3 Tage Probearbeit ohne Vorstellungsgespräch in IT-Bereich

1 Antwort

... hat mich zur paar Tage Probearbeit ohne Vorstellungsgespräch eingeladen

Vorstellungsgespräche sind kein MUSS, sondern ein KANN. Wie in deinem Fall (und in vielen tausenden anderen auch), spart man sich einfach die Zeit, sich die (vorbereiteten) Schönfärberei-Stottereien anzuhören und geht gleich zum praktischen Teil über.

1- ob es sinn macht(als Programmierer)

Dazu eine Anekdote, wie ich sie immer wieder erlebe: Wir bekommen alle naselang Bewerbungen von Leuten, die bei uns gern als Softwareentwickler/Programmierer anfangen wollen. Und ihre Bewerbungen strotzen nur so vor Abkürzungen. Würdest du sie sehen, würdest du vermutlich vor Scham im Boden versinken, denn die meisten behaupten, dass sie schlicht ALLES können. Ohne (Berufs-)Erfahrung, zwar. Aber alles.

In den Gesprächen stellt sich dann allerdings immer wieder heraus, dass es mehr "Wunsch-Wissen" ist. Manche haben sich zur einen oder anderen Programmiersprache zwar schon ein Buch gekauft, sind aber eben nur noch nicht dazu gekommen, es auch zu lesen. Bei anderen Sachen haben sie "auch schon mal was gemacht", das dann aber erstaunlicherweise immer "schon vor langer Zeit das letzte Mal". ;)

... Kurz: Du musst als "umworbenes Unternehmen" mittlerweile leider davon ausgehen, dass 90% der behaupteten Kenntnisse bestenfalls Wünsche darstellen.

Und deshalb sind auch wir dazu übergegangen, weniger zu quatschen und mehr zu machen. ;)

2- was halten sie davon(mein Arbeitsverhältnis kann wirklich in paar Tage bewerten?)

Verlass dich drauf: Das kann man! Und zwar sehr gut!

Dabei geht es nicht darum, dass du "fertige Software" ablieferst, sondern darum, dass du beweist, was du behauptest. Wenn du also "HTML, CSS und JavaScript" in deine Bewerbung schreibst, wirst du von uns eine Aufgabe bekommen, die ca. 1-2 Stunden dauert, und an deren Ende eine kleine Website steht, die mit HTML, CSS und JavaScript geschrieben werden soll. Ein einziger Blick in den Quellcode offenbart dann, wie viel Erfahrung du wirklich hast; auch, wenn in deiner Bewerbung "Seit vielen Jahren mache ich tolle Webseiten" steht.

Ähnlich ist es mit Hochsprachen und Spezialkenntnissen. Wenn, wie erst kürzlich geschehen, ein "Fachinformatiker Systemintegration" nicht einmal auf die Grafikkarte im Rechner zeigen kann, braucht er auch nicht mehr mit seinen Abschlusszeugnissen zu wedeln: Sein Zug ist (bei uns) abgefahren! Endgültig! (Etwas anderes wäre es, würde er uns von Anfang an die Wahrheit gesagt haben; denn auch "anlernen" ist durchaus im Bereich des Möglichen.)

Wenn du, als Programmierer, also "SQL, MySQL, PostgreSQL" in deine Bewerbung schreibst und bei Programmiersprachen "Java, C#, C++" stehen hast, wirst du eine Aufgabe bekommen, in der du eine (vorhandene) Datenbank in allen drei Sprachen anzubinden hast. Profis brauchen dazu keine 10 Minuten. Du bekommst jeweils 30 Minuten Zeit. ... Und am Ergebnis sehen wir, wie groß deine Lügen in der Bewerbung waren.

Dabei geht es nicht um "fertige Software", sondern um Lösungskompetenz. Wie fit bist du mit Google? Wie gut liest du englische Dokumentationen? Wie schnell schreibst du eine Sprache wirklich runter? ... Diese und ähnliche Fragen stehen dabei im Mittelpunkt.

Kurz: Es lässt sich binnen weniger Stunden feststellen, was du tatsächlich kannst, und was du dir vielleicht wünschst, es irgendwann mal zu können. Und dabei erwartet niemand Wunder von dir. Nur Ehrlichkeit. Denn am Ende des Tages kannst du nur leisten, was du leisten kannst. Und WIR wollen wissen, ob deine Leistung wirklich ausreicht, um die Stelle zu besetzen.

3- Vorteil und Nachteil wenn ich diese Angebot nehmen.

Vorteil: Viele Softwareentwickler sind keine guten Redner. Gib ihnen einen Computer, einen Kaffee, eine Pizza und einen dunklen Raum und sie sind zu wahren Wundern fähig.

Stelle sie auf ein Podest (oder setze sie in ein Vorstellungsgespräch) und zwinge sie, über ein beliebiges Thema zu reden, und du wirst entweder einen sprachlosen Stein oder "Baron Münchhausen auf Extasy" erleben.

Nachteil: Lügen haben kurze Beine. Innerhalb weniger Stunden kann man sich einen guten Überblick über deinen tatsächlichen Leistungsstand verschaffen, wenn man (also das Unternehmen) sich auf dich vorbereitet. Und genau das ist gelegentlich ein böser Fallstrick: So manches Unternehmen ist da sehr wenig flexibel. Man setzt dich vor eine - von deinem vermutlichen Leistungsstand ausgehend - unlösbare Aufgabe und wundert sich über das Ergebnis. Aber auch anders herum geschieht es immer wieder: Du bekommst eine Aufgabe, die für dich leicht ist, und man wundert sich dann, dass du irgendwie doch nicht ins Team passt...

Ich glaube, ich kann eine Unterkunft finden

Sollte das Unternehmen diese Unterkunft nicht bezahlen, würde ich davon Abstand nehmen. Probearbeiten heißt auch Kostenübernahme (Reise, Unterkunft und ggf. - aber nicht zwingend - Essen). Alles andere ist unseriös. (Kläre das, BEVOR du losfährst!)

KokoForest 
Beitragsersteller
 29.08.2012, 09:28

Ein sehr nützliche und klare Antwort. Ich danke dir viel mals Unsinkable2 :)