Umgehung des Pflichtanteils bei Erbschaft durch Schenkung z.G Dritter?

8 Antworten

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  1. Kinder haben eine zu ihrem Erbrecht hälftiges gesetzliches Pflichtteilsrecht am Reinnachlass des Erblassers mit Stichtag Sterbetag. Das ist duch kein Testament zu umgehen.
  2. Im gesetzl. Güteratnd der Zugewinngemeinschaft mit deiner Mutter verheiratet, betrüge dies, sofern du nicht adoptiert wurdest, für jedes seiner beiden Kinder 1/8 in Geld an dem, was an seinem Sterbetag abzügl. - auch hälftig gemeinsamer - Verbindlichkeiten und Bestattungskosten von seinem Vermögen übrig bliebe.
  3. Richtigerweise zählen Schenkungen an den Ehegatten voll zu seinem Vermögen wieder hinzu; solchen an Dritte unterliegen der Abschmelzung, d. h. ab dem zweiten Jahr verringert sich der Schenkungswert alljährlich um jeweils 1/10, bis er nach 10 Jahren Wert 0 hätte.
  4. Lebzeitige Schenkungen sind riskant. Wäre das Vermögen dadurch für eigene Pflegekosten aufgezehrt, können Schenkungen 10 Jahre rückgängig gemacht werden, die Angehörigen zu Pflegekostenübernahme verpflichtet oder das Erbe für Regressforderungen des Sozailhilfeträgers übertragen werden. Das wars dann mit der vermeindlichen Absicherung der Hinterbleibenen. Und wenn man sich auch von Ehefrau oder Stiefkind "trennt", wäre das verschenkte Geld futsch.
  5. Der einzig zielführende Weg wäre, den Mindestanspruch lebzeitig so gering wie möglich zu gewähren: Notarieller Erb- und Pflichtteilsverzicht der Kinder gegen Abstandszahlung, wie sie dem erwarteten Pflichtteil am Sterbetag entsprechen.
brainsen69 
Beitragsersteller
 03.04.2019, 11:11

Hallo imager761,
vielen Dank für deine umfangreiche Antwort.  Adoptiert bin ich nicht. Ich habe auch noch einen leiblichen Vater, zu dem ich guten Kontakt pflege. hier sind alle miteinander involvierten auch so fein miteinander. Von daher die Frage: Bezogen auf den Sachverhalt, was würde sich durch eine Adoption ändern?
Bei 4. verstehe ich das einzige - wenn auch gravierende - Risiko, dass die Schenkung im Pflegefall auch nach z.B. 9 Jahren gänzlich rückgängig gemacht werden kann? Dies ware ja aber kein Automatismus (Pflegefall -> Rückgängigmachung der Schenkung) sondern nur für den Fall, dass die Pflegekasse einspringen muss und so auf die familiären Ressourcen zurückgreifen möchte - was auch richtig ist. Davon abgesehen, stellt sich trotz aller Pferde, die vor Apotheken stehen von selbst, dass Ansprüche, die aufgrund von Pflegebedürftigkeit entstehen und nicht durch die Pflegekasse gedeckt ist - im Beispiel - von mir getragen werden.

imager761  03.04.2019, 11:28
@brainsen69

Mit Adoption wärst du neben den leiblichen Kinder automatisch erb- und pflichtteilsberechtigt.
Selbstverständlich bestehen Regress- und Rückabwicklungsansprüche nur dann, wenn der Sozialhilfeträger Pflegekosten aufzubringen hätte.

Meines Wissens wird eine Schenkung nicht mit einberechnet, wenn diese länger als X Jahre zurück liegt.

Das X sind, ich glaube, 2 Jahre. Aber ohne Gewähr

Giwalato  02.04.2019, 08:41

Der Zeitraum beträgt 10 Jahre.

berlina76  02.04.2019, 08:42

10. Aber nur anteilig 10% je Jahr und höchstens Pflichtteilsergänzend

Wenn ich die Antworten zusammenfasse...

