Verlustvortrag Werbungskosten verpufft?
Hallo, ich freute mich, dass ich Ausbildungskosten, die mir durch mein Studium entstanden sind solange vortragen kann, bis ich sie über die Lohnsteuer zurückbekommen kann, wenn ich festes Einkommen erziele. Aber das ist jedoch nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe.
Zu meiner Situation: Ich war bis dieses Jahr im April Student und habe fleißig meine Verluste jedes Jahr vorgetragen. Letztes Jahr 2015 habe ich ein Praktikum begonnen, für das ich in eine neue Stadt gezogen bin. Dadurch konnte ich eine Umzugskostenpauschale sowie jedes Jahr die Studiengebühren als Werbungskosten in meine Steuererklärung eintragen (ca 950 Euro). Diese Verluste wollte ich wie jedes Jahr weiter vortragen.
Ich habe in 2015 ca 4000 Euro durch Praktika verdient, indem ich jeden Monat ca 500 Euro monatlich verdient habe.
Nun wurden jedoch die 950 Euro in der Steuererklärung von den Einkünften abgezogen (Pauschbetrag von 1000 Euro) und sind verpufft, ohne dass ich sie weiter vortragen konnte.
Für die 4000 Euro (monatl. ca 500 Euro) hätte ich lange keine Lohnsteuern gezahlt, sodass ich das schon sehr fragwürdig finde. Warum sollte ich sonst meine Verluste vortragen, wenn ich am Ende eh keine Lohnsteuern zahlen muss und hierdurch bei wenig Einkommen, die Verluste verpuffen, weil sie irgendwie beim Einkommen abgezogen werden, was eh nicht versteuert wird?
Ist das alles richtig so und wenn nicht, was kann ich machen, um meine Verluste geltend zu machen bzw. noch weiter vorzutragen bis ich sie über die Lohnsteuer zurückbekomme?
Danke für jede Antwort!
1 Antwort
Alles was Du gemacht hast, war richtig, nur steuertaktisch völlig verkehrt.
Gem. § 10 d EStG werden die Verlustvorträge von der positiven Summe der Einkünfte abgezogen.
Wer dann ein Jahr mit 4.000,- Euro Einnahmen aus nichtselbständiger einstreut verliert diese Vorteile, was durch steuertaktik hätte vermieden werden können.
Ob ich nun 500,- brutto verdiene, oder 450,- als pauschla versteuertem Minijob ist praktisch kein Unterschied, aber der Minijob kommt nicht in die Steuererklärung.
Also 3.600,- Euro Minijob, hätten Dir alle Vorteile des Verlustvortrages erhalten und die 950,- wären noch dazu gekommen.
So ist es.
Und wie der Staat den mühsam angesammelten Verlustvortrag im Schornstein verpuffen lassen kann - auf zweifache Weise - das haben wir hier bereits vor einigen Jahren gründlich diskutiert. Also zu der Zeit, zu der der Fragesteller noch Student war.
Warum auf zweifache Weise?
- die vom Fragesteller beschriebene: Werbungskostenpauschbetrag frisst Verlustvortrag
- Auch ohne Werbungskostenpauschbetrag wäre keine Steuer angefallen, aber der VV wäre abgezogen worden.
Es gibt diesbezüglich viel Informationsmaterial und zum Teil wird auch in den Vorlesungen davon berichtet aber auch nur über die Vorteile, wenn das Studium abgeschlossen wurde und sofort ein gut bezahlter Job winkt. Diesen Sonderfall, wie in meiner Situation, wurde jedoch nicht mit erwähnt. Ich bin mir auch sicher, dass es weitere Haken irgendwo gibt. Als Laie, ist man im deutschen Steuerrecht erst schlauer, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
In meiner Situation sollte auch entschieden werden, dass es ein Wahlrecht darüber gibt, ob Verluste mit den Einkünften verrechnet werden, wenn die Einkünfte so niedrig sind, dass Sie den Verlustrücktrag einfach ohne Wirkung oder Steuervorteile aufzehren. Mich würde auch interessieren, ob schon jemand darüber geklagt hat!?
Natürlich hat es schon diverse Klagen zu der Thematik gegeben. Zuletzt hat der BFH mit Urteil vom 14.04.2016 (IX B 138/15) entschieden:
"Denn in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist geklärt, dass Verluste nach § 10d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG ) auch in solche Veranlagungszeiträume vorzutragen sind, in denen der Steuerpflichtige ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG hat (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2009 IX B 207/08, BFH/NV 2009, 920, m.w.N.)"
Du hat übrigens vom Verlustrücktrag geschrieben, meinst aber den -vortrag.
Danke für die Antwort, leider weiß man sowas als "Normalo" nicht. Mir war es wichtig, den Einstieg ins Berufsleben hinzubekommen und ein bezahltes Praktikum ist an dieser Stelle ja auch nicht verkehrt. Wie sieht es mit den Verlusten aus den vorangegangenen Jahren aus? Durch einen Übermittlungsfehler von einem Finanzamt in das andere, wurden keine Verluste aus den Vorjahren festgestellt. Würden die dann auch noch mit den Einkünften verrechnet werden, wenn aufgrund des Fehlens meines Verlustbescheides ein neuer Bescheid erstellt werden sollte? Eigentlich nicht oder?