Würde sich mit meiner Theorie der Aktienkurs manipulieren lassen?

11 Antworten

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Grundsätzlich könnte so etwas funktionieren, es ist aber 1. riskant und 2. verboten (und deswegen wieder riskant).

1. (a) Es ist gar nicht leicht einzuschätzen, wie die anderen Aktionäre auf die Quartalszahlen reagieren werden. Denen sind die vielleicht gut genug, und es kommt gar nicht groß zu Verkäufen, schon gar nicht zu Panikverkäufen.

1. (b) Im Sekundentakt verkaufen können auch andere, und es ist nicht sicher, dass Du da so schnell bist, dass Du wirklich die meisten Deiner Aktien noch zu einem guten Preis los wirst.

2. Gegen Insiderhandel gibt es Gesetze, und dass Dein Verhalten am Markt auffällt, ist jetzt auch nicht so unwahrscheinlich. Du musst also schon mit einigen rechtlichen Problemen rechnen, Knast nicht ganz ausgeschlossen.

Also ja, etwas in der Art geht und wird sicher auch gemacht, ist aber schon ein ziemlich riskantes Geschäft.

Man kann das Risiko aber vermutlich deutlich verkleinern, wenn man es wirklich gut einfädelt. Irgendwelche Strohmänner dazwischenschalten, wo es schwierig wird, die Verbindung zu einem Insider nachzuweisen. Eine eigene Wertpapierhandelsbank haben, die dabei hilft, dass Du Deine Aktien besonders schnell verkaufen kannst. Analysten mit möglichst gutem Ruf dafür bezahlen (oder sie sonst dazu bringen), dass sie vor Veröffentlichung der Quartalszahlen darauf hinweisen, dass die Aktie gerade wegen der guten zu erwartenden Zahlen einen höheren Kurs verdient hat.

Alle diese Aktionen kosten aber natürlich auch wieder Geld, was dann vom Gewinn abgeht. Aber ja, so etwas wird sicher immer wieder probiert, aber ein sicheres Geschäft ist es nicht. Die richtig großen Boys haben wohl meist bessere Gelegenheiten, aber für die nur einigermaßen großen könnte das einen Versuch wert sein, um bei Erfolg richtig groß zu werden.

gutefrauke 
Beitragsersteller
 29.07.2017, 22:23

Ich spreche hier aus der Sicht von Institutionen, nicht aus der Sicht des kleinen Anlegers.

Klar muss der Prozess vollautomatisert ablaufen, niemand drückt dort irgendwelche "Sell" und "Buy" Buttons. Zu dem gibt es in den USA Firmen, die ein Hunderschaft an Informatikern und Mathematikern, beschäftigen, die genau soetwas den ganzen Tag über modellieren und berechen.

Es ist daher Naiv anzunehem, das genau soetwas nicht praktiziert werden würde, wenn man denn zudem sieht welche Schwankungen an der Börse von jetzt auf gleich auftreten.

Hupfdohler  29.07.2017, 22:38
@gutefrauke

Auch ich spreche nicht aus der Sicht des kleinen Anlegers. Es gibt aber nicht nur in den USA, sondern auch in Europa und Asien viele hundert Institutionen, die dafür Informatiker, Mathematiker und andere gebildete Leute (nicht zuletzt Juristen, die unter anderem schauen, ob man die Konkurrenz wegen Insiderhandels drankiegen könnte) einsetzen. Kleinanleger, die direkt mit Aktien handeln, gibt es nicht so furchtbar viele, und wenn sie gescheit sind, interessieren sie sich für so kurzfristige Schwankungen nicht sehr. Als Kleinanleger zu versuchen, bei kurzfristigen Schwankungen etwas herauszuholen, ist aber in der Tat normalerweise nicht klug.

gutefrauke 
Beitragsersteller
 29.07.2017, 22:51
@Hupfdohler

Nehmen wir mal das Wort "Insiderwissen" raus und bezeichnen es mal als "Prognose". Institutionen haben sicherlich Möglichkeiten, vorab eine gewisse Schätzung, bzgl kommender Firmen-Quartalszahlen, zu berechnen. Dies ist ja nicht Illegal.

Wieso sollte das Illegal sein, wenn man als Institution Aktien kauft oder verkauft? Muss das bekanntgegeben werden?

