Aktueller Gesetzesstand zum Anspruch auf Intelligenzrente der eh. DDR-Bürger?

3 Antworten

Hallo Arkesilaos,

Sie schreiben unter anderem:

Aktueller Gesetzesstand zum Anspruch auf Intelligenzrente der eh. DDR-Bürger?

Antwort:

Ich bin Jahrgang 1949 und muß mal wieder feststellen, daß der Mensch niemals auslernt!

Für so manchen westdeutschen Leser (welcher bis 1990 seine Pflichtbeiträge in die DRV abführen mußte) wird diese DDR - Intelligenz - Rente ein Buch mit sieben Siegeln sein und sicherlich wie auch bei mir persönlich ein gewisses Stirnrunzeln verursachen!

Für viele westdeutsche Sozialversicherte (Pflichtversicherte) sind derartige Renten - Geschenke sicherlich nicht nachvollziehbar und man muß sich ernsthaft fragen, warum derartige Spitzfindigkeiten aus dem westdeutschen Sozialversicherungstopf (der westdeutschen Beitragszahler - Solidartopf) finanziert werden!

Aus meiner Sicht als geborenem Westdeutschen Staatsbürger mutet diese Bezeichnung (Intelligenz - Rente) an wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten und allein der Begriff "Intelligenz - Rente" verursacht so eine Art Gänsehaut und Magenkribbeln!

Man fragt sich unwillkürlich, was fällt diesen intelligenten Herrschaften denn sonst noch alles so ein, um eine Kuh (Deutsche Rentenversicherung) zu melken, welche längst auf staatliche Zuschüße (von aktuell ca. 85 Milliarden Euro pro Jahr) angewiesen ist, damit die aktuellen Rentenzahlungen noch regelmäßig und pünktlich erfolgen können! 

Nun könnte man darüber streiten, ob die Leute in Ost intelligenter sind als in West, denn hier im Deutschen - Westen habe ich noch nie etwas über dieses "Gottesgeschenk" gelesen!

Meine Vorfahren, Gott habe Sie seelig, würden sich wohl im Grabe umdrehen, wenn Sie etwas von einer "Intelligenzrente" hören/lesen könnten.

Und  wer recherchiert wird feststellen, daß selbst die Deutsche Gerichtsbarkeit zu diesem Thema zumindest eine gemischte Haltung offenbart! Dies beweisen unzählige Gerichtsurteile!

Wie dem auch sei:

Es gibt eine höchstrichterliche Rechtssprechung, welche den Forderungen der Betroffenen Intelligenz....   Rechnung zollt und unter sehr engmaschigen Regelungen einen Leistungsanspruch zuläßt!

Ohne sehr kompetenten Rechtsbeistand dürfte aber die Ausbeute jetzt und im Nachhinein nur einem relativ geringen Personenkreis zufallen! "Gott sei es gedankt!"

Wer sich zu diesem Thema hingezogen fühlt, findet zahlreichen Lesestoff, wie z.B. unter folgenden Links:

http://www.otz.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/Bundessozialgericht-gibt-DDR-Ingenieuren-Recht-975778829

file:///C:/Users/Huber/Downloads/neu_Rente.pdf

Auszug ab Seite 8:

Wie beeinflussen Prämien und Sonderzahlungen die Rentenhöhe?

Experte: Peter Sack 

Besonders in den neuen Bundesländern sind viele Menschen der Meinung, dass auch Jahresendprämien, Treueprämien und andere Einmalzahlungen bei der Rentenberechnung eine Rolle spielen. 

Auf wen trifft das zu? 

Was für Nachweise sind erforderlich? 

Muss ein gesonderter Antrag gestellt werden, damit diese Zahlungen angerechnet werden?

Vorausschicken möchte ich, dass im bundesdeutschen Rentenrecht grundsätzlich nur die Bestandteile des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden, für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden.

