Existenzgründung Ambulanter Pflegedienst - Wie gehe ich richtig vor?

6 Antworten

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Aus meiner Kenntnis als Unternehmensberater und aus der Steuerberatungsbranchen kommender: Suche Dir einen Unternehmensberater.

Erstelle den Businessplan selber, der von Kollegen aufgestellt ist häufig in der Praxis das Papier nicht wert. Es fehlt zu oft die Kenntnis von Hintergründen, was warum wie wichtig ist und wie man etwas umsetzt.

Ein Beispielssatz den ich bei Gründungen sehr oft schreiben würde, Dir aber vermutlich nicht hilft wäre: Auf Fixkosten wird soweit möglich verzichtet. Durch den Ersatz erwarte ich einen geringeren Ertrag. Dieses Vorgehen ermöglicht folgende Chancen: Das Liquiditätsrisko gerade in der Gründungsphase wird minimiert und die Aufwendungen auf die praktischen Anforderungen der Patienten angepasst.

Jetzt mal abgesehen davon, dass ich zu diesem Satz stehe. Doch glaube ich nicht das Dir ein umfangreicher Businessplan (natürlich mit noch anderen solcher "Wortzusammenfassungen") hilft. Dabei ist es aber an jeder Stelle wichtig was man tut und es hat natürlich alles in einem Unternehmen eine Wechselwirkung zu anderen Themen.

So kann man bei der Entscheidung über die Rechtsform ob e.K., Einzelunternehmen ohne Kaufmannseigenschaft oder GmbH (UG in der nur finanziell kleineren Version) vielleicht auch im Bereich Marketing Überlegungen anstellen. Kommt da nur zu anderen Ergebnissen. Daher sollte man auch wissen, was für Dinge sich ergeben. Zwei der Rechtsformen zwingen Dich zu einer Buchführung und damit Bilanzierung. Doch ist das für Dich überhaupt machbar?

Passt die GmbH überhaupt zu Deinen finanziellen Möglichkeiten nach der Gründung? Kann sicher gestellt werden, dass das Gehalt tatsächlich auch gezahlt werden kann? Was passiert wenn dieses auch zeitweise nicht der Fall ist. Dabei rede ich nicht über Deine familiären Folgen.

Aus diesen und anderen Gründen habe ich meine Beratung vollkommen umgestellt. (Werdende) UnternehmerInnen werden möglichst umfassend informiert. Dann stehen die Überlegungen zur Gründung vorne. Fragestellung: "Was passt zu mir?"

Auch Werbung ist im Gesundheitsbereich nicht einfach. Daher ist es nicht nur wichtig, dass man das so macht wie "die Anderen". Sondern den eigenen Weg zwischen Gesetzen und kreativen Möglichkeiten zu finden. Dazu gehört dann natürlich auch eine Verknüpfung mit einem Budget. Welchen Betrag haben wir denn zur Verfügung? Welche Marketingstrategie können wir denn damit verfolgen und finanzieren?

Ähnlich wie hier ist immer auch die Frage nach der Dauer wichtig. Wann wirkt eine Werbung und wie sind die Erwartungen die man daran stellen kann? Steigt meine Bekanntheit oder sollen Anfragen für Tagespflege kommen?

Könnte da jetzt schon wieder zu allen möglichen Punkten die wichtig wären Dir Fragen stellen, die zu beantworten wären. Und möglichst gleich die Antworten wieder hinterfragen. Wird das so angenommen? Wo liegen die Nachteile? Wie wirkt sich das auf die Kostenstruktur aus? Ist das branchenübliche Vorgehen wirtschaftlich überhaupt das sinnvollste? Gibt es Potentiale die andere Arbeitsweisen erfordern könnten?

Investiere wirklich das Geld in die Beratung. Nach aller Erfahrung sind die Kosten dafür zwar schon eine Hausnummer, doch jeder Euro einer guten Beratung kommt vielfach zurück. Leider selbst dann, wenn man ein Unternehmen geplant hat und feststellt: Das kann man so unter den derzeitigen Möglichkeiten gar nicht durchführen.

Wobei das Ziel eines Businessplanes das ist, dass es funktioniert. Und besser als bei anderen. Je nach Branche scheitern unterschiedliche viele Gründungen innerhalb der Gründungsphase. Über alle Gründungen betrachtet: Es werden jedes Jahr ca. 240.000 Gewerbemeldungen abgegeben. In der gleichen Größenordnung werden aber auch Gewerbe abgemeldet. Wer es also geschafft hat, der schafft es für viele Jahre. Nach den offiziellen Zahlen habe ich mal eine vorsichtige Auswertung vorgenommen. Wenn überhaupt schaffen es 50% der Unternehmen drei Jahre am Markt zu bleiben. Die meisten Betriebe stehen noch in den Anschubverlusten. Es gibt einen kleinen Anteil von etwa 10% oder weniger die wirklich nach kurzer Zeit ausgeglichene Zahlen haben und erfolgreich am Markt werden. Die anderen verlieren in der Regel ihre Investitionen, Geld, Image, Zeit, Kreativität und und und.

