Lkw-Fahrer unter Druck, welche Schritte sind zu machen?
Hallo liebe Gemeinschaft,
ich bin neu hier und es geht um meinen Mann und seinen Job als Lkw-Fahrer. Mein Mann hat vor 17 Jahren eine Umschulung zum Lkw-Fahrer gemacht und arbeitet seit 2000 immer für den gleichen Chef im Fernverkehr. Zwischendurch hat das Unternehmen jedoch mehrfach umfirmiert. In den meisten Jahren war alles gut, die Firma wurde als kleines Familienunternehmen geführt, die Arbeitsbedingungen waren in Ordnung. Seit zwei bis drei Jahren hat sich die Stimmung im Unternehmen spürbar abgekühlt, der Druck auf die Fahrer ist immens gestiegen. Der ständige Stress aus dem Büro hat meinen Mann krank gemacht. Im Frühjahr 2016 war er mehrere Wochen mit Magengeschwür krank. Anschließend wieder monatelang Arbeit. Vor Weihnachten hat sich dann eine Erkältung festgesetzt, zwischen Weinachten und Neujahr gab es vom Arbeitgeber/Disponenten keine Möglichkeit, ihn nach der ersten Tour nach Hause zu holen. Schlichtweg wurde ihm gesagt, du kannst jetzt nicht krank machen, wir (die Firma) brauchen das Geld auf dem Auto. Als er am 30.12. abends nach Hause kam, ging es direkt mit Krankenwagen in die Klinik. Nach vier Tagen wurde er entlassen, Diagnose Lungenkrankheit COPD. Im Moment sind zwei Treppen zu viel. Reha wird beantragt und Lkw fahren ist zukünftig fast ausgeschlossen. Psychisch ist mein Mann fertig, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme usw. Und wir wissen jetzt nicht, wie es weiter geht... Mal die Fakten: Familienvater, 60 Jahre alt, Rente mit 63 + 10 eigentlich ab Februar 2019 geplant, eine Tochter auf der FOS Zuviel geraucht im Stress? Ja! Zuviel Dieselabgase? Ja! Mein Mann führt Buch über seine Lenk- und Schichtzeiten, Im Dezember hatte er 245 Schichtstunden bei 21 Arbeitstagen. Lenkzeiten werden gestreckt mit "Pause" drücken beim Be- und Entladen. All das, was man in schlimmsten Berichten schon gehört hat, ist hier Wirklichkeit geworden. Das gab es früher nicht. "Bestraft" wurde er kurz vor Weihnachten noch mit einer Hammertour, weil er es gewagt hatte, bei einem anderen Spediteur nach den Bedingungen bzw. dem Gehalt zu fragen. Das ist dann leider über drei Ecken rausgekommen. Die Gehaltsfrage hat er gestellt, weil sein Gehalt nach der tatsächlichen Schichtzeit wohl am Mindestlohn kratzt. Er wollte wissen, was bei anderen so verdient wird. Der Chef hat in den letzten Monaten neue Mitarbeiter aus Polen und Rumänien eingestellt. Diese bekommen den gleichen Lohn wie mein Mann nach 17 Jahren! Wenn er nach einer Gehaltserhöhung fragte, war nie Geld da. Mein Mann ist jetzt lange krank, uns fehlen durch Spesen und Krankengeld 700-800€. Für die Rente zu jung, für diese Arbeit zu krank. Selber kündigen nach 17 Jahren mit 60? Die nächsten Jahre untätig als krank zu Hause sitzen und Füße stillhalten? Anwalt einschalten wegen der Verstöße zur Lenk- und Schichtzeit? Schließlich ist er gefahren. Aber psychischer Druck ist wie ne Pistole auf der Brust. Was würdet ihr tun?
7 Antworten
1. In dieser Branche ist es so: eine Tür geht zu, drei neue gehen auf. Weshalb hat er sich denn keine andere Firma gesucht?
Arbeit - gerade im Fernverkehr - gibt`s wie Sand am Meer. Und nach einem Vierteljahr weiß man, wo man gelandet ist. Wenn es auch dort nicht passt: Und Tschüß!
Auch mit 60 wird man noch als Fahrer genommen. Der Arbeitsmarkt für Chauffeure ist absolut leergefegt.
Polen und Rumänen gibts bei uns auch. Aber die sind sofort wieder weg, wenn die auch irgendwo 50 Euro mehr im Monat bekommen. Auf solche Fahrer sollte sich kein Spediteur verlassen. Die Jungs sind nicht ansatzweise so doof wie offensichtlich viele deutsche Fahrer..
2. Hat Ihr Mann schon einen Antrag auf GbB (ugs. Behindertenausweis) gestellt? Wenn nein: warum nicht?
Schon ab 30 Prozent (nach Gleichstellungsantrag) hat man Kündigungsschutz.und auch eine ganz andere Betreuung sowie erweiterte Umschulungsmöglichkeiten durch das Arbeitsamt.
Beim ersten Problem (Knie, Schulter, Bandscheiben, Lunge, Gelenke usw.) sofort einen Antrag beim zuständigen Versorgungsamt stellen und nicht auf die lange Bank schieben!
Denn bis das durch ist, dauert´s eine ganze Weile. Ist kostenlos und man muss da auch zu keinem Arzt zwecks Begutachtung oder so.
3. Falls ich (sehr selten) einmal gegen Lenk- oder Schichtzeiten verstoße, dann mache ich grundsätzlich freiwillig und in Eigenverantwortung. Denn ich verbringe garantiert kein Wochenende auf einem Rastplatz, wenn mein Zuhause nur 50 oder 100 km entfernt ist.
