Wie schwer ist Gastronomie wirklich?
Hallo zusammen,
ich habe mal eine Frage. Ein guter Freund und ich möchten zusammen eine Studentenkneipe eröffnen, wir wissen aber nicht ob unsere Erfahrung dafür ausrechend ist…
Wir möchten in unsere Kleinstadt (FH-Standort) mit 30.000 Einwohnern eine Studentenkneipe eröffnen (Gibt es bis jetzt nicht, nur einfache Cafes und Bars). Es soll keine Speisen geben, die Getränke werden klassisch aus der Flasche (0,33l) ausgegeben und wir möchten auch nur in den Abendstunden öffnen (18-23 Uhr). Mit der Stadt ist unser Anliegen bereits besprochen und wir erhalten für die Location einen geringeren Mietpreis als normal.
Kurz zu uns: Mein Freund ist Einzelhandelskaufmann und ich Wirtschaftsfachwirt. Wir haben beide ca. 5 Jahre in der Gastronomie neben Schule und Ausbildung gekellnert. Dies ist allerdings schon 3 bzw. 6 Jahre her.
Wir möchten damit nicht steinreich werden und über die Doppelbelastung / Mehrbelastung sind wir uns im Klaren.
Es geht wirklich hier in der Frage nur darum, wie schwer der rein gastronomische Bereich ist und wie viel Erfahrung muss man für dieses Konzept mitbringen? Reichen unsere kfm.-Kenntnisse und unsere damalige Erfahrung vom Jobben oder kann man auch eine solche Studentenkneipe trotz allem mit einem Restaurant oder einem richtigen Cafe vergleichen? Kaufmännische Erfahrung ist umfänglich vorhanden, Kapital ist da und wir überlegen uns halt, wie viel Erfahrung man mitbringen muss und wie groß der richtige Gastronomiebereich in diesem Konzept ist?
Liebe Grüße
8 Antworten
Ich finde ein Konzept, was bei Studenten ankommen soll, schon grundlegend wichtig. Die Kenntnisse und auch eure Erfahrungen sind ausreichend, aber ein Existenzgründer-Seminar sehr empfehlenswert. Man muss wissen, wie der Hase steuerlich, versicherungstechnisch und umsatztechnisch läuft. Kalkulation scheint ja bekannt zu sein.
Aber grundlegend ist ein Konzept. Studenten sind auch nicht reich, ihr müsst sie schon gut überreden, dass sie bei euch ein 0,33-l-Bierchen für evtl. 2 oder 2,50 Euro kaufen. Dafür kann man bis zu sechs 0,5-l-Flaschen auf der Bude saufen. Ich war im Studentenclub, ich kenne das. Wir hatten zwar meist nur einen Termin die Woche, schon Highlight, aber auch wir mussten locken. Und alles waren Studenten im öff. Dst. (FHSV Meißen) mit Anwärterbezügen, die weit oberhalb des üblichen Studentenlebens liegen.
Es gab noch die "Hafenstraße" als "sozio-kulturelles Zentrum", da kam man bei Schwarzbier auch mal länger mit Dozenten und Profs ins Gespräch. Dort gab es aber auch Spiele, Imbissspeisen, Dartboard, Galerien, spezielle Events wie Skatabend, Federweiser mit Zwiebelkuchen etc. Nur mit Bierchen, denke ich, sind die Chancen dünn. Ihr müsst den Leuten einen Grund aufzeigen, der sie dazu bringt, das knappe Geld ausgerechnet euch zu geben. Und nach heutigen Maßstäben liegt man in der Gastronomie kalkulatorisch beim Faktor 5, also man muss das ca. 5-fache des Einkaufspreises verlangen, damit im Unternehmen alles gesund bleibt. Und einen minimalen Imbiss erachte ich auch als unverzichtbar. Gibt auch Sachen ohne Küche.
Vorher analysieren, bspw. durch Umfragen, ob Bedarf da ist. Und gleich - wenn ja - nach Vorstellungen und Wünschen fragen.
- glaube ich nicht an den Erfolg einer "Studenten-Tränke". Die Zielgruppe sucht einen "Kommunikationsort".
- beobachte ich als Unternehmensberater gerade die Gastronomie ziemlich genau. Daraus folgere ich, dass die Öffnungszeiten nicht reichen werden und das Angebot auch nicht.
- Die Anschubkosten sind zu hoch.
- Lange vorlesungsfreie Zeiten verursachen lange umsatzschwache Zeiten.
- lediglich 15% der Gastro-Gründungen überleben die Gründungsphase.
Die Vorschriften, die ungelernte Kräfte gerade im Bereich von Hygiene und Haftung nicht haben sind lernbar. Dazu gehören Vorschriften für die Warenhaltung bzw. deren Lagerung. Denen versucht Ihr zwar in weiten Bereichen durch den Verkauf von Getränken in Flaschen zu entgehen, aber da möchte ich auf Punkt 1 der Einleitung verweisen.
Dazu möchte ich noch auf die Sorgfaltspflicht verweisen. Es geht nicht nur darum, dass alkoholische Getränke nur ab einem bestimmten Alter verkauft werden dürfen. Wer hinter dem Tresen arbeitet kann auch bei alkoholbedingten Unfällen in die Mithaftung geraten.
Ganz wichtig, aber eigentlich nie genannt: Soziale Kompetenz.
Ich wollte Euch hier keine Gesamtabhandlung über die Notwendigkeiten einer gastronomischen Karriere anbieten. Es sind noch nicht einmal die Knackpunkte für das Gelingen oder das Nicht-Gelingen. Es geht eigentlich nur um Mindestanforderungen.