Mit Einführung des einheitlichen bundesdeutschen Beitragssystems auch in der ehemaligen DDR bzw. den neuen Bundesländern ab 01.07.1990 gilt dieser Grundsatz bundesweit einheitlich. 

Demzufolge erhöhen seit 01.07.1990 die Einmalzahlungen, wie z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld die Rentenhöhe, für die Rentenversicherungsbeitrag gezahlt wurde. 

Im weiteren Artikel geht es um die Zahlungen vor dem 01.07.1990, für die in der ehemaligen DDR kein Sozialversicherungsbeitrag entrichtet wurde, weil dafür keine Versicherungspflicht bestand. 

Grundlage der Anrechnung von Sonderzahlungen und Prämien für ehemalige DDR-Bürger bis 30.06.1990 ist ein Urteil des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2007, Aktenzeichen B 4 RS 4/06 R vom 23.08.2007.

Mit diesem Urteil wurde für DDR-Bürger, die in ein Zusatzversorgungssystem der DDR einbezogen waren bzw. Anspruch auf Intelligenzrente hatten, eine 
Sonderregelung geschaffen. 

Damit ist klar, dass Jahresendprämien oder andere Prämien nur bei diesem relativ kleinen Personenkreis Berücksichtigung finden. 

Laut Bundessozialgericht soll bei diesem Personenkreis für die Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem das gesamte Einkommen aus dem Beschäftigungsverhältnis berücksichtigt werden. 

Egal, ob dafür Beiträge zu zahlen waren.

Auf den größten Teil der ehemaligen DDR-Bürger trifft dieses Urteil nicht zu.

Wer keinen Zusatz- oder Sonderversorgungsanspruch hat, bekommt auch keine Prämien angerechnet. 

Das Bundessozialgericht hat in dem oben genannten Urteil auch entschieden, das die Anrechnung nur dann möglich ist, wenn die Sonderzahlung nachgewiesen werden kann.

Was wird als Nachweis anerkannt?

Darüber wird seit der Verkündung des Urteils mit dem Zusatzversorgungsträger trefflich gestritten. 

Auch viele Sozialgerichte sind involviert. 

Einige von Ihnen gehen soweit, die Anrechnung von Prämien völlig zu verweigern, indem sie das Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts nicht anerkennen. 

In dem Fall sollte Berufung eingelegt werden.

Als Nachweise gelten Bescheinigungen der Betriebe, deren Rechtsnachfolger oder der Lohnarchive. 

Auch Quittungen, Urkunden, Barauszahlungstüten und Kontoauszüge werden anerkannt. 

In Einzelfällen sind selbst Prämieneintragungen im SED-Mitgliedsbuch vom Zusatzversorgungsträger berücksichtigt worden. 

Vor kurzem hat das sächsische Landessozialgericht in Chemnitz entschieden, dass die Prämien auch dann anzurechnen sind, wenn in einer Betriebsvereinbarung eine verbindliche Regelung über die Höhe der auszuzahlenden Prämie getroffen wurde.

Zeugenaussagen über Prämien werden meist nicht anerkannt, weil die meisten Zeugen nach über 20 Jahren nicht die genaue Höhe der Prämie in Mark und Pfennig bestätigen können. 

Für die Anrechnung der zusätzlichen Belohnung der Pädagogen und der Mediziner, die ab 1977 - bzw. letztere ab 1973 - jährlich gezahlt wurde, ist
keine Nachweisführung erforderlich. 

Diese wurden auf der Grundlage von Verordnungen rechtsverbindlich an die in der Volksbildung beschäftigten Pädagogen und an die Mediziner des staatlichen Gesundheitswesens der DDR gezahlt, so dass jedem Zusatzversorgungsberechtigten diese Zahlung angerechnet wird. 
Spezialreport – Rente

Rentenerhöhung ist oft erheblich

Die Rentenerhöhungen, die sich aus der Anrechnung von Prämien und anderen Zusatzzahlungen ergibt, sind in vielen Fällen erheblich, da solche Zahlungen oft über Jahre geleistet wurden. 