Hupfdohler  29.07.2017, 23:27
@gutefrauke

Es ist natürlich nicht verboten, die eine oder andere Branche und die Unternehmen dort gut zu kennen und durch diese Kenntnis gute Geschäfte an der Börse zu machen. Wenn man da tatsächlich einen Wissensvorsprung hat, ist es aber wohl sicherer, sich einfach direkt an sein Wissen zu halten, statt zu versuchen, da durch Kursmanipulation und schnelle Verkäufe und Käufe noch mehr herauszuholen. Als kapitalkräftiger, meist dann institutioneller, Investor kann man sich aber oft auch an Unternehmen beteiligen, die noch gar nicht an der Börse sind. Oder man kann mit börsennotierten Unternehmen Geschäfte machen, die an der Börse gar nicht möglich sind. Warren Buffet (oder genauer gesagt, "seine" Institution, Berkshire Hathaway) hat in der Finanzkrise von 2008 z.B. recht gute Geschäfte gemacht, indem er dem einen oder anderen angeschlagenen, aber langfristig vielversprechenden Unternehmen dringend benötigtes Geld gegeben hat, auf das er dann halt, nachdem die Krise überstanden war, sehr gute Zinsen bekommen hat. Dafür muss man halt die eine oder andere Milliarde auf der hohen Kante haben. Der Versuch, da mit Kursmanipulationen was rauszuschlagen, wäre für ihn vermutlich viel riskanter gewesen.

Was an Kursmanipulationen am besten funktioniert ist vermutlich das Geschäft mit Knockout-Derivaten. Grob gesagt: Eine Großbank gibt Wertpapiere heraus, die einen guten Ertrag versprechen, solange der Kurs einer Aktie nicht unter einen bestimmten Wert sinkt. Sinkt er aber darunter, verliert der Anleger (oder besser: Zocker) seine ganze Investition (oder besser: seinen ganzen Einsatz). Wenn der Kurs dann mal an einem schlechten Tag in die Nähe der Grenze geht, kann man durch einen größeren Verkauf natürlich nachhelfen. Das ist dann aber eher Dummenfang. Dumme finden sich freilich immer wieder.

gutefrauke 
Beitragsersteller
 30.07.2017, 00:11
@Hupfdohler

Hat man dein Beispiel mit den Knock Out Derivaten vor paar Tagen evtl mit der Lufthansa Aktie gemacht? Diese ist ja über Monate konstant gestiegen und wurde kurz vor dem kleinen Hexen Sabbath (wo das Verfallsdatum von Derivaten abläuft) brutal nach unten gedrückt (trotz bekanntgabe guter Zahlen). Da waren sicherlich einige Großmächte involviert, oder?

http://www.bilder-upload.eu/show.php?file=45fe01-1501366266.jpg

Hupfdohler  30.07.2017, 00:37
@gutefrauke

Das oder etwas ähnliches (ich kenne sicher auch nicht alle Methoden des Dummenfangs) wird da sicher eine Rolle gespielt haben. Dazu kommt natürlich, dass die Aktie in den letzten Monaten so kräftig gestiegen ist, dass viele beim ersten Anzeichen, dass es nun wohl nicht mehr so toll weiter geht, lieber verkauft haben. Alte Börsenweisheit: "Von Gewinnmitnahmen ist noch keiner arm geworden". Und wenn die Herde dann mal rennt... immerhin ist der Kurs jetzt anscheinend fürs erste wieder stabil.

Lufthansa ist aber auch ein schönes Beispiel dafür, dass auch Institutionelle tüchtig ins Klo greifen können - da haben ja offenbar einige schon zu 10 und weniger tüchtig leer verkauft. Dass die dann irgendwann ihre Positionen wieder auf Null bringen mussten, hat sicher zu dem starken Anstieg beigetragen, aber das wird nun wohl fürs erste eher kein Thema mehr sein, zumindest die ganz großen Leerverkäufer haben sich inzwischen wohl mit blutiger Nase zurückgezogen.

