Wie gefährlich sind Steckdosen ohne Erdung?
Ich habe heute die Steckdosenabdeckungen in der neuen Mietwohnung ausgebaut, gereinigt und wieder eingebaut. Als dies fertig war hat mein Vater (ehem. Elektro-Ingenieur) die Steckdosen durchgemessen, ob alles richtig funktioniert und dabei zu seinem Entsetzen festgestellt, dass etwa 3/4 der Steckdosen nicht geerdet sind.
Daraufhin haben wir die Steckdosen gemeinsam ausgebaut und gesehen, dass die Erdung nicht nur nicht angeschlossen, sondern garnicht erst (in Form eines dritten Kabels) vorhanden war.
Da mein Vater schon einige Zeit in Rente ist und die berufliche Erfahrung noch länger zurück liegt (die letzten 30 Jahre war er im Büro), frage ich hier, wie gefährlich sind diese nicht geerdeten Steckdosen?
Zusätzl. Fragen:
- Was kann passieren?
- Was sollte ich vermeiden zu tun?
- Was muss gemacht werden, damit die Sicherheit gewährleistet wird?
- Muss der Vermieter nachbessern oder sitze ich auf den Kosten?
Danke für eure Antworten!
5 Antworten
Wenn Haus vor 1973 gebaut:
In Altinstallationen kann statt einem Schutzleiter und einem Neutralleiter einen kombinierten Nullleiter (beide Funktionen in einer "PEN"-Ader vereint). Die Kennzeichnung, dass es sich um einen solchen handelt, fehlt in 99,99% der Fälle.
Dieser Nulleiter muss dementsprechend zweimal an die Steckdose geklemmt werden (den Nullleiter aus der Wand auf PE der Steckdose, von dort mittels kurzem Aderstück auf N rüberbrücken).
Die sind vermutlich laienhaft ersetzt worden, weil derjenige, der diese ersetzt hat, das nicht wusste.
Vorsicht im Altbau mit Aderfarben! Die Nullung darf nur dann durchgeführt werden, wenn man sich sicher ist, dass diese zu sein hat und man sich sicher ist, welches der Nullleiter ist. Hier sind Fehler unverzeihlich! Ohnehin darfst du das nicht selber machen!
Wenn das Haus neuer ist, dann wurde tatsächlich gepfuscht und ein Betrieb von Schukosteckdosen ist an 2-adrigen Leitungen unmöglich.
- Was kann passieren?
Hat ein Gerät einen Isolationsfehler, dann bekommst du einen Stromschlag.
- Was sollte ich vermeiden zu tun?
Keine Schukostecker in die betroffenen Steckdosen einstecken (das sind die dicken runden). Den flachen Eurosteckern ist das egal. Ansonsten siehe Text.
- Was muss gemacht werden, damit die Sicherheit gewährleistet wird?
Siehe Text
- Muss der Vermieter nachbessern oder sitze ich auf den Kosten?
Der Vermieter ist dafür verantwortlich, dass die Installation in einem sicheren Zustand ist. Also muss er dafür sorgen, dass Nullungsbrücken in die Steckdosen kommen.
Die elektrische Anlage ist Eigentum des Vermieters, daher ist es auch seine Sache die Anlage in ordentlichem Zustand zu erhalten. Das sieht mir nach einer Modernisierung durch einen Ahnungslosen aus, bei Instandhaltungen oder Reparaturen, z.B. Austausch von Steckdosen, muss immer die Schutzmaßnahme wiederhergestellt werden die dort vorher auch vorhanden war. Das heißt bei einer sogenannten "klassischen Nullung" muss die Drahtbrücke zwischen dem N und dem PE an der Steckdose auch wieder angebracht werden. Die Installation dieser Schutzmaßnahme war bis 1973 zulässig bzw. bis 1974 bei bereits vorher begonnenen Baumaßnahmen. Sie gilt nicht als pauschal unsicher, muss deswegen auch nicht auf moderne Standards umgerüstet werden es sei denn es ändern sich die Umstände, zum Beispiel das man einen Raum in seiner Nutzung umwidmet (aus Küche wird ein Bad), dann besteht Nachrüstpflicht. Früher gab es auch noch die Schutzmaßnahme "isolierter Raum", dort durfte kein anderes Potential (Erdpotential) vorhanden sein und der Raum musste trocken sein. Sprich keine Wasserleitung und keine Zentralheizung mit Heizkörper. Prinzip ist wie ein Vogel der auf einer Stromleitung sitzt, der wird auch nicht gegrillt, eben weil es kein anderes Potential in der Nähe gibt und somit kein Strom fließen kann. Die Steckdosen dort hatten keinen Schutzkontakt, man nannte sie damals auch Schweineschnauze oder eingemauertes Schwein:
https://www.picclickimg.com/d/l400/pict/253507233353_/1-von-4-alte-Steckdose-Bauhaus.jpg
Die meisten dieser Steckdosen dürften mittlerweile verschwunden sein da diese Schutzmaßnahme spätestens mit dem Einbau einer Zentralheizung und einem Heizkörper in dem Raum nicht mehr funktioniert und deren Bestandsschutz damit dann erloschen ist.