Es lohnt sich deshalb in den meisten Fällen, einen Antrag auf
Neufeststellung der Zusatzversorgungsanwartschaften oder der Rente zu stellen.

Der Antrag ist beim zuständigen Zusatzversorgungsträger oder dem Rententräger zu stellen. 

In den meisten Fällen ist die Deutsche Rentenversicherung Bund
Zusatzversorgungsträger Hirschberger Straße 4 10317 Berlin
zuständig. 

Ohne Antragstellung werden die Zusatzzahlungen meist nicht
berücksichtigt.

Achtung! 

Wer seinen Zusatzversorgungsanspruch nachträglich ohne Urkunde
erhalten hat, sollte allerdings vorsichtig sein und sich vor der Antragstellung bei
einem der Sozialverbände, der Gewerkschaft, einem unabhängigen Rentenberater oder einem Fachanwalt beraten lassen.

Denn in diesen Fällen nutzt der Zusatzversorgungsträger die Antragstellung und überprüft den gesamten Anspruch auf Zusatzversorgung.

Im ungünstigsten Fall wird nicht nur die Prämie nicht anerkannt, sondern der
gesamte Zusatzversorgungsanspruch wieder aberkannt. Deshalb kann eine
unabhängige Rechtsberatung vor Schaden schützen.

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Fazit:

Danke an "Arkesilaos" für diese interessante Episode und Einblick in das ehemalige DDR - Belohnungssystem, von so etwas können West - Deutsche "Leistungsträger" nicht einmal träumen!

Kein Wunder, das dieses "Schlaraffia" samt dem gesamten Kommunismus Pleite und den sogenannten Bach runter gegangen ist!

Welcher Staat könnte sich auf Dauer solche finanziellen Ausrutscher und Eskapaden ungestraft leisten!

Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit

Konrad

Arkesilaos 
Beitragsersteller
 08.01.2017, 20:53

Erst einmal vielen Dank für die Mühe, die Sie sich gemacht haben.

Ich bin Dipl.Ing. im Bauwesen und erhielt nach 5 Jahren Studium ein Anfangsgehalt von 760,-Mark brutto. Das hatte sich nach 20 Dienstjahren bei einer großen Verantwortung auf 1300,-brutto gesteigert. Ansparen konnte man bei einer Familie mit Kindern da nicht viel. Jetzt stehe ich, wenn ich allein lebte, am Mindesteinkommen! 1995 wurde ich entlassen und habe mich aus der Arbeitslosigkeit selbständig gemacht und bin es noch. Auf einen grünen Zweig bin ich dadurch nicht gekommen, habe aber an die 100 Vorhaben in der Bauplanung erledigt.

Den Begriff "Intelligenzrente" kannte ich bis zur Wende nur für Spezialisten, um sie bis 1961 zu einer Flucht in den Westen aufzuhalten. Nach der Wende hat die Rentenversicherung aber selbst die Möglichkeit eingeräumt, diese zu beantragen. Das ging damals wohl relativ einfach. Man sah aber bald ein, dass das offenbar ein Fehler war, da nun viele den Antrag stellten. Man ruderte zurück und so kam es, dass nach einem Stichtag die Ansprüche nur unter bestimmten Voraussetzungen bestätigt wurden. Das empfanden natürlich die Antragsteller nun als ungerecht. Hier wurde die Rechtslage verändert.