So bin ich mir bei Punkt 1 sicher, dass die Bedürfnisse der Zielgruppe nicht ausreichend klar sind. Später Veränderungen in kleineren oder größeren Schritten bringen nicht viel oder man würde einen vollkommen unnötigen zusätzlichen Werbeaufwand betreiben.
Kaufmännische Kenntnisse sollten durch Deine Fachwirt-Ausbildung ausreichend vorhanden sein. Dein Geschäftspartner sollte mit seiner Ausbildung genug Anknüpfungspunkte haben um sich das für Euer Lokal notwendige anzueignen.
Wobei ich eines nicht versäumen will: Die GbR scheint die Rechtsform Eurer Wahl zu sein. Schon häufig wurden hier von mir Probleme aufgezeigt, die sowohl rechtlich, aber auch zwischenmenschlich aus dieser Rechtsform resultieren. Mit Gullup und GbR sollte es da einige über den Tellerrand hinaus gültige Antworten von mir zu dem Thema geben.
Dabei geht es nicht nur um die unbeschränkte Haftung auch für die Verträge anderer GbR-GesellschafterInnen. Es geht dabei auch um die Haftung für die privaten ökonomischen Probleme.
Als Startpunkt taugt Eure Geschäftsidee. Allerdings würde ich sie weiter und damit enger zusammenfassen: Wir wollen eine Studentenkneipe eröffnen.
Solltet Ihr über diesen Punkt nicht wesentlich hinaus kommen, dann wäre die Beauftragung einer Unternehmensberatung besser. Der Auftrag würde dann sinnvoller Weise lauten: Moderation und Information der Gründerpersönlichkeiten zur Erstellung eines Businessplanes. Zu der Erstellung eines Businessplanes gehört dann auch die Markterkundung.
Das alles richtig angefasst und Ihr habt eine sehr gute Chance zu den 15% zu gehören. Auch wenn Ihr nicht vor habt reich zu werden. Trotzdem müssen bestimmte Rücklagen gebildet werden. Nicht nur für umsatzschwache Zeiten oder Urlaub. Sondern auch wenn das Lokal als Einkommensquelle nicht mehr taugt, denn dann werdet Ihr eine Alternative benötigen und wollt bestimmt nicht mit weniger da stehen, als Ihr zur Zeit auf der hohen Kante habt.
Viel Erfolg!
wir möchten auch nur in den Abendstunden öffnen (18-23 Uhr).
Die Öffnungszeiten sind in meinen Augen für eine Studentenkneipe ein No-Go. Für ein Restaurant mit Abendmenü wäre das in Orddung - da könnte man erst bei euch was essen und später (nach 23 Uhr) weiterziehen irgendwohin, wo man den Abend bei ein paar Bierchen ausklingen lassen kann ohne auf die Uhr zu schauen. Aber für eine reine Trink-Location? Erfahrungsgemäß verabredet man sich häufig für 20 Uhr abends, da es bei euch aber nichts zu essen geben wird, muss man vorher anderweitig ein Abendessen zu sich nehmen - und kann also erst um 21 Uhr oder so bei euch aufschlagen. Und dann soll man um 23 Uhr schon wieder gehen? Eine "Kneipe" müsste meiner Meinung nach mindestens bis 1 Uhr nachts aufhaben. Meine Lieblingskneipe macht zum Beispiel erst um 21 Uhr abends auf - hat dann aber auch die ganze Nacht geöffnet (wenn noch Gäste da sind, aber das ist eigentlich immer der Fall).
Und ganz ohne Chips, Salzstangen, Erdnüsse o.ä. werdet ihr auch nicht auskommen, fürchte ich.
Studentenkneipen lohnen sich nur da, wo auch eine Uni ist, was bei Euch ja durch die FH gegeben ist. Kaufmännisch scheint bei Euch auch alles gegeben zu sein. Tatsache ist jedoch, daß wir in der BRD ein großes Kneipensterben (Rauchverbot) haben, wo sich eine Eröffnung einer Studentenkneipe nicht lohnt, da bei Euch einige Cafes und Bars vorhanden sind. Rechnet im Vorfeld durch (Deckungsbeitragsrechnung) wie hoch Euer Mindestumsatz sein muss, damit Ihr vor Enttäuschungen verschont bleibt.
Also nur ein Getränkeausschank. Ist einmal nicht so schwierig.
Auch wenn Du schon gekellnert hast, merkst Du dir, was jeder Gast konsumiert hat? Wenn er das 2. oder 3. Mal kommt, was er gerne trinkt?
Die Gäste bezahlen gerne alles, was sie konsumieren. Aber oftmals wissen sie nicht mehr, wie viel sie konsumentiert haben. Wenn Du es auch nicht weißt? ...
Kleine Snacks würde ich trotzdem im Angebot haben. Die Betonung liegt auf klein und kalt. Auf Bestellung! NICHTS gratis, wie Nüsse oder Chips. Aber was brauch ich Dir das sagen.
Kleine belegte Brötchen. Aufstriche, Salami oder so. Diese herzurichten dauert keine Minute. Die gierigen, hungrigen Augen der Anderen verfolgen jeden Bissen. Und wollen auch. Mußt halt mit dem Preis im Rahmen bleiben und nicht übertreiben.
Übernehmt euch nicht! Klein anfangen! Wenn es läuft, wird es sicher immer besser. Und vergeßt nicht, euer angezieltes Niveau beizubehalten!
Viel Spaß. Ich drück euch die Daumen!