die dafür erforderlichen Aufwendungen werden nach Nr. 9.3. erstattet. Dies gilt nicht für Inhaber von Fahrkarten zu einem erheblich ermäßigten Fahrpreis. Welche Fahrkarten das sind, ist in den Beförderungsbedingungenen der jeweiligen Angebote geregelt. Ansprüche von Inhabern dieser Fahrkarten nach Nr. 9.1.3 bleiben unberührt
Der Supersparpreis ist ein Fernverkehrsticket. Wenn du mit solch einem Ticket einen Anschluss verpasst, darfst du einfach den nächsten nehmen. Ohne irgendetwas nachzahlen zu müssen. Auch eine Bestätigung durch das Bahnpersonal ist nicht notwendig. Die Zugbegleiter in den Zügen haben Geräte, mit denen sie Verspätungen von Zubringerzügen nachprüfen können.
Kommt man zu spät am Zielbahnhof an, steht einem eine Entschädigung zu. Auch das ist in der Europäischen Fahrgastrechteverordnung geregelt. Ab 60 Minuten Verspätung gibts 25% des Fahrpreises zurück, ab 120 Minuten 50%:
Artikel 17
(1) Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, kann ein Fahrgast bei Verspätungen vom Eisenbahnunternehmen eine Fahrpreisentschädigung verlangen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 16 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt
a) 25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten;
b) 50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wann ein Anschluss als verpasst gilt. Natürlich wird das nicht einfach so ungefähr entschieden, sondern auch dafür gibt es klare Regeln. Es gibt für jeden Bahnhof eine sogenannte Mindestumsteigezeit. Die Mindestumsteigezeit ist die Zeit, die zwischen Ankunft und Abfahrt zweier Züge liegen muss, damit sie als offizielle Anschlusszüge gelten. Bei Bahnsteiggleichen Anschlüssen gibt es ggfs. Sonderregelungen. Wird die Mindestumsteigezeit unterschritten, wird ein Anschluss als nicht erreicht gewertet. Leider sind die Mindestumsteigezeiten für die einzelnen Bahnhöfe nicht öffentlich einsehbar. Eine gute Orientierung können aber die Kursbuchtabellen der Bahn bieten.
Die Rot umkreisten Zahlen sind die Mindestumsteigezteiten für die jeweiligen Bahnhöfe. In Solingen Hbf sind es beispielsweise 6 Minuten. Steht keine Zahl dahinter, kann man normalerweise davon ausgehen, dass die Mindestumsteigezeit 5 Minuten beträgt, leider aber auch nicht immer, denn manchmal steht keine Zahl dahinter, obwohl die Mindestumsteigezeit an dem Bahnhof nicht 5 Minuten beträgt.
In deinem Beispiel würde der Anschluss also sowohl im Fall a) also auch in Fall b) als verpasst gewertet werden und du hättest die oben beschriebenen Rechte. Eine Umsteigezeit von einer Minute würde die Mindestumsteigezeit in jedem Bahnhof unterschreiten, die mir niedrigste bekannte Mindestumsteigezeit an einem Bahnhof ist drei Minuten. Und bei einer negativen Umsteigezeit ist die Mindestumsteigezeit sowieso unterschritten.
Wenn ein Zug verspätet ist und du den Anschlusszug nicht erreichst, bekommst du an der Info eine Bescheinigung und darfst spätere Züge nehmen, die eigentlich mit der Zugbindung nicht möglich wären.
Ja aber das ist ja ein schneeballeffekt, wenn der eine nicht erreicht wird, sind alle anderen Zuege mit hoher wahrscheinlichkeit nicht mehr erreichbar
Am besten wäre es wenn du ins Reisezentrum oder an den Infopunkt gehst und freundlich fragst ob sie dir wegen der Verspätung die Zugbindung aufheben können.
Ich weiß. Aber wenn man wegen Verspätung Zug 2 verpasst weiß spätestens das Zugpersonal in Zug 3 nichts von der Verspätung und dann ist ggf. erst mal eine Diskussion angesagt. Da hilft so ein kleiner Stempel viel.
Sehr hilfreich (Ironie falls es nicht sichtbar ist)
Sehr hilfreich (Ironie falls es nicht sichtbar ist)
Mein Tipp war aber ernst gemeint! Die müssen dir nicht die Zugbindung aufheben. Die Reiseberater haben da einen gewissen Spielraum. Wenn man da rein kommt und gleich anfängt pampig zu werden stellen die ganz schnell auf Stur und dann lassen die dich sitzen und du diskutierst mit jeden Zugpersonal in den folgenden Zügen ob deine Fahrkarte gültig ist oder nicht.
Das kann man zwar machen, ist aber nicht notwendig. Die Zugbindung ist bei verpassen eines Anschlusses automatisch aufgehoben.