Berliner Testament zugunsten der Mutter und letzter Erbe der FS. Zusätzlich während des Lebens einige Schenkungen. Die Schenkungen könnten zwar bei einem Todesfall innherlab von 10 Jahren dem Erbe wieder anteilmässig hinzugerechnte werden, aber erstens nur anteilmässig und zweitens nach 10 Jahren gar nicht mehr.

Wenn die leiblichen Kinder ein Pflichtteil verlangen, dann müssen sie es bekommen, durch die Schenkungen wird der Erbteil ja auch anteilmässig immer geringer.

Aber ein Fachanwalt ist da immer der richtige Ansprechpartner... hier kann man sich nur Ideen holen...

Eine ganz simple Idee wäre, dass der Stiefvater den grössten Teil verschenkt, um aber den Pflichtteilsergängzungsanspruch auszuklammnern, setzt er einfach ein Testament auf, wo die leiblichen Kinder jeweils als Erben genau zu ihrem Pflichtteil eingesetzt werden.

Schlagen sie dann das Testament aus, bekommen sie gar nichts, nehmen sie es aber an, so hätten sie nur den Teilanspruch auf die noch vorhandene Erbmasse, aber keinerlei Anspruch auf das Verschenkte.

Probleme könnte es bei diesem Modell allerdings geben, wenn eines der Kinder vorzeitig verstirbt, da dann ggf. der Pflichtteil wieder greifen könnte. Aber das könnte man bereits vorausahnend berücksichtigen.

Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass bereits die Schenkung steuerpflichtig wäre. Dasselbe gilt für vereinbarten Niessbrauch oder für ein lebenslanges Wohnrecht, was alles im Grundbuch einzutragen wäre.

brainsen69 
Beitragsersteller
 03.04.2019, 11:13

Ich verstehe noch nicht, wo bei Schenkung und Testament mit Erbe=Pflichtteil der Vorteil liegen soll?

Joshua18  03.04.2019, 15:10
@brainsen69

Beispiel:

Der Erblasser hat 100.000 €. Davon verschenkt er 99.000 € und es bleiben ihm noch 1.000 €.

Testament mit Enterbung seiner Kinder: Dann hätten die Kinder immer noch im Rahmen ihres Pflichtteils einen Pflichtteilergänzungsanspruch von 50 % der 99.000, also von 49.500 €.

Gesetzliche Erbfolge: Dann bekommen sie nur ihren Anteil von den verbliebenen 1000, hätten aber keinen Pflichtteilergänzungsaspruch

Testament in Höhe mit Erbanteilen in Höhe des Pflichtteil für die Kinder: Ebenfalls keinen Ergänzungsanspruch, solange der gesetzliche Pflichtteil nicht unterschritten wird.

Ob das aber alles so machbar wäre und ob da nicht noch andere §§ im Wege stehen, müsste ein Fachanwält abklären!

Bei einer Schenkung verteilt sich der Betrag auf 10 Jahre. Jedes Jahr werden 10% abgezogen. sollte der Vater also in 5 Jahren nach der Schenkung sterben, dann fließen 50% wieder in die Erbmasse. Lebt er nach den 10 Jahren noch, dann haben die anderen Kinder keinen Zugriff mehr auf diesen Teil des Erbes, da verschenkt.

Ihr solltet euch von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen, damit später im Testament nicht irgendwelche Formfehler auftauchen. Ganz enterben kann er seine Kinder nicht. Ein Pflichtteil steht ihnen immer zu. Es sei denn, sie haben versucht ihn zu ermorden - aber davon gehe ich mal nicht aus...

Aber je weniger er später zu vererben hat, desto weniger bekommen sie natürlich!

https://www.sueddeutsche.de/geld/erbschaften-wenn-kinder-nichts-kriegen-sollen-1.2738023

https://www.advocado.de/ratgeber/erbrecht/erbfolge/rechtssicher-enterben-ist-dies-einfach-so-moeglich.html