Evtl. handelt es sich noch um ein altes Gebäude, bei dem eine klassische Nullung Anwendung gefunden hat. Du kannst ja mal nach "klassische Nullung" suchen.
Bei einer klassischen Nullung wird kein eigener PE-Leiter (Schutzleiter) angeschlossen, sondern die Erdung findet gemeinsam mit N-Leiter (Neutralleiter) statt. Man spricht von einem PEN-Leiter, der die Funktionen von PE- und N-Leiter gleichzeitig erfüllt.
Problem bei der klassischen Nullung ist, wenn der PEN-Leiter unterbrochen ist. Das kann dann nämlich dazuführen, dass die Spannung (üblicherweise etwa 230 V zur Erde) an dem Metallgehäuse eines angeschlossenen Gerätes anliegen kann.
Unter anderem aus diesem Grund ist die klassische Nullung seit etwas mehr als 40 Jahren für Neubauten verboten. Stattdessen setzt man auf eine moderne Nullung, bei dem es getrennte PE- und N-Leiter statt einem PEN-Leiter gibt.
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Du solltest darauf achten:
Die Anschlüsse nicht zu vertauschen. (Sonst könnte es sein, dass Spannung an einem eigentlich zu erdenden Metallgehäuse anliegen kann.)
Darauf achten, dass der PEN-Leiter, nicht unterbrochen ist.
Wegen Bestandsschutz ist es erlaubt weiterhin klassisch zu Nullen, wenn die Installation nach einer entsprechenden früher gültigen Norm durchgeführt wurde (und dieser Norm noch entspricht). Außer es werden "wesentliche Änderungen" vorgenommen, dann muss man das ändern.
Am besten lässt du mal einen Elektriker drüberschauen, der das genauer/besser einschätzen kann. Gebe dafür dem Vermieter Bescheid. Der Vermieter ist dafür zuständig den Elektriker zu rufen und muss in der Regel auch für die Kosten aufkommen.
Naja, solange die klassische Nullung ordentlich angeschlossen und unbeschädigt ist, sollte man die Geräte eigentlich gefahrlos nutzen können.
Gefährlich wird es dann, wenn der PEN-Leiter beschädigt/unterbrochen ist, oder beim Anschließen der Steckdose an das Hausnetz Kontakte vertauscht wurden. Das sollte jedoch in der Regel nicht der Fall sein.
Bevor man zur modernen Nullung übergangen ist, wurden ja auch jahrelang Installationen mit klassische Nullung durchgeführt.
Unter Umständen wird es evtl. auch gar nicht so einfach, die Installation zu moderner Nullung zu ändern. Denn dann bräuchte man ja drei Statt zwei Drähte. Und die muss man ja irgendwie in die Wand bekommen. Wenn man das also ändern möchte, wäre gegebenenfalls die Wand aufzustemmen, um die Kabel austauschen zu können. Deshalb ist klassische Nullung ja auch noch als Bestandschutz im Baurecht erlaubt. Nur bei wesentlichen Änderungen, bei denen man dann sowieso an die Leitungen muss, muss gegebenenfalls zu moderner Nullung übergegangen werden.
Aber auf meine Aussagen brauchst du dich auch nicht 100% verlassen. Ich bin kein ausgebildeter Elektriker. Mein Wissen beruht auf dem was ich aus der Schule kenne, mir etwas angelesen habe und auf einem 8-wöchigen Praktikum bei einem Elektriker.
Alle PC-Peripheriegeräte wie Drucker, Scanner u. dergl., auch alle Router sind serienmäßig schutzisoliert (Kunststoffgehäuse). Die Gefahr einer Berührungsspannung, die mittels Schutzleiter abzuleiten ist, besteht nur bei Geräten mit Metallgehäusen.
Passieren kann , dass kein Potentialausgleich zu anderen leitenden Teilen entsteht
vorhanden ist
Hallo,
wenn dein Vater so alt ist, sollte ihm aber noch geläufig sein, das es früher auch andere Schutzarten gab:
-Nullung
-FU-Schutzschalter
bevor ihr also jetzt Land und Leute verrückt macht, erst einmal nachschauen, was da wirklich installiert ist.
Da ist eine Antwort, mit der ich etwas anfangen kann, dankeschön!
Das Gebäude ist in der Tat sehr alt (Bj. 1862) und wurde angeblich 1990 umgebaut - ein Hinterhaus wurde angebaut und die Eingänge zu den Wohnungen wurden verändert - die Küche und das Bad wurden wohl irgendwann nach 1995 saniert und die Steckdosen sind in diesem Fall auch geerdet, der Rest nicht.
Mein Staubsauger hat z.B. keinen SchuKo-Stecker, den kann ich laut meinem Vater ohne Gefahr verwenden, da er selbst-isoliert ist.
Das Problem liegt eher an den restlichen Geräten (Wasserkocher, Stabmixer, seperate Herdplatte). Einige Geräte (PC, Drucker, TV, Router) sollen auch über Steckdosenleisten angeschlossen werden, die soweit ich das bisher herausfinden konnte alle mit SchuKo versehen sind. Kann ich die trotzdem weiter nutzen?
Einen Elektriker werde ich zu Rate ziehen (lassen) bevor ich weitere Bemühungen beim Einzug mache.