Der Unterschied zwischen den 10% und den 50% liegt nicht nur an der Branche, sondern auch in der Professionalität der Gründung. Wobei niemand auf Fehler verzichtet. Die Frage ist nur: Wohin kommt man trotz der Fehler?

Die Reihenfolge ist:

Feststellen, was man alles braucht (mit Summen)

Dann einen Geschäftsplan mit Liquiditätsverlauf

Dadurch kennt man den Finanzbedarf.

Dann überlegen, wie man das am besten Finanzieruen kann.

  • sind Eigenmittel vorhanden?

  • Sind Fördermittel erreichbar?

  • sind Förderkredite verfügbar?

  • Gibt es Bankfreie Quellen (Crowdfinancing)

Dann abschätzen Risiken/Chancen.

Dann loslegen.

Am besten noch einen Gründercoach suchen, dessen Tätigkeit wird auch gefördert.

Griesuh  06.10.2014, 14:09

wfwbinder: Dann loslegen. leider nicht so einfach. Schaue auch mal meinen Link.

wfwbinder  08.10.2014, 17:53
@Griesuh

Na ja, das sind die technischen Voraussetzungen der Zulassung usw. Die hatte ich als gegeben voraus gesetzt.

hamlet89 
Beitragsersteller
 06.10.2014, 13:55

Danke für die Antwort.

  1. Feststellen was man alles braucht.
  • Sprich, Personalkosten (Mitarbeiter, Steuern, KV etc.), Investitionskosten (Büro, Gegenstände, Software, Fortbewegungsmittel), richtig?
  1. Geschäftsplan mit Liquiditätsverlauf
  • Bedeutung, wie viel Geld nehme ich monatlich ein und wie viel aus?!

Du siehst die Sache schon richtig, wenn Du sagst, es gibt an jeder Ecke einen ambulanten Pflegedienst. Das sollte für Dich aber der Hinweis sein, Dich mit vorhandenen Markt auseinander zu setzen. Wo soll mein ambulanter Pflegedienst seinen Standort haben? Welche Konkurrenz habe ich dort zu erwarten? Also auch betreutes Wohnen, Pflege- und Seniorenheime etc. Wo sitzen meine Kunden? Gibt es Stadtteile mit einem höheren Anteil an Pflegebedarf? Wie viel Personal benötige ich, um das Einzugsgebiet abzudecken? Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch eine vernünftige Kalkulation von Betriebsausgaben (Personal, Raummiete, Fahrzeuge etc.) in Relation zu erwartenden Einnahmen. Dazu solltest Du Dir schon einmal die Meinung eines Unternehmensberaters einholen.

hamlet89 
Beitragsersteller
 06.10.2014, 13:43

Na klar, einfach ist das alles nicht. Es gibt eine handvoll Pflegedienste in meinem Stadtteil, jedoch gibt es sehr viele in Hamburg. In den 90ern sind die wie Pilze aus der Erde geschossen und halten sich bis heute. Unternehmensberater sind teuer?! Hört sich teuer an!

wfwbinder  08.10.2014, 17:55
@hamlet89

Wie ich schon schrieb, einen Gründercoach (genauer einen Unternehmensberater mit KfW Akkreditierung) suchen.

Dessen Arbeit wird bezuschusst.

Nur eines ist teurer als ein Berater, kein Berater.

Wenn Du so eine Fachfrau im Hause hast, hat sie sicher einen "belastbaren" Busenesspaln aufgestellt und kann Dir alles dazu sagen. Sicher mußt Du dir die Bestätigung der Krankenkassen und anderer sozialen Leistungsträger einholen, damit Du die Kosten mit ihnen abrechnen kannst.

hamlet89 
Beitragsersteller
 06.10.2014, 13:42

Was meinst du mit "...so eine Fachfrau..?" Die ist doch momentan mit ihrem Studium beschäftigt, was viel Zeit in Anspruch nimmt. Natürlich habe ich diese Idee auch aufgegriffen, wozu soll ich sie damit jetzt belasten? Des Weiteren, hast du nur bestätigt, was ich gesagt habe... danke!

Hallo hamlet89,

du hast mit deiner Einschätzung bestimmt recht, dass der Markt für ambulante Pflege nach wie vor wächst. Jedoch ist auch die Konkurrenz groß. Umso wichtiger ist es, dass du eine Gründung in diesem Bereich strukturiert und durchdacht angehst. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dich einem bekannten Unternehmen aus diesem Bereich anzuschließen? Das bietet viele Vorteile beim "Kampf um den Kunden". Natürlich muss man für die Leistungen des Franchise- oder Lizenzgebers aber auch Gebühren zahlen. Hier muss man ganz individuell abwägen, ob die Gebühren für die Leistungen gerechtfertigt sind. Hier findest du ein paar Franchisesysteme, die sich auf den Bereich Pflege spezialisiert haben: http://www.franchiseportal.de/wcms/binary/Server.dll?MfcISAPICommand=Article&ID=728&Session=1-ai7bwP5t-0-IP&Search.Query=Pflege

Wie auch immer du dich entscheidest: Viel Erfolg!