Ivan69  06.07.2018, 22:19
@gutefrauke

eine interessante Frage aber es würde zu weit führen auf viele deiner Punkte einzugehen. Allerdings haben Knockout-Zertifikate nicht direkt ein Problem beim dreifachen Verfallstermin, da es eben keine direkten Optionen sind sondern eine Optionsstrategie, die die emittierende Bank aus verschiedenen Derivaten zusammenstellt. Grundsätzlich kann man sowieso nur davon abraten mit Knockoutzertifikaten an solchen Verfallsterminen unterwegs zu sein, da das Kursverhalten eines solchen Zertifikats an solchen Tagen für einen Käufer nicht berechenbar sind. Dazu bräuchte man die entsprechenden genutzten Optionen und Futures, was nicht einsehbar ist. Mit Großmächten hat das also nichts zu tun.

Es ist daher Naiv anzunehem, das genau soetwas nicht praktiziert werden würde, wenn man denn zudem sieht welche Schwankungen an der Börse von jetzt auf gleich auftreten.

Größere Schwankungen von jetzt auf gleich an der Börse sind nicht per sé großen Institutionen oder Manipulationen zuzuschreiben. Das ist ein oft verbreiteter Narrativ, der das Wissen um die Entstehung von Kursen vermissen lässt. Die Gründe könnten vielerlei Natur sein wie Clustering, Long- / Short-Squeezes, Optionsverfallstage, ein Zusammenfallen eines Optionsverfalltages und dem Rollen eines Futures, der eine starke Backwardation oder Contango aufweist. All das und mehr kann den Markt sehr schnell und stark bewegen. Aber es hat nichts mit großen Institutionen zu tun.

Aber vom Grundsatz hast du Recht, wenn du schreibst, dass man annehmen sollte, dass sowas praktiziert wird. Das ist auch so und sogar in weit größerem Stil, als dir bewusst ist. Selbst bei SPY oder dem ES-Future werden teils stundenlang 'nach oben' gekauft, um dann vor Börsenschluss die Positionen wieder abzubauen. Man spricht da auch von Darkpools, wo ein riesiges Volumen im Spiel ist und mit ein wenig Recherche findet man Firmen, die solche Darkpool-Aktivitäten tracken und entsprechend davon partizipieren.

In der Theorie ist es so möglich. Allerdings müssen Börsen und Banken auffällige Orders/Kunden der BaFin melden. Zusätzlich sind die Compliancerichtlinien für Insiderhandel sehr stark und schwer zu umgehen. Wenn jemand so etwas macht, garantiere ich, dass der erwischt wird. 

Erst kürzlich wurde in Großbritannien ein relativ junger Mann erwischt. Der hat das professionell gemacht und auch versucht, seine Spuren zu verschleiern. Irgendwann hat ihn das SEK abgeholt.

keiner hat soviel Geld. In großer Theorie möglich, aber nicht durchführbar.

RischijKot  30.07.2017, 00:37

Ach, wirklich?

Du machst Dir so viele falsche Vorstellungen von der Börse, dass der Platz hier nicht ausreichen würde, um das alles zu erklären. Einige haben es schon versucht, aber Du hast ja auf alles ein Gegenargument.

Mit Deiner "Logik" bräuchtest Du den ganzen Aufwand doch sowieso gar nicht zu treiben. Wenn Du Millionen Amazon-Aktien hast und treibst den Kurs mit weiteren "Käufen in hoher Anzahl" "zusammen mit anderen Institutionen" nach oben, so dass "andere Marktteilnehmer auf den Trend aufspringen" und der Kurs noch mehr "künstlich ansteigt", dann könntest Du doch gleich alle Deine Aktien mit hohem Gewinn zum Höchstkurs verkaufen.

Irgendein "Insiderwissen" und das ganze Theater ab 15.4. wäre doch gar nicht erforderlich.

Es funktioniert aber nicht so. Ob gleich oder später, wenn Du große Mengen von Aktien kaufst oder verkaufst, dann sorgst Du selbst dafür, dass die Kurse steigen oder fallen. @Traveller24 hat das schon ganz gut erklärt.

Man kann keine große Menge Aktien in kurzer Zeit zu einem günstigen Kurs kaufen oder verkaufen, weil man selbst durch seine Käufe/Verkäufe dafür sorgt, dass die Kurse steigen/fallen. Den "Wunschkurs" bekommt man allenfalls für den ersten kleineren Teil seiner Transaktion.