4. Eine Firma, die mich Ihrerseits zu Gesetzesverstößen zwingen würde, hätte von meiner Seite her umgehend Zoll und Gewerbeaufsichtsamt auf dem Hals. Das Leben ist zu kurz für miese Jobs und solche Firmen gehört an den Karren gepixxt ...
5. Hilfe mittels Anwalt kann Ihr Mann probieren. Kostet dann aber auch. Auch falls man in der ersten Instanz des Arbeitsgerichts gewinnen sollte. Oder aber über eine Rechtsschutzversicherung springt ein.
Als Anwalt dann einen auf Transportrecht spezialisierten nehmen, keinen für Arbeitsrecht.
Unterm Strich ist festzustellen, dass Ihr Mann und auch Sie recht viel falsch gemacht haben. Fahrerspesen sollte man niemals für den Lebensunterhalt einplanen.
Den Grund erkennen Sie ja selber - schon eine längere Krankheit lässt Milchmädchenrechnungen platzen. Immer schön was davon für schlechtere Zeiten weglegen.
Und zwar nicht auf die Bank, sondern als Bargeld oder falls man clever ist, in Edelmetall (Gold, Silber) zu Hause.
Vielen Dank für die umfassende Antwort.
Einen neuen Arbeitgeber zu finden, hat er in 2016 versucht, schriftlich und mündlich. Grad die schriftlichen Bewerbungen wurden so gut wie nie beantwortet. Und auch sonst war nicht das passende dabei. Gibt tatsächlich Firmen, die zahlen noch schlechter als der jetzige Arbeitgeber. Muss aber zugeben, dass das nicht in letzter Konsequenz verfolgt wurde, weil die Zeit fehlte.
Antrag auf GdB haben wir hier vor uns liegen und wird in den nächsten Tagen abgegeben. 10% hat er schon wegen einem früheren Unfall, neben Lunge und den damit verbundenen Atemproblemen wird jetzt auch der Rücken mit angegeben. In den letzten zwanzig Jahren kamen 4-5 Bandscheibenvorfälle dazu.
Den Tipp mit dem Anwalt für Transportrecht werden wir aufgreifen, werde mich morgen genauer dazu informieren.
Vielen Dank nochmal!
Wendet Euch mal an den SovD, die helfen Euch bei den gesundheitlichen und sozialen Fragen. Arbeitstechnisch sollte die Gewerkschaft und die Berufsgenossenschaft helfen. Sollte es zu Lenkzeit Verstößen durch den Arbeitgeber gekommen sein ist BAG zuständig. Unterschreitung des Mindestlohnes Krankenkasse und Zoll.
COPD ist zwar nicht heilbar, aber man kann den Verlauf abschwächen. Zu einem Lungenfacharzt gehen und der kann es behandeln.
Vielen Dank! An SovD bzw. VDK hab ich auch schon gedacht.
Ich würde zumindest mit einem Anwalt darüber sprechen, ob er für euch eine Abfindung o.ä. herausholen kann.
Ansonsten gibt es bestimmt Jobs, die er von zuhause oder in einem Büro ausüben könnte. Mit COPD könntet ihr auch versuchen, einen Schwergeschädigten-Ausweis zu beantragen, mit dem man nochmal andere Jobmöglichkeiten hat.
Sprecht am besten mal mit einem Arzt darüber.
Ich wünsche euch alles Gute.
Bezüglich der Lenkzeitverstöße kann ich nur empfehlen sich ganz ruhig zu verhalten.
Gefahren ist Dein Mann. Euch würde die zu erwartende Geldbuße erheblich härter treffen als dem Unternehmen.
Die Ausrede man hat das ja nur aus Angst um den Job gemacht wird jeder Richter sofort als unglaubwürdig und lächerlich abtun. Jede weiß, dass man als Fahrer immer sofort einen neuen Job bekommt.
also copt hat er bekommen, weil er raucht/e zuviel raucht/e , da kann er sich in keinem fall rausreden-- das hat er sich selber eingebrockt-- das hört sich jetzt wenig einfühlsam an, aber -- das ist so.. ob der ständige stress einen ausbruch auch gefördert haben kann , kann ich nicht beurteilen ,weiß ich nicht, fragt den behandelnden arzt dazu auch wegen der dieselausdünstungen .
es nutzt ja nun mal nichts -- jezt mußt DU eben was dazu verdienen, auch um deinem mann die lasst zu nehme ,nicht mehr arbeiten zu können ,denn die krankheit ist hart und wird schlimmer und ist unheilbar . wenn du nichts weiter gelernt hast, wirst du aber putzen gehen können,wenigstens ein paar stunden .
ich kann immer nicht verstehen-- LKW fahrer ,die sich nichts zu schulden kommen lassen werden händeringend gesucht -- warum hat er so lange still gehalten und sich nicht woanders beworben ? aber -- der gedanke ist jetzt zu spät , jetzt müßt ihr mit den realitäten zurecht kommen.
ich würde auf jeden fall VERSUCHEN bei einem anwalt mir ein beratungsgespräch einzuholen -ob ihr dann klagen könnt und auch erfolg haben werdet ,wird sich dann herausstellen.
ich wünsche euch für die zukunft viel kraft .
Vielen Dank für alle Antworten. Ich selbst arbeite auch, deswegen werden wir finanziell nicht untergehen. Habe einen Teilzeitjob und einen Minijob, die ich beide gut miteinander vereinbaren kann. Geld passt da auch, so dass von dieser Seite alles ok ist. Aber der Ausfall meines Mannes macht sich trotzdem ganz schön bemerkbar.