Mehr sage ich nicht dazu. Ich verweise noch darauf, dass die Ostzone bzw. DDR ihren enormen Reparationszahlungen an die Russen bis 1955 nachgekommen ist und hier unter ungleich schwierigeren Bedingungen eine Volkswirtschaft aufgebaut wurde als im Westen. Das "2. Gehalt" wurde vom Staat hier verwendet für Wohnungsbau und andere Vorhaben. Infolge niedriger Gehälter waren auch die Frauen gezwungen, mitzuarbeiten. Das wirkt sich natürlich auf das gemeinsame Renteneinkommen aus, was man Niemandem vorwerfen kann.

mfG

Konrad Huber  08.01.2017, 21:10
@Arkesilaos

Das wirkt sich natürlich auf das gemeinsame Renteneinkommen aus, was man Niemandem vorwerfen kann.

Antwort:

Natürlich kann man das niemandem persönlich vorwerfen, denn man ist ja Teil eines Systems, das man sich nicht selbst ausgesucht hat, man wurde ja reingeboren!

Und bitte interprätieren Sie meine Zeilen nicht abwertend, sondern diese Umstände waren ja politisch inszeniert!

Nochmals danke für diese interessanten Hinweise, es ist einfach unglaublich, was sich die Eliten alles einfallen lassen und die Leute in der unteren Rängen gucken in die Röhre!

Ich danke selbstverständlich dem lieben Gott, der mich im gelobten Schwabenland zur Welt kommen lies und wir haben bis 1989 Oktober niemals geglaubt, daß der eiserne Vorhang fällt!

Gorbatschow und seine Zeitgenossen haben den eisernen Vorhang zurückgezogen und den Menschen neue Chancen eröffnet!

Ich gönne jedem Menschen sein Auskommen und vor allen Dingen Frieden!

Unsere Lebenszeit ist endlich und zerrinnt wie der Sand in einer Sanduhr, ob mit Intelligenzrente oder ohne!

Wollen wir hoffen, daß die weltweiten, kriegerischen Auseinandersetzungen ein Ende finden und die Waffen in Pflugschare umgeschmiedet werden!

https://de.wikipedia.org/wiki/Schwerter_zu_Pflugscharen

Ob wir das noch Erleben!

In diesem Sinne beste Grüße, viel Erfolg und bestmögliche Gesundheit

Konrad

Ich bin sehr skeptisch, ob jemand, der pauschal die Ansprüche als "Geschenk" abtut, in der Lage ist, sachlich zu argumentieren.

Mit freundlichen Grüßen

B. Möller

Arkesilaos 
Beitragsersteller
 11.02.2019, 13:47

Danke Bernhard, das Thema lebt also noch, wenngleich wohl kaum Jemand in den letzten Jahren vor Gericht einen Erfolg erzielt haben mag. Wir Ossi-Ingenieure, die mit 1000,-Mark netto nach Hause gingen und Verantwortung trugen, wollten nicht die Kuh der Rentenversicherung melken. Intelligenzrente ist ein Begriff aus den fünfziger Jahren als die DDR ihre Experten behalten wollte mit Vergünstigungen. Auf die Idee wäre der kleine Ingenieur nicht gekommen, aber einige hatten das Glück nach 1990 die I-Rente zu erhalten, andere nicht.

Auch ohne den so genannten I-Schein kann man einen Anspruch auf
Anrechnung der Intelligenzrente haben. Voraussetzung ist, dass man die
von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien erfüllt. Das sind:
1.
Berufliche Qualifikation: Ingenieure, Ingenieurökonomen, Architekten
oder Techniker.
2. Betriebliche Qualifikation, d.h. Arbeit in einem »volkseigenen Produktionsbetrieb«.
3. Sachliche Voraussetzung: Tätigkeit entspricht der Qualifikation. Alle drei Voraussetzungen müssen am Stichtag der Währungsunion (30.6.1990) vorgelegen haben.

Arkesilaos 
Beitragsersteller
 07.01.2017, 12:29

Der 3.Punkt ist fragwürdig, da sich fast jeder Betrieb vor dem 30.6. 90 in eine GmbH umgewandelt hat, da dies preiswerter war als danach. Das wird auch vom Bundessozialgericht derzeit so gesehen.