Kann der Arbeitgeber einer schwangeren Kollegin das Rauchen während der Arbeitszeit untersagen?
Ich habe vor 9 Monaten mein Kind verloren. Meine Tochter ist wegen einer sehr seltenen Fehlbildung am Gebirn zum Ende der 20. SSW auf die Welt gekommen und nach nur 1.5 Stunden in meinen Händen gestorben. Ich hatte einfach nur "Pech": Es war kein Gendefekt, ich habe nichts Schädigendes getan (noch nie geraucht, ich trinke nicht, treibe regelmäßig Sport und habe mich vernünftig ernährt). Jetzt habe ich im Büro nebenan eine Umschülerin sitzen, die mit 40 (sie hat schon zwei erwachsene Kinder) nun ungewollt schwanger geworden ist (ca. 9. SSW). Sie trinkt weiter Kaffee, ernährt sich unausgewogen und vor allem zuckerreich, obwohl sie Diabetikerin ist (!) und sie raucht weiter, auch nicht wenig. Ich weiß, das Leben ist nicht immer fair usw. Aber für mich ist meine eigene Situation schon schwierig genug, ich halte es nicht aus, tagtäglich auch noch mit solch unverantwortlichem Verhalten konfrontiert zu werden. Ich komme mir vor wie in einem schlechten Film. Nun meine Frage: Kann ich irgendetwas dagegen tun? Der Arbeitgeber muss doch mich auch schützen oder etwa nicht? Ich gehe seelisch kaputt daran, zuzusehen, wie jemand direkt vor meiner Nase sich fast schon Mühe gibt, seinem Baby zu schaden, während ich mein Kind verloren habe. Meine Kollegin finden ihr Verhalten auch nicht ok, aber alle zucken immer nur mit den Schultern, ist halt dumm gelaufen für mich, aber man könne nichts machen. Ich bin über jeden Tipp dankbar!!!
15 Antworten
Danke für eure Antworten. Mir ist durchaus klar, dass ich meine Kollegin nicht umerziehen kann und auch nicht will. Natürlich kann weder ich noch der AG sie zum Nichtrauchen bringen. Mir ist auch klar, dass es in der Welt zig Personen gibt, die sich so verhalten. Mein Problem ist aber, dass sich diese Sache direkt vor meinen Augen abspielt und ich keine Chance habe, dem aus dem Weg zu gehen. Natürlich ist das MEIN Problem, aber es muss doch in so einer Extremsituation möglich sein, auch mir ein wenig Schutz zu gewähren, schließlich möchte mein AG ja auch eine Arbeitsleistung von mir erhalten. Und die kann ich momentan leider nicht in vollem Umfang bringen. Urlaub habe ich genommen, ja, und Mutterschutz hatte ich auch. Ich lebe im Alltag mittlerweile den Umständen entsprechend gut damit, dort kann ich schließlich steuern, in welche Situation ich mich begebe und in welche nicht. Ich gehe auch mit Freunden und ihren Kindern "normal" um und ich muss nicht heulen, wenn ich Babys oder Schwangere sehe. Die Situation auf der Arbeit, 40 Stunden pro Woche, ist aus meiner Sicht aber eine Spur härter. Schade, dass mir soviel Unverständnis entgegen prallt. Ich hatte schon auf konstruktivere (wenn auch nicht gesetzliche) Lösungsideen gehofft, statt einem einfachen "find dich damit ab".
sorry, auch wenn das mit deinem Baby hart für dich ist: Das alles ist deine Privatsache und hat NULL mit deinem Arbeitsplatz zu tun! Du musst lernen, das zu trennen!
Tut mir leid, dass dich sowas getroffen hat :(
Ich fürchte aber, dass der AG kein Recht hat, das Rauchen einem einzelnen AN zu verbieten. Rauchen in der Schwangerschaft ist natürlich das Letzte, was eine Mutter machen sollte. Trotzdem kann keiner zu einem richtigen Verhalten gezwungen werden.
Du kannst deinen Chef fragen, ob er dir oder ihr einen anderen Arbeitsplatz zuweist. Im Prinzip muss er dich schon schützen und ich denke mal, dass er der Bitte nachkommt wenn du die Situation schilderst und wenn dein Unternehmen die Kapazitäten dazu hat. An deiner Stelle würde ich sogar freundlich darauf bestehen, dass das passiert. Ansonsten bleibt dir noch übrig mit der Person in's Gespräch zu gehen und eine Lösung zu finden aber es hört sich eher so an als ob das nicht wirklich etwas bewirken wird. Weiterhin viel Glück bei allem.
Dennoch MUSS der Chef handeln, wenn es um eine Störung der Kollegen durch das Rauchen geht, da kann er sich nicht winden...
Dann wäre ja der eine Punkt schon erledigt.. :-)
Das tut mir wirklich sehr leid mit Deinem Baby - das ist ein harter Schlag. Machst Du eine Therapie?
Es ist halt nur so, dass es Dich leider nichts angeht, wie schädigend sich die Kollegin dem Baby gegenüber verhält. Das ist ihre Privatsache.
Im Allgemeinen finde ich es absolut rücksichtslos, auch den Kollegen gegenüber, am Arbeitsplatz zu rauchen. Das gehört überhaupt verboten - bei uns in der Firma ist das so (da gibt es zwei oder drei Plätze, an denen man rauchen darf, sonst nicht). Du könntest höchstens zum Chef gehen und fragen, ob man das Rauchen am Arbeitsplatz nicht generell untersagen kann, da es die Nichtraucher stört und auch für Passivraucher gesundheitsschädlich ist. Das wäre Deine einzige Möglichkeit....
Danke auch dir für deine nette Antwort! Du hast natürlich Recht, dass es ihre Privatsache ist, aber in dem Begriff steckt "privat". Ich wünsche mir, dass sie z.B. nicht vor meinen Augen Insulin spritzt, dann einen Kaffee mit einem Kilo Zucker trinkt und anschließend jammert, dass ihre Werte wieder so schlecht sind und es ihr so mies geht. Ich werde wohl versuchen, das in einem Gespräch zu klären.
Klar, Du kannst ihr natürlich die Meinung sagen, falls sie wieder jammern sollte. Ich würde nur diplomatisch vorgehen. Das mit der Räucherei würde ich sowieso beim Chef vorbringen.
Du könntest höchstens zum Chef gehen und fragen, ob man das Rauchen am Arbeitsplatz nicht generell untersagen kann
Wenn sich ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin vom Rauchen am Arbeitsplatz belästigt fühlt, dann muss der Arbeitgeber das Rauchen verbieten!
Ja, Schlaumeier, dann muss er es eben - das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie das mit der Raucherei beim Chef ansprechen sollte.
Es ist schon ein Unterschied, ob sich ein Arbeitgeber aufgrund einer Bitte gnädigst zur Gewährung der Bitte herablassen" kann oder ob er ihr entsprechen "muss" nach der im Kommentar von howelljenkins zitierten Arbeitsstättenverordnung.
Aber selbstverständlich hast Du Recht, dass das Thema dafür erst einmal beim Arbeitgeber angesprochen werden muss.
Dein Schicksal tut mir zwar leid, aber das Leben Deiner Kollegin ist eben nicht das Deine und umgekehrt. Du wirst immer Menschen begegnen, denen nicht das wiederfahren ist wie Dir und das Leben ist nicht fair, wenn man überhaupt von Fairness sprechen kann.
Manchmal ist es einfach nur Schicksal.
Ich denke nicht, dass der AG etwas dagegen tun kann.
WEnn Du vom AG Schutz diesbezüglich forderst, dann dürftest Du nicht merh mit offenen Augen durch die Welt laufen, denn überall gibt es glückliche Mütter mit gesunden, lebendigen Kindern. Es gibt rauchende Mütter, dicke Mütter, unfaire Mütter, Mütter, die ihre Kinder misshandeln, Mütter, die gar kein Kind wollten usw. usf.
Vielleicht solltest Du Dir Urlaub nehmen, damit Du ein wenig Abstand bekommst und etwas verarbeiten kannst.
Alles Gute
Der AG kann selbverständlich das Rauchen am Arbeitsplatz verbieten - gilt natürlich dann für alle!
Danke für Deine Ergänzung, die eh jedem klar ist und um die es gar nicht geht:)
Dass es hier nicht nur um ein generelles Rauchverbot am Arbeitsplatz geht, ist wohl für jeden ersichtlich und war gar nicht Thema-.-
Soll der AG der Kollegin auch zuckerhaltige Nahrung verbieten? Daran stört sie sich ja auch.
so ist es. Bei uns ist es auch verboten, und obwohl ich selbst rauche finde ich es richtig. Hat aber eigentlich nicht so viel mit dem Thema zu tun. Bleibt dann ja immer noch der Kaffee, die ungesunde Ernährung usw. Es geht doch eigentlich darum, dass die TS die Fehlgeburt nicht verkraftet, was mir auch leid tut. Aber sie geht zu weit.
Natürlich geht's nicht nur ums Rauchen - dennoch wäre ein Punkt erledigt... Zumindest in der Firma. Selbverständlich geht es vorrangig um die Verarbeitung des Problems an sich, von Seiten der Fragantin... Ist mir schon klar... Daher ja auch meine Frage, ob sie eine Therapeuten hat.
Zuerst einmal: Es tut mir wirklich sehr, sehr leid, was du, liebe ninie1978, mit deinem Baby erlebt hast. Das eigene Kind in den eigenen Händen sterben zu sehen, ist furchtbar und schwer traumatisierend. Aber gerade wegen dieses schwer traumatisierenden Ereignisses ist es auch schlimm für dich, jetzt - so kurze Zeit später - täglich mitzuerleben, wie sorglos deine Arbeitskollegin mit ihrem ungeborenen Baby umgeht. Das geht dir nahe. Das reißt Wunden auf, die noch gar nicht verheilt sind. Und es macht dich krank. Das alles kann ich sehr gut verstehen.
Ich kann darüber hinaus auch nachvollziehen, dass du darüber nachdenkst, ob dich dein Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht nicht davor schützen muss, diesen für dich grausamen Anblick täglich zu ertragen.
Grundsätzlich hat dein Arbeitgeber dir gegenüber eine Fürsorgepflicht, die in § 618 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) konkretisiert wird.
Gemäß dieser Gesetzesregelung ist dein Arbeitgeber verpflichtet, vermeidbare Schäden für dich als Arbeitnehmerin abzuwehren. Es müssen also zwei Voraussetzungen vorliegen, damit § 618 BGB anwendbar ist:
Der tägliche Anblick dessen, was deine Arbeitskollegin mit ihrem ungeboren Baby macht, muss für dich einen "Schaden" darstellen.
Dieser Schaden muss "vermeidbar" sein.
Nur wenn beide Voraussetzungen vorliegen, greift die Gesetzesregelung in § 618 BGB.
Die erste Voraussetzung ("Schaden") liegt sicherlich vor, denn du leidest unter dem täglichen Anblick dessen, was deine Kollegin mit ihrem ungeborenen Baby macht.
Fraglich ist aber, ob auch die zweite Voraussetzung vorliegt: Ist der festgestellte Schaden - aus Sicht des Arbeitgebers - "vermeidbar"?
Meine Einschätzung ist: Für den Arbeitgeber ist der festgestellte Schaden nicht vermeidbar. Denn der Arbeitgeber kann deine Kollegin nicht im Rahmen des Arbeitsvertrages zwingen, sorgsamer mit dem ungeborenen Kind umzugehen.
Im Ergebnis scheitert dehalb die Anwendbarkeit des § 618 BGB vermutlich an der für den Arbeitgeber fehlenden Vermeidbarkeit des Schadens. Dementsprechend besteht nach meiner Einschätzung auch kein Anspruch aus § 618 BGB, der deinen Arbeitgeber verpflichten könnte, dich davor zu schützen, den Anblick deiner Arbeitskollegin zu ertragen.
Dies ist aber, wie gesagt, nur meine persönliche Auffassung, die eine juristische Fachberatung - beispielsweise bei einem Rechtsanwalt - nicht ersetzen kann.
Aufgrund der in § 618 BGB für Gesundheit und Leben der Arbeitnehmer konkretisierten Fürsorgepflicht hat der Arbeitgeber, vermeidbare Schäden für die Arbeitnehmer abzuwehren. Da nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen feststeht, dass Passivrauchen als krebserzeugend und damit als konkrete Gesundheitsgefahr zu werten ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der nichtrauchende Arbeitnehmer zumindest nicht mehr als kurzfristig oder höchstens geringfügig vorhandenem Tabakrauch am Arbeitsplatz ausgesetzt ist. Ob der Arbeitgeber dieser Verpflichtung mittels Verhängung eines Rauchverbots unter Einrichtung von Pausenräumen für Raucher oder anders z.B. durch räumliche Trennung nachkommt, also in welcher Weise er vor der Gesundheitsgefahr des Passivrauchens schützt, bleibt grundsätzlich dem Arbeitgeber überlassen. Die Art der Schutzmaßnahme ist grundsätzlich nicht vom Arbeitnehmer zu bestimmen und einzufordern.
PS:
Ups, der letzte Absatz meiner obigen Antwort gehört nicht zu meiner Antwort, sondern hat sich irrtümlich eingeschlichen. Es handelt sich bei diesem letzten Absatz meiner obigen Antwort um ein Zitat aus folgender Quelle:
http://www.channelpartner.de/a/welche-fuersorgepflichten-hat-der-chef,287248
Sorry für die Panne, die mir hier passiert ist.
Danke für deine Antwort und die guten Wünsche! Mein Chef hält sich immer aus allem raus, Mitarbeiterführung und -gespräche sind im Allgemeinen nicht sein Ding. Ich denke, ich werde mit der Kollegin sprechen. Sie kann privat natürlich tun und lassen, was sie will, aber ich werde sie bitten, während der Arbeitszeit Rücksicht zu nehmen und gewisse Dinge nicht unbedingt ständig vor meiner Nase